Ich fang mal an beim Thema Demo: Wenn ich das richtig verstanden habe, war eine Forderung der Initiatoren, also nicht irgendwelcher Mitläufer, die "Abdankung" der Regierung. Allein diese Wortwahl reichte für mich schon als Ausschlussgrund aus. Nun könnte man vielleicht sagen, das sei eben überspitzt dargestellt und von vorneherein ein erkennbar unrealistisches Ziel. Das ändert aber nichts daran, dass die Initiatoren der Regierung mit der Abdankforderung nach meinem Verständnis die demokratische Legitimation absprechen. Abdanken, das tun vielleicht Monarchen, aber keine Demokraten. Und da ich unterstelle, dass diese Wortwahl ganz bewusst geschehen ist - Stichwort: Corona-Diktatur - ist sie für mich gerade nicht mit einer bloßen Rücktrittsforderung o.Ä. vergleichbar.
Als Nächstes möchte ich eine Behauptung aufgreifen, die auch hier kürzlich gefallen ist; nämlich, dass die Maßnahmen darauf abzielten, "um jeden Preis" "jedes Leben" zu retten. Ich finde, hier wird schön die Komplexität deutlich:
Von der Problematik, dass auch die Maßnahmen möglicherweise ihrerseits Leben gefährden können (allerdings als Nebennutzen möglicherweise auch außerhalb der Coronaverhinderung Leben retten - neulich hab ich was von einem Rückgang der Unfallopfer gelesen) mal ganz abgesehen, ist in meinen Augen auch die Beurteilung obiger Aussage hinsichtlich des damit verbundenen Vorwurfs, der Staat habe beim Lebensschutz jedes Maß verloren, nicht ganz so einfach.
Das Problem ist, dass die Behauptung, der Staat versuche "um jeden Preis" "jedes Leben" zu retten zum einen schlicht falsch ist, zum anderen aber der Eindruck vermittelt wird, der Lebensschutz sei absolut vorrangig vor persönlichen Freiheitsrechten etc. und eine andere Sichtweise von vorneherein indiskutabel.
Wie schon der Blick in andere Länder zeigt, hätten die Maßnahmen durchaus noch schärfer sein können. Das heißt aber, dass eben nicht "um jeden Preis" vorgegangen wird, sondern der Staat es hinnimmt, dass möglicherweise Menschen an Corona sterben, die man mit einer noch stärkeren Freiheitseinschränkung vielleicht hätte retten können. Der Staat räumt also auch im Falle Corona dem Lebensschutz gerade keinen absoluten Vorrang vor der Freiheit ein. Was völlig mit seinen sonstigen Gepflogenheit übereinstimmt; so ist es ja, nur mal als Beispiel genannt, zweifelsohne erlaubt und auch (zumindest noch) gesellschaftlich weitestgehend akzeptiert, mit dem Auto in den Urlaub zu fahren - obwohl dieses rein egoistische Verhalten fraglos Gesundheit und Menschenleben Dritter gefährdet.
In meinen Augen ist zu wenig kommuniziert worden, dass der Staat sich in der Freiheitsbeschränkung seiner Einwohner um den Preis möglicher ansonsten vermeidbarer Coronatoter tatsächlich selbst beschränkt. Und der Vorwurf maßloser Einschränkungen eben gerade nicht stimmt. Auf der anderen Seite folgt daraus aber auch, dass es nicht von vorneherein jenseits jeglicher Diskutierbarkeit stehen kann, die Abschaffung von Maßnahmen zu fordern, wenn davon eine höhere Opferzahl zu erwarten ist. Selbstverständlich kann man die derzeitigen Regeln für vollauf gerechtfertigt halten und eine Milderung kategorisch ablehnen, wenn dann mehr Opfer zu befüchten wären. Und den Vertretern einer anderen Meinung darf ebenso selbstverständlich klar widersprochen werden - jedoch in dem Bewusstsein, dass auch diese andere Meinung jedenfalls nicht allein deshalb außerhalb des gesellschaftlich irgendwie noch akzeptablen Spektrums steht.