"Ausgangspunkt war der Kostendruck"
Und was sind dessen Ursachen (gewesen)? Hier lohnt ein gesamtgesellschaftlicher Blick; die Komplexität zu reduzieren mit (schon falsch) nur "mehr Staat" führt ins Leere.
Man muss hinterfragen, wie der Staat agiert, ja. Mit (noch) mehr Markt(mechanismen), also Deregulierung, Privatisierung usw. zu reagieren, würde jedoch (in hohem Maße) den Bock zum Gärtner machen.
Weil kurz vor Weihnachten und damit Zeit der Besinnung ist (jenseits des Konsums), noch meine Ergänzung dazu:
„In dieser Hinsicht ist die liberale Erzählung für ihn ein Meisterstück: Immer wenn das soziale Elend noch größer wurde und der Staat mit Sozialgesetzgebungen gegensteuerte, setzten die liberalen Ökonomen auf einen „Mythos [!] von der antiliberalen Verschwörung“, der die staatlichen Interventionen als den eigentlichen Grund für die sozialen Missstände verkaufte. Da die Arbeiter das zeitliche Zusammentreffen von Intervention und Elend beobachteten und vom Staat mehr und mehr enttäuscht waren, wandten sie sich der liberalen Deutung und seiner Alternativerzählung zu. Nach dieser ist es die natürliche Eigenschaft des Menschen, nach Profit zu streben, die – sobald der Staat sich einmal zurückgezogen habe – in ein ebenso natürliches Gleichgewicht mit wachsendem Wohlstand für jeden Einzelnen münde.“ (Vincent Rzepka, 2014. Wiedergelesen: Die Geschichte vom Kampf der Giganten: Karl Polanyis „Great Transformation")
Die von The Menace (in ihrer Begründung teilweise nachvollziehbar) präferierte (Re)Kommodifizierung ist Teil dieser (neo)liberalen Erzählung. Sie ist nicht neu. Wenn von Kostendruck die Rede ist, dann ist jener ursächlich eingebettet in eine anhaltende (und unauflösbare) Krise unseres Gesellschafts- bzw. Wirtschaftssystems. Welche Krise? Die Wirtschaft brummt doch? Den Menschen geht es gut? Ich sage: Die Finanzkrise ab 2008 schien der vermeintliche (negative) Höhepunkt der Krisendynamik (und zugleich Kriseninhärenz des Systems) gewesen zu sein. Jene ist mit dem wirtschaftlichen Aufschwung (im Zuge des Abbaus von Überkapazitäten) danach jedoch beileibe nicht ausgestanden. Zumal jener Aufschwang bei ganzen vielen Menschen eben nicht angekommen ist (und auch nicht ankommen wird), siehe Niedriglohnsektor, siehe Wohnungsmarkt, siehe Gesundheitsversorgung, siehe die massiv gestiegenen Obdach- und Wohnungslosenzahlen, siehe die sozialen (Abstiegs)Ängste insbesondere auch in der Mitte der Gesellschaft usw. Soziale Ungleichheit, Entsolidarisierung, Demokratieentleerung, Autoritarisierung zeichnen die Gegenwart. Und was passiert in der nächsten Rezession, in der nächsten Finanz-/Banken-/Euro-/Öl-…Krise? Ein neuerlicher Kraftakt? Möglich? Welche gesellschaftlichen und individuellen Einschnitte werden damit einhergehen?
Will man den Symptomen, seien es jene im Gesundheitssystem, im Hinblick auf Umwelt oder globale Fluchtbewegungen uvm., entgegenwirken, will man der Ausbeutung von Mensch und Natur Einhalt gebieten, braucht es ein verändertes Bewusstsein, eine andere Art zu leben (bspw. ein anderes Verhalten der Investmentbanker/Finanzjongleure/Glücksspieler auf den Finanzmärkten, an deren Einstellung und Verhalten sich seit der Krise gar nichts geändert hat, die immer noch denselben vorherrschenden ökonomischen (Un)Logiken, der herrschenden Lehre folgen – mehr Deregulierung kann jedenfalls kein heilendes Mittel sein, ebenso wie eben im Gesundheitssystem). Das mag auf den ersten Blick unmöglich erscheinen, es mag wehtun (wenn man den Blick in den Spiegel wagt und die eigene Verantwortung sieht…mich eingeschlossen!), es würde gewiss mit Entbehrungen einhergehen (zumindest im globalen Norden), aber es ist meiner Ansicht nach die einzige Alternative zum „Weiter so“, zur „Alternativlosigkeit“, zum fortschreitenden Weg ins Chaos. Für einen gemeinsamen, verantwortungsbewussten, vernünftigen Weg (der jenen „freien“ Markt und Wettbewerb in einigen Bereichen nicht ausschließt, Individualität und sowas wie Gewinnstreben nicht verhindert, sondern versucht, den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit einzufangen, Empathie (und Liebe) auf diese Weise eben nicht zu untergraben). Auch „nur“ eine mögliche Wahrheit…