WM 2022 in Katar

  • Hm, ich hätte mir irgendwie lieber die Einschätzungen von Wagner und Kramer gewünscht. Stattdessen durften gestern senderbedingt Hitz the Hammer und Khedira erzählen, dass alles nicht so schlimm ist.

    Hitz hat doch klar Kritik geübt. Vor allem an dem Auftreten der Mannschaft. Als ob ihnen das egal wäre.

  • Leon: Hast recht, Hitzlsperger hatte am Anfang doch recht deutliche Kritik geäußert. Nach Khediras Lobeshymne auf Bierhoff kam da nicht mehr viel (Sendung), da habe ich die ersten Analysen wohl verdrängt. My bad.


    Trotzdem hätte ich gerne Wagner und Kramer gehört. Letzterer war sich ja sehr sicher, dass diese Mannschaft es weit schaffen wird in diesem Turnier. Da hatte er wohl das optisch gefällige Offensivspiel die anfällige Defensive überlagern lassen, als er zu diesem Urteil kam. Von Wagner hätte ich vermutet, dass er dann auch stärker auf die fehlenden Typen eingehen würde. Sei's drum. Wir werden es nie erfahren.

  • Bitte, bjk und Hirschi:


    Nun ist Deutschland ausgeschieden. Man kann sicherlich diverse Gründe dafür finden, aber in erster Linie ist Deutschland ausgeschieden, weil zwei andere Mannschaften besser waren: Japan hat Spanien besiegt (Deutschland nicht) und Spanien hat Costa Rica mit 7 Toren Differenz besiegt, Deutschland "nur" 2. Bei einem Ergebnissport wie Fußball ist das eben so. Konnte man vorher wissen.


    Eben dieses "voher wissen" war für mich schon etwas befremdlich: Denn vorher haben fast alle Leute, die ich so gehört und gesprochen habe, gemeint, dass Spanien gegen Japan gewinnen würde. Eine Selbstverständlichkeit, über die man gar nicht groß reden müßte. Daher ist es kein Problem, dass Deutschland vor dem letzten Spiel mit nur einem Punkt auf dem letzten Platz stehen würde. Das waren übrigens keine Fußball-Laien oder arrogante Schnösel, sondern Normalbürger. Meine Zweifel wurden weggewischt. Und ich wurde nur deshalb nicht als Bedenkenträger, Zweifler oder Pessimist behandelt, weil ich ein 5:0 für Deutschland getippt hatte. Insgesamt lagen wir also alle daneben.


    Wenn die Erwartungshaltung so eindeutig (übrigens ja auch bei den TV-Experten) ist, dann ist es eine logische Konsequenz, dass die Enttäuschung groß ist und teilweise Schockzustände zu beobachten waren.


    Flick hat vor dem Spiel gesagt, dass es respektlos wäre, von einem 7-Toredifferenz-Sieg zu sprechen. Was die Öffentlichkeit angeht, hat er recht. Was er intern gesagt hat, weiß ich nicht. Auf jeden Fall hätte ich meinen Spielern die Marschrichtung "Zweistellig" auf den Weg gegeben. Und ich hätte entsprechend aufgestellt. Aber selbst mit dieser tatsächlichen Aufstellung wäre ein 7:0 oder mehr möglich gewesen. Dazu wäre es aber auch nötige gewesen, aus den Ecken mehr zu machen.


    Hilfreich wäre auch, wenn man ein Stück ehrlicher und kritischer zu sich selbst ist. Das fängt mit der m.E. inflationären Benutzung des Wortes "Weltklasse" an. Neuer ist kein Weltklassetorhüter mehr, selbst wenn er in den drei Spielen drei Weltklasseparaden hatte. Musiala ist auch (noch?) kein Weltklassespieler. Der vor der WM hochgelobte Kimmich und seine Standards/Flanken sind hoch nicht Weltklasse. In dieser Mannschaft kann ich überhaupt nirgends Weltklasse erkennen, nicht erst seit dieser WM.


    Es besteht also ein Wahrnehmungsdefizit, vielleicht auch von den Medien forciert. Das nehme ich übrigens auch bei der Bewertung des Japan-Spiels wahr. Da wird immer gesagt: "Ja, wir haben doch 70 Minuten gut und dominant gespielt!" Ja, dominant waren sie, aber sie haben die Tore nicht gemacht. Genau darauf kommt es doch an. Weiß jeder Schuljunge. Sie haben die Tore nicht gemacht, weil zu viele Ungenauigkeiten, Konzentrationsschwächen und technische Fehler dabei waren. Dann kam noch ein wenig Pech dazu. Aber das gehört eben dazu. Aber es war ja nur Japan, die zählen ja eigentlich nicht und sind nur störend auf dem Weg in die Finalrunden....


    Dann kam Spanien. In meinen Augen mußte dieses Spiel unbedingt gewonnen werden. Koste es, was es wolle. Sie haben ja auch engagierter gespielt, gut gekämpft, aber am Ende doch nicht gewonnen. Aber man war zufrieden, selbstzufrieden. War doch toll, oder ? Wie da sogar Goretzka gegrätscht hat! Weltklasse!! Bei vielen fühlte sich das Remis wie ein Sieg an, ich hingegen habe dieses Spiel wie eine Niederlage empfunden. Insbesondere deshalb, weil ab da die DFB-Elf es nicht mehr in den eigenen Händen hatte, weiterzukommen. Der nicht gelungene Sieg gegen Spanien war für mich das KO. Eine gute Mannschaft (so wie Deutschland in besseren Taggen) hätte gegen Spanien irgendwie gewonnen. Dazu hätte es eben mehr Qualität gebraucht, als die Mannschaft tatsächlich hat. Nur eine ein paar nette Spielzüge, Dribblings, Grätschen und ein Hoffnungsträger Füllkrug reichen nicht.


    Deutschland ist deshalb verdient ausgeschieden. Die anderen waren halt insgesamt besser und da zählt bei einem (sportlichen) Wettbewerb.

  • Ich tue mich nur mit dem gestern und heute schon oft genannten "Schockzustand" schwer. Menschen, denen das Haus durch eine Rakete zerstört wurde oder die Verwandte im Krieg verlieren dürften wohl geschockt sein.

  • Ich tue mich nur mit dem gestern und heute schon oft genannten "Schockzustand" schwer. Menschen, denen das Haus durch eine Rakete zerstört wurde oder die Verwandte im Krieg verlieren dürften wohl geschockt sein.

    Ich finde es zunehmend belastend, dass die Toten im Krieg immer häufiger herangezogen werden, um andere unschön empfundene Dinge zu relativieren.

  • Deswegen schrub ich ja auch, dass ICH mich damit schwer tue. Du und andere dürfen nach dem Ausscheiden fühlen, wonach Euch ist.

  • Schockzustand? Nein. ich habe schon ein bisschen erwartet, dass Japan gegen Spanien nicht so läuft, wie es aus deutscher Sicht laufen sollte. Es ist der Ärger, der überwiegt. Das ist sicherlich auch der Unterschied zu meinem Fanverhalten bei 96. Bei einem Abstieg der Roten bricht eine Welt zusammen. Bei einem Ausscheiden der Nationalelf ärgere ich mich nur. Schimpfe ein-zwei Tage lang und dann ich mir eben die anderen Spiele an. Auf Marokko gegen Spanien freue ich mich. Ich hoffe, dass die USA und Japan weit kommen und England schnell ausscheidet. Argentinien als Weltmeister wäre mir am liebsten.

  • Die scheinen dem spanischen Braten nicht zu trauen und wirklich auf ein 8:0 aus zu sein.

    Dachte ich auch, als er den Ball fix aus dem Tor holte. So ca. ab der 25.Minute war der Glauben an die spanische Überlegenheit aber wieder hergestellt.

  • dass ICH mich damit schwer tue.

    Nicht falsch verstehen: es sei dir unbenommen.


    Aber du bist nicht der einzige. Das ganz geht auch schon seit Jahrzehnten, Bei mir fing alles damit an, dass meine Mutter mir in meiner Volksschulzeit Butterbrote geschmiert hat, die bei mir den Würgreiz auslösten. Dann kam: "Stell dich nicht so an und denk an die Kinder in Biafra, die nichts zu essen haben und verhungern". Ich fühlte mich dann richtig schlecht, hatte ein schlechtes Gewissen. Weil da ja die Kinder in Biafra verhungern und ich diese in Pergament eingewickelten Butterbrote nicht essen wollte. Der Würgreiz blieb. Ich entsorgte die Brote dann heimlich im Mülleimer und schwindelte vor, dass ich sie gegessen hatte. Dann war Ruhe, aber ich hatte ein noch schlechteres Gewissen. Ich fühlte mich so richtig mies. Und habe es bis heute, also 55 Jahre später, immer noch nicht vergessen.


    Es gibt immer größere, schlimmere, schrecklichere Sachen.