Russlands Angriff auf die Ukraine

  • Jagutichsachma, wenn man jetzt keine Leopard 2 an die Ukraine liefern möchte, sollte man konsequenterweise die Produktion von Kampfpanzern in Deutschland verbieten. Es gibt jetzt den absoluten Bilderbuch-Einsatzfall für einen der besten Kampfpanzer des Universums. Ein europäisches Land wird überfallen und muss sich verteidigen. Wenn man da jetzt zweifelt, ob diese Waffe eingesetzt werden darf, sollte man das mit der Panzerproduktion gleich lassen. Das ist doch lächerlich.

  • Bislang gab es aber weder eine Schar Länder, die Leoparden hergeben wollen, noch eine Exportgenehmigungsanfrage an Deutschland.


    Zumindest endlich mal eine alternative Erklärung.

    Aber darauf hättest du, der sich so mit dem Thema befasst, auch selber kommen können, anstatt hier wütend auf Scholz zu schimpfen. Wir wissen es doch alle nicht genau. Damit müssen wir uns anfreunden.

  • "Deutschlands Verbündete in der Nato haben mit offenem Unverständnis oder kaum verhohlener Wut auf die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz reagiert, vorerst keine Leopard-Panzer für die Ukraine zuzusagen."


    SZ, paywall


    Kampfpanzer Leopard 2: USA sind verärgert über Entscheidung von Scholz
    Die USA sind wütend über die Entscheidung von Kanzler Scholz, zunächst keine Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern.
    www.sueddeutsche.de


    Ein paar mehr Zitate aus dem Artikel auf Twitter

  • Eine Koalition lieferbereiter Staaten nicht zustandebringend, hat sich die mediale Öffentlichkeit unter der Führung Polens dazu entschlossen, Deutschland dafür die Schuld zu geben, obwohl diese Aussage so nicht richtig ist.

    Wenn man sich die jüngsten Aussagen von Frau Strack-Zimmermann anhört die gerne von anderen Befürwortern von Panzerlieferungen übernommen werden, fällt auf, dass sie großen Wert auf die "Schuldfrage" legen und gleichzeitige fast anklagend monieren, wie sehr Deutschland seinen Ruf ruiniert. Das scheint ein ganz wichtiges Argument für diese Leute zu sein. Gleichzeitig erklärt aber Frau Strack-Zimmermann, dass sie nicht auf Umfragen in Deutschland hört.


    Zitat von Frau Strack Zimmerman am 20.01.2023 im ZDF

    Ich persönlich gehöre aber nicht zu der Abteilung, die morgens immer Umfragen anschaut und dann Politik macht. Ich halte es mit Walter Scheel, dass wir nicht Stimmungen nachgeben, sondern kurz gesagt Politik machen und diese populär, diese erklären.

    Für mich ein Widerspruch: Der Regierung vorhalten, sie würde nicht die Sichtweise anderer (Länder) berücksichtigen, aber selbst Umfrageergebnisse der eigenen Bevölkerung ignorieren. Und sich dann auf Politik aus den 70er Jahren des vorherigen Jahrhunderts berufen.


    Frau Strack-Zimmermann klingt für mich wie "Was interessieren mich Umfragen, ich mache Politik". Und Scholz so "Was interessieren mich die Twitter-Statements aus Polen usw., ich mache das, was wir als deutsche Regierung für richtig halten". Der Unterschied zwischen den beiden ist nur, dass Scholz wirklich Politik macht, Verantwortung trägt und einen Amtseid geschworen hat, während Frau Strack-Zimmermann nur Interviews gibt und Talkshow Auftritte absolviert. Täglich.

  • während Frau Strack-Zimmermann nur Interviews gibt und Talkshow Auftritte absolviert. Täglich.

    Und es könnte sein, dass sie extrem angefasst ist, weil sie nicht Verteidigungsministerin geworden ist und deshalb so auftritt aktuell.

  • Sie ist ebenfalls im Präsidium zweier der wichtigsten Lobbyverbänden der Rüstungsindustrie. Ehrenamtlich, das soll nicht verschwiegen werden… generell beweist das noch keine Einflussnahme für die Rüstungsindustrie aber solche Verflechtungen finde ich persönlich trotzdem immer schwierig bei so exponiertem Engagement.


    Edit: christitus war schneller

  • Und die Rheinmetall Zentrale liegt in Düsseldorf. Bevor sie in der vergangenen Legislatur in den Verteidigungsausschuss gekommen ist, hatte sie mit Bundeswehr nichts zu tun.

  • Herr Kühnert hat heute "treffend" zusammengefasst, aus welchem "Mood" heraus die SPD ihre Entscheidungen trifft (Fettmarkierung von mir):


    "SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigt Bundeskanzler Olaf Scholz in der Auseinandersetzung um Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine. "Maßlose Kritik und persönliche Anfeindungen drohen den politischen Diskurs über unsere Ukraine-Hilfen immer weiter von den Tatsachen abgleiten zu lassen. Das ist bedauerlich", sagt Kühnert der "Rheinischen Post". "Deutschland ist ein solidarischer und berechenbarer Partner der demokratischen und freien Ukraine, ohne aus dem Blick zu verlieren, dass Millionen Deutsche ernste Sorgen vor einer deutschen Verwicklung in den Krieg umtreiben", sagt Kühnert. "Unsere Unterstützung wird dann am größten sein können, wenn wir die Balance zwischen beiden Perspektiven wahren und persönliche Animositäten hintanstellen."

    Quelle:


    Ich kann diese Sorgen nachvollziehen, denn es gibt auch fernab eines Einsatzes von Nuklearwaffen noch weitere denkbare Eskalationsszenarien, die zu einer Involvierung (oder zumindest unmittelbaren Herausforderung) der NATO führen könnten.


    Auf der anderen Seite muss man sich die Frage gefallen lassen, ob so eine "Balance" auf Sicht reichen wird, um die Ukraine militärisch ausreichend gegen die Invasoren, die komplett auf Kriegswirtschaft umstellen, zu unterstützen. Nach wie vor zeigt sich Europa uneinig in der Frage, wie es weitergehen wird und soll. Das ist bedauerlich, zeigt aber auch die Komplexität der Situation auf.

  • 1. Der polnische Premier meldet sich, nach Freitag schon wieder:


    Zitat

    Die internationale Kritik wird lauter. Am Wochenende haben sich weitere Länder zu möglichen "Leopard 2"-Lieferungen an die Ukraine geäußert. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte nun, die Haltung Deutschlands in dieser Frage sei "inakzeptabel".


    "Leopard 2"-Panzer: Polen hält Scholz' Haltung für "inakzeptabel"
    Der Ton wird rauer: Polens Regierungschef Morawiecki hat Kanzler Scholz' Haltung beim Thema "Leopard 2" für die Ukraine als "inakzeptabel" kritisiert. Moskau…
    www.tagesschau.de


    2. Wolfgang Ischinger kommentiert den Artikel in der Sueddeutschen (oben von Andro verlinkt):


    Zitat

    Die Verkündung und das anschließende Dementi eines deutschen Junktims Leo- M1 war diplomatisch ein Fehler u wirkte bilateral wie ein Vertrauensbruch. Ärger nicht nur in DC.


    Das interessante ist hier, dass das Junktim durchaus ernstgenommen wird, auch wenn Deutschland dieser Darstellung nach sofort zurückgerudert ist. Ischinger dürfte hier schon als ernsthafter Kommentator gelten, der nicht einfach Gerüchten folgen wird.


    Das in einem Thread, der den von Stephan eingebrachten Thread diskutiert. Ich verlinke mal direkt zu den zwei Kommentaren von Ischinger, wer sich "hochclickt" kann die ganze Diskussion lesen.



    3. Timothy Garton Ash, renommierter britischer Historiker, kommentiert die Panzerdebatte in einem längeren Thread. Twitter, englisch.


    Zitat

    As a long-time admirer of democratic Germany, I have been deeply depressed and dismayed this week by Chancellor Olaf Scholz's refusal to allow German Leopard 2 tanks to be sent to Ukraine. Here are just a few ways in which Scholz's policy is weak, contradictory, inconsistent, historically insensitive, morally problematic, disingenuous and counter-productive... (But apart from that, absolutely fine...)



    EDIT:


    Hiermit trifft Ash den - selbst von Kritikern der dt. Reg. - oft übersehenen Punkt, meiner Meinung nach. Dies entspricht, was über die herrschende Einstellung in den Kreisen um Steinmeier und Scholz, namentlich auch Plötner, im Frühjahr, berichtet wurde. (Damals von mir verlinkt, werde ich jetzt nicht wieder raussuchen.)


    Zitat

    There is good reason to believe that that some German policymakers – as always, giving strategic priority to the long-term relationship with Russia – privately reckon that this [Ein russischer Teilsieg, ER.] would [be] an outcome we should settle for. That is the truth that dares not speak its name.

    4 Mal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Selbst ganz nüchtern und sachlich betrachtet, verstehe ich nicht, warum ein russischer (Teil)-Erfolg Russlands in der Ukraine für Deutschland speziell und Europa insgesamt etwas Besseres bedeutet als eine territorial intakte Ukraine, die sich der EU annähern wird.


    Ich verstehe, dass ein Zusammenbruch Russlands bzw. zunächst Putins Regime Menschen Angst macht, aber diese Frage wird sich biologisch irgendwann ohnehin stellen und all die anderen Krisen Russlands haben wir noch weniger in der Hand als die relative Freiheit der Ukraine. Damit meine ich, wie verhalten sich die riesigen, ehemaligen Sowjetstaaten Zentralasiens zukünftig? Wie verhalten sich Kadyrov und der Wagnertyp? Ist das Verhältnis zu China wirklich so belastbar? Findet Russland wieder zurück in die Weltgemeinschaft? Sind alles Dinge, die weitgehend ohne unser Dazutun passieren werden und potentiell gefährlich werden können.


    Das ist nicht polemisch gemeint und interessiert mich wirklich. Was wäre für uns Durchschnittsdeutsche besser, wenn sich Russland einen Teil der Ukraine einverleibt, Putin für den Moment an der Macht bleibt und die Ukraine ein failed state direkt in unserer Nachbarschaft wird? Selbst fernab aller Moral und ganz egoistisch betrachtet, erkenne ich nicht unseren Vorteil.

    Einmal editiert, zuletzt von KU8A ()

  • Es gibt dafür unterschiedliche Gründe, aber bottom line ist: Wenn Russland Erfolge mit dem auf Gebietsgewinn zielenden Krieg (seit 2014) feiert, ist dies eine Belohnung kriegerischen, völkerrechtswidrigen Verhaltens. Quasi eine Rehabilitation imperialer Politik aus dem 19. Jhd.


    Das widerum hätte eine Reihe von Folgen. Wie die osteuropäischen Nachbarn nicht müde werden, demjenigen zu erklären, der zuhört, hieße dies, dass Russland diese Politik, Europa mit Krieg zu überziehen, fortführen wird. Es wäre eine Ermutigung Russlands.


    Eine weitere Folge wäre, dass vor dem Hintergrund der Rehabilitation des expansionistischen Krieges jeder, der kann, versuchen würde, an Nuklearwaffen zu kommen, denn nur diese bieten Sicherheit.


    Dies ist alles nur die Spitze des Eisberges, aber schon hier sollte deutlich sein, dass ein Teilerfolg Russlands gegen die deutschen Sicherheitsinteressen selber ist.


    Unter den westlichen Verbündeten hat sich die Formel durchgesetzt: Die Ukraine muss gewinnen. Der einzige bedeutende, der sich dazu noch nicht bekannt hat, ist die Bundesrepublik. Olaf Scholz' Formel ist: Russland darf nicht gewinnen, die Ukraine darf nicht verlieren.


    Das ist bedeutend zuwenig.

  • Solche Geschichten sehe ich viele auf Twitter. Volodymyr Dubovik aus Odessa:




    Das ist kein Zufall, wie Timothy Snyder immer wieder betont, z.B. in seinem, von mir bereits verlinkten, Vortrag über Deutschlands historischer Verantwortung für die Ukraine. (Englisch.) Auszug, übersetzt mit deepl:



    Englische Transkription.

  • Mal eine frage an die Militärexperten. Die russischen panzer haben sich ja als leicht zerstoerbar erwiesen. Sind die westlichen modelle grundsätzlich sooo anders ergo haben die russen nicht ebenfalls panzerabwehrwaffen, die den westlichen modellen zum albtraum werden können ? Ergo bieten panzer überhaupt noch den vorteil und den schutz, wie suggeriert ?

  • Ich bin zwar kein Militärexperte, aber ich antworte trotzdem. :D


    Der typische Zyklus war, dass der Westen Panzer entwickelt hat als Antwort auf sowjetische Panzerentwicklung.


    Der Leo II, z.B., wurde entwickelt als Antwort auf den T-72. Weil der Leo I mit seiner 105mm-Kanone gegenüber dem T-72 einen Nachteil hatte. Der Challenger II z.B. hatte als Entwicklungsvorgabe, dass er in der Lage sein sollte, russische Panzer in einer 5 bis 10-fachen Überlegenheit aufzuhalten.


    Deswegen ist der Challenger II sehr gut gepanzert, ebenso wie der M1-Abrams. Die Deutschen haben beim Leo II Mobilität dem Vorrang gegenüber Panzerung gegeben, weswegen die Seiten im Vergleich zu diesen beiden Modellen deutlich schwächer gepanzert sind.


    Von den M1-Abrams und Challenger II ist bis heute kein Panzer im Gefecht durch den Gegner zerstört. (Ausschließlich durch 'friendly fire'.) In W's Golfkrieg wurden allerdings insgesamt 9 Abrams durch schultergefeuerte Panzerabwehrwaffen außer Gefecht gesetzt. Leo II hingegen sind bei Al-Bab in Syrien von ISIS zerstört worden, ich meine 3 Stück. Diese Verluste werden idR dadurch erklärt, dass die Türken diese Panzer komplett falsch eingesetzt haben, aber dass die Seitenpanzerung dünner ist, hat auch beigetragen, denke ich.


    Wenn westliche Panzer fachmännisch eingesetzt werden, sind sie den russischen haushoch überlegen. Dies gilt gerade für Survivability für Challenger II und Abrams, aber ich denke, das gilt zumindest tendenziell auch für den Leopard II.


    Die Russen haben keine dem Javelin oder der NLAW vergleichbare Panzerabwehrwaffe. Genauso, wie es ISIS gelungen ist, Leo IIs zu zerstören, würde es den Russen sicherlich gelingen, auch Leopard II zu zerstören, aber alles in allem sind die westlichen Modelle überlegen.

    Einmal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Leo II hingegen sind bei Al-Bab in Syrien von ISIS zerstört worden, ich meine 3 Stück. Diese Verluste werden idR dadurch erklärt, dass die Türken diese Panzer komplett falsch eingesetzt haben, aber dass die Seitenpanzerung dünner ist, hat auch beigetragen, denke ich.

    Kurze Richtigstellung dazu:


    Die angesprochenen türkischen Leo II wurden durch türkische 500 Kilo-Bomben zerstört, nachdem sie in einem Hinterhalt von Daesh-Kämpfern erbeutet worden sind.

  • Dazu habe ich, gerade in den letzten Tagen, unterschiedliches gelesen. Mein Eindruck ist, dass tatsächlich nicht 100% klar ist, ob die im Gefecht oder wie Du es beschreibst zerstört wurden. Fest steht aber, dass sie komplett falsch eingesetzt wurden und dadurch verwundbar waren.


    Aber ich muss selber was richtigstellen: M1-Abrams sind im Irak vom Gegner im Gefecht zerstört worden, allerdings waren das Abrams der irakischen Armee. Nichtsdestotrotz erweckt mein Text oben den Eindruck, die seien praktisch unverwundbar. Das ist nicht der Fall.


    Meine Quellen: Zu M1 Abrams Wikipedia, englisch. Zum Challenger II dieses Youtube Video vom britishen Tank Museum. Zu Leo II diverse Quellen.

  • Sind die westlichen modelle grundsätzlich sooo anders ergo haben die russen nicht ebenfalls panzerabwehrwaffen, die den westlichen modellen zum albtraum werden können ?

    Alle Tanks ohne Trophy-APS sind anfällig für moderne ATGM. Die Ukraine wird solche wohl nicht bekommen.


    Ansonsten gilt: Leos sollten wie alle Tanks nur im Verbund von Waffen eingesetzt werden. 20 Leoparden allein auf weiter Flur sind nutzlos.

  • Allerdings sind sie in unterschiedlichem Maße anfällig. In dem Video wird erzählt, dass, ich meine im 2. Irak-Krieg ein Challenger II 30 RPG-Treffer auf der Seite zu verbuchen hatte, und nicht ein einziger hat die Panzerung durchdrungen.


    Und das war einfach nur die Chobham-Panzerung.


    EDIT: Ein anderes Detail, welches ich noch in Erinnerung habe: Durch Beschuß gab es bislang nur einen einzigen Verletzten im Challenger II. Das war Beschuß durch die Amis, friendly fire, und der Fahrer wurde am Fuß verletzt.