Graffiti - ist das Kunst oder kann das weg?

  • Kann es sein, dass Du so argumentierst, weil Du von der Prämisse ausgehst, Kunst sei in jedem Fall legal. Und deshalb etwas, was nach Deiner Ansicht nicht legal sein darf - nämlich z.B. das Bemalen fremder Wände ohne Einverständnis des Eigentümers - auch keine Kunst sein kann?

    Nun, ich möchte ganz sicher nicht mit meinem persönlichen Geschmack argumentieren: Alles, was ich schön finde, ist Kunst. Alles, was ich häßlich finde, ist keine Kunst. Damit käme ich nicht weit, damit käme keiner weit. Daher versuche ich mich auf dem anderen Weg dem Thema zu nähern. Kunst nenne ich daher so lange legal bis ihr rechtliche Grenzen gesetzt werden. Im Falle von Sachbeschädigung, Verleumdung, Körperverletzung o.ä. wäre es dann keine Kunst mehr. Eine Rolle spielt sicherlich auch, daß ich die Gesetzeslage in diesem Fall für ziemlich gelungen halte. Siehe fiktives Gegenbeispiel: "Wenn eine geschmierte Botschaft der einzige Weg wäre, sich als Unterdrückter bemerkbar zu machen - okay, denkbarer Sonderfall. Eine so plumpe Zensur gibt es hier imho aber nicht."


    Zitat

    Aber Kunst ist eben nicht in jedem Fall legal. Die Kunstfreiheit ist nicht schrankenlos; Kunst darf nicht alles. Und letztendlich ist diese Sichtweise sogar im Dienste der Kunst. Sie erlaubt es erst, den Kunstbegriff sehr weit zu fassen. Und sehr enge Bedingungen aufzustellen, unter denen die Kunst verboten werden darf.

    Ja. Kunst hat viele Freiheiten, aber auch Grenzen. Da sind wir uns doch einig? Kunst ist ein menschliches Kulturgut, das vom Grundgesetz geschützt wird. Kunst ist dann nicht legal, wenn sie gegen andere Grundrechte verstößt. Ich finde allgemein, mit dem Lebensmotto "Erlaubt ist alles, was keinem anderen Schaden zufügt" kommt man ziemlich weit.


    Im Detail (ab wann wird jemandem Schaden zugefügt?) wird man dann immer diskutieren können, etwa beim Jugendschutzgesetz. Da zeigt die Vergangenheit, daß der Begriff Jugendgefährdung extrem interpretationsbedürftig ist. Was vor dreißigvierzichfuffzich Jahren als zu pornographisch oder vulgär angesehen und auf den Index gesetzt wurde, läßt einen heute oft nur müde lächeln. Aber Jugendschutz ist nicht das große Thema bei Graffiti, sondern die Auswahl der Projektionsfläche.

  • Doch hab ich. Hätte AirMax-Träger schreiben sollen. In meiner Jugend trug man Kapuzenpulli, Puma oder Adidas wie sie die Beastie Boys trugen und den größten Edding in der Hose, den man im Fachhandel einstecken konnte.

    Es geht nicht um die Klamotten sonder es wird tatsächlich in den ersten 3 Minuten des Films gebatikt.

  • das problem ist doch - um mal im fantasprech zu bleiben - dass die kartoffelfraktion nie was mit subkultur zu tun hatte, es nicht versteht und deswegen den "szeneinternen" dingen überhaupt nicht folgen kann. rbh ist - insbesondere weil sie eine fussballgruppe sind - vorne mit dabei. ich finde die tags wirklich nicht gelungen aber ich mag städte ranzig.
    ist doch das gleiche mit dem spruchband heute. die "das ist fremdes eigentum"-fraktion wird das spruchband heute nicht verstehen und es als plumpe beleidigung sehen. aber fremdes eigentum hat bei der bewertung von den rbh-bildern und aktivitäten überhaupt keinen wert.

    • Offizieller Beitrag

    die "das ist fremdes eigentum"-fraktion wird das spruchband heute nicht verstehen und es als plumpe beleidigung sehen


    Siehst Du - da irrst Du schon. Ich fand das Spruchband weder schlimm, noch besonders beleidigend. Aber das mit dem fremden Eigentum sehe ich bei den Graffiti schon ganz anders.


    Bei vielen ist das mit dem fremden Eigentum ja auch nur solange nicht schlimm, so lange nicht das eigene Eigentum ein solches ist. Will sagen: Wenn das eigene Auto, Fahrrad, Haus oder sonstwas mit irgendwas beschmiert wird (oder als künstlerische Projektionsfläche dienen soll, meinetwegen), dann ist das schon was anderes.


    Denke ich mir zumindest.

  • Zitat

    "das ist fremdes eigentum"-fraktion wird das spruchband heute nicht verstehen und es als plumpe beleidigung sehen.


    Soso.

  • ok, bin in meiner eigenen welt natürlich auch kleinkariert.


    mhhhh...weiss gar nicht wie ich das sinnvoll beschreiben soll: in meinem wertebild ist ein haus einfach weniger persönlicher besitz als ein fahrrad oder auto. und während ich das schreibe, gefällt mir der satz gar nicht richtig. ein haus gehört halt mehr zu einem öffentlichen raum und der gehört irgendwie allen. was ist der unterschied für einen hausbesitzer ob die wände bekritzelt sind oder nicht?


  • mhhhh...weiss gar nicht wie ich das sinnvoll beschreiben soll: in meinem wertebild ist ein haus einfach weniger persönlicher besitz als ein Fahrrad oder auto. und während ich das schreibe, gefällt mir der satz gar nicht richtig. ein haus gehört halt mehr zu einem öffentlichen raum und der gehört irgendwie allen. was ist der unterschied für einen hausbesitzer ob die wände bekritzelt sind oder nicht?


    Kann ich dir total folgen. Diese Eigentumsgeschichte kann man ja auch umdrehen - Eigentum verpflichtet. Verpflichtet zu einer Verantwortung für den öffentlichen Raum. Also gestalterisch jetzt.
    Aber genau aus diesem Grund verstehe ich nicht, warum die Taggerei kritiklos akzeptiert werden soll. Wer den öffentlichen Raum beeinflußt, muss sich auch einer kritischen Würdigung durch die Kartoffelöffentlichkeit stellen. Da kann man sich nicht neben sein Eddingwerk stellen, die Kunstfreiheit beschwören und gleichzeitig alle Kritiker als Herzkasperrentner und Kartoffeln herabwürdigen, die ja eh keinen Plan von Subkultur haben.

  • Die einen argumentieren juristisch, die anderen emotional. Da kommt nix bei rum. Großartige, legale Kunst erwächst aus dieser Szene. Allein deshalb schon wertvoll.

  • Ignorant, weil diesen "Künstlern" und deren Unterstützern das Eigentum anderer egal ist, und arrogant, weil Kritiker diese Kunst ja nicht verstehen könnten, da sie nicht in der Szene sind. Also muss man dafür sein, oder hat keine Ahnung. Klingt schon arrogant.

  • Weil es keinerlei Auseinandersetzung mit dem Ort gibt. Es wird getaggt, weil da Platz ist. Und nicht, weil Ort + Edding den Ort besser/schöner/interessanter/nachdenkenswerter machen. Und weil "Is Subkultur, Kartoffel, hau ab" eben nicht immer überzeugend ist.

  • Oh, und natürlich gehört


    Der Unterschied ist aber, dass einige scheinbar/anscheinend kurz vor dem Herzkasper stehen bei dem Thema. Das wiederum amüsiert mich enorm.


    auch zur Folklore. Die empörte Öffentlichkeit ist ein wichtiger Bestandteil der Subkultur, weil sie ja zuverlässig für das "Sub" sorgt.

  • Ich habe jetzt nicht das Gefühl, dass hier jemand kurz vor dem herzkasper steht.
    Aber ich finde auch, immer die gleichen Buchstaben in Comic-Schrift auf Wände zu malen, nicht sonderlich kreativ.

  • Frühstück, da du nun ja ein paar mal auf mich eingegangen bist... wie ich ja selber geschrieben habe, finde ich viele der Tags selber nicht "schön", allein ich kann mich nicht so darüber aufregen wie andere hier. Auf der anderen Seite sehe ich in dem Video auch etliche schöne (subjektive Meinung) bunte Graffiti in unterschiedlichen Farben und unterschiedlichen Schriftarten und Formen, was ja von einigen vehement geleugnet wird, dass die das überhaupt können. Und dass die nun immer wieder ihre drei Buchstaben schreiben... nun das scheint in dieser Szene, mit der ich mich nicht wirklich auskenne, wohl so Usus zu sein.

  • Kunst nenne ich daher so lange legal bis ihr rechtliche Grenzen gesetzt werden. Im Falle von Sachbeschädigung, Verleumdung, Körperverletzung o.ä. wäre es dann keine Kunst mehr.

    a. Kunst hat viele Freiheiten, aber auch Grenzen. Da sind wir uns doch einig? Kunst ist ein menschliches Kulturgut, das vom Grundgesetz geschützt wird. Kunst ist dann nicht legal, wenn sie gegen andere Grundrechte verstößt

    Ja, da sind wir uns völlig einig. Auch dabei, dass diese Grenzen bei einverständnislosen Graffiti auf fremdem Eigentum überschritten sind. Aber auch solche Graffiti können für mich Kunst sein. Zu Recht verbotene Kunst, aber dennoch Kunst.