Russlands Angriff auf die Ukraine

  • Kai

    Ich hab mich in Berlin nicht unsicher gefühlt, weil ich von einer funktionierenden Entspannungspolitik ausgegangen bin. Davon ist heute nicht mehr auszugehen. Mein Empfinden der Bedrohungslage ist leider kein Brettspiel, bei dem ich Standort und Anzahl der Figuren zähle, um zum Schluss festzustellen, ist ja alles nicht schlimmer als damals, prima!

    Außerdem sind diejenigen, die nach drei Tagen das Ende der russischen Angriffe hergeredet hatten, möglicherweise nicht die gleichen Leute, welche sich bedroht fühlen, sollte der Russe an der polnischen Grenze stehen.

    Da im Krieg auf allen Seiten viel gelogen wird, ist für mich die Frage noch nicht geklärt, ob dieRussen militärische Dilettanten sind, oder eine Nation, welche die (gefühlte)Sicherheitslage in Europa mächtig durcheinanderschütteln können. Ich neige zu letzterem.

    Und ob die Ukrainer auch unsere Freiheit verteidigen, ist je nach Pathos eigentlich Wortklauberei, denke ich. Ich mag mich aber auch nicht allzu tief in die Gesamtproblematik eindenken, bekommt mir nicht!

  • Nebensache:


    Danke für deine Antwort, obwohl ich es eigentlich etwas konkreter gewünscht hätte.


    Du hast aber einen wichtigen Ausdruck benutzt, nämlich "Pathos". Das trifft es ziemlich genau.


    Mein Empfinden der Bedrohungslage

    Auch das ist treffend ausgedrückt. Es ist dein (subjektives) Empfinden und somit völlig legitim. Wie etwas empfunden wird, kann durchaus von Person zu Person unterschiedlich sein und sollte respektiert werden (alle müssen ja nicht identisch empfinden). Ein Problem habe ich immer nur dann, wenn direkt oder auch nur zwischen den Zeilen versucht wird, das eigene Empfinden als allgemeingültig darzustellen und gleichzeitig andere Sichtweisen als inakzeptabel darzustellen. Nicht jeder, der sich von Rußland nicht direkt bedroht fühlt, ist naiv oder gar ein Putin-Freund.

  • Mal abgesehen vom Krieg hat Russland in den vergangen 10-15 Jahren sehr viel dafür getan, um Europa zu destabilisieren. Sollten sie in der Ukraine erfolgreich sein, wird das sicher nicht weniger, sondern wahrscheinlich eher mehr, da man sich auf dem richtigen Kurs wähnt und sich in einem geeinigten und starken Russland weiterhin viel mehr auf die „Außenpolitik“ würde konzentrieren können. Insofern würde ich schon zustimmen, dass ein Erfolg der Ukraine zumindest mittelfristig die Sicherheit in Europa erhöht.

  • Heute wird sehr viel über die Ankündigung von Prigoschin berichtet, daß er seine Söldner ab dem 10.5. zurückziehen werde.


    Was mich verwundert:

    in keinem der bisherigen mir bekannten Artikel wird erwähnt, daß neben den täglichen Verlusten sich das Söldner-Heer auch wegen der auslaufenden 6-Monats-Verträge auf "natürliche" Art und Weise jeden Tag verringert.


    Glaubt man den damaligen Berichten, so lief bereits Ende 2022 die Rekrutierung in den Gefängnissen nur noch schleppend, im Februar 2023 wurde sie ausgesetzt.


    D.h. spätestens Ende Mai werden die meisten der aus den Gefängnissen rekrutierten Verträge ausgelaufen sein, und man darf aufgrund der verlustreichen Gefechte rund um Bakhmut annehmen, daß ein sehr großer Teil der Überlebenden kein Interesse verspürt, ihre Verträge zu verlängern. Zumindest nicht im Krieg gegen die Ukraine, wenn dann vielleicht höchstens im Rahmen von (lukrativen) Wagner-Einsätzen in anderen Konflikten.


    Vor diesem Hintergrund erscheint die "Wutrede" von Prigoschin einmal mehr als eine Inszenierung, um die wahren Gründe zu verschleiern und dass sich seine Söldner-Armee in Auflösung befindet, zumindest von der aufgeblasenen Größe durch die Rekrutierungen wieder zurück auf ein sehr viel kleineres Maß, von dem man dann eher nicht mehr als selbständige "Armee" sprechen kann.

  • Kann noch ganz andere Gründe haben.


    Ich für meinen Teil gebe praktisch nichts auf das, was er sagt. Wagner wird eh eher zuviel Bedeutung beigemessen. (Und es ist auch nicht so, dass der Fortschritt in Bakhmut nur auf Wagner geht.) In allererster Linie versucht Prigozhin, den Mythos Wagner zu retten, weil das sein Kapital ist. Jede Äußerung von ihm dient von daher in erster Linie der Mystifizierung.


    Was er da erzählt, hat er sich eh' aus dem Rektum gezogen. Wagner befindet sich innerhalb der Befehlsstrukturen der russischen Armee. Wenn er tatsächlich freie Hand hat, dieses oder jenes zu machen, dann nur wegen Protektion. Sieht aber so aus, als ob die schwindet.


    Die Russen können Wagner auch einfach auflösen und in ihre Truppe eingliedern. Eventuell aber werden sie Wagner mit Hinblick auf die Sicherheitslage in Russland selbst auf der Hinterhand halten.

  • Ich habe gerade ganz zufällig beim verzweifelten Versuch, meiner alten Glotze überhaupt noch ein Programm zu entlocken, einen Kommentar eines Korrespondenten von Al Jahzeera englisch gesehen. Der war der Meinung, dass die Ankündigung von Prigoschin Fake und sehr durchsichtig ist. Bemerkenswert, finde ich, bei dem Sender. Vielleicht ist das aber nur ein Vorurteil meinerseits (auf den Sender bezogen).

    Richtig glauben tue ich das nicht. Ich glaube nicht, dass Putin und Prigoschin "good cob bad cob " spielen.

    Dazu steht für beide zu viel auf dem Spiel. Dass sie versuchen, mit Desinformation die erwartete Offensive der Ukraine zu stören, ist aber auch nachvollziehbar. Und vielleicht der kleinste gemeinsame Nenner zwischen beiden.

    Aus meiner Sicht will zumindest Prigoschin einfach die Beute sichern und Schluss machen. Putin tut sich da schwer.

    Interessant ist für mich auch, dass einen Tag nach dem absolut dilettantischen Schmeißen von Knallfröschen auf den Kreml - wohl durch den russischen Geheimdienst, vermute ich - die Ukraine den Abschuss einer fehlgeleiteten eigenen Drohne über Kiew bekannt gab. Welches Ziel soll diese Drohne denn gehabt haben?

    Das alles ist für mich Teil der psychologischen Kriegsführung. Die Ukraine will wohl damit signalisieren: seht her, wir sind offen und ehrlich. Wir gestehen Fehler ein und sind glaubwürdig.

    Neben dem Kampf an der Front ist der Kampf um die Weltöffentlichkeit wichtiger denn je.

    Da sind wir wieder bei der UN. Und bei einem Fünkchen Hoffnung für die Zivilisation.

  • Es handelt sich vielmehr um einen klassischen Volkskrieg wie etwa die Befreiungskriege gegen Napoleon oder aus jüngerer Zeit den Vietnam- oder den Afganistankrieg, wo das von außen angegriffene Volk aufsteht und sich geeint hinter ihrer politischen Führung versammelt, um die Invasoren aus ihrem Land zu vertreiben.

    da gehe ich mit. allerdings haben wir hier die situation, dass zwei nachbarstaaten krieg führen , die vor 33 Jahren noch teil eines gemeinsamen staates waren, und sich zumindest teilweise kulturell und sprachlich sehr nah sind. diese konstellation gab es in afghanistan und vietnam natürlich nicht, auch wenn afghanistan an die sowjetunion grenzte.

    Oh so groß, wie Du meinst, sind die Unterschiede gar nicht. Zumindest beim Vietnam-Krieg als auch beim Ukraine-Krieg handelt es sich jeweils um post-koloniale Befreiungskriege.


    Vietnamkrieg


    Nach dem Unabhängigkeitskrieg zwischen der Kolonialmacht Frankreich und Vietnam begann ein Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südvietnam. Nordvietnam wurde von China und der Sowjetunion unterstützt, während die USA Südvietnam unterstütze. Im März 1965 trat die USA seitens der Südvietnamesen in den Krieg mit ein. 1975 endete der Vietnamkrieg mit einer schmachvollen Flucht der letzten Armeeeinheiten der Amerikaner einem Sieg für die Nordvietnamesen.


    Ukraine


    Bereits ab dem 16. Jahrhundert gehörten weite Teile der heutigen Ukraine zur der damals dominierenden osteuropäischen Großmacht und die hieß - Überraschung Überraschung - nicht Russland, sondern Polen-Litauen. Russland als Staat existierte zu dieser Zeit noch gar nicht. Es gab damals lediglich als dessen Vorläufer das Moskowitische Reich, welches zuvor mehrere Jahrhunderte lang lediglich ein abhängiger Satrappenstaat der Mongolen gewesen war und das zu dem damaligen Zeitpunkt gerade erst seine Unabhängigkeit von den Herrschern der Goldenen Horde erlangt hatte.


    Mitte des 17. Jahrhunderts entstand auf dem Boden der Südukraine ein proto-demokratischer Kosakenstaat, der in seinem dauernden Abwehrkampf gegen die polnisch-litauische Oberherrschaft ein Vasallenbündnis mit dem Großfürsten von Moskau einging. Obwohl die Kosaken dies nur als ein temporäres Bündnis gegen einen gemeinsamen Feind verstanden, begründen die russischen Zaren seitdem ihre Herrschaftsansprüche mit dem Abschluß dieses Vertrages.


    Im Verlauf des 18. Jahrhunderts zerfiel das polnisch-litauische Großreich in Folge der drei polnischen Teilungen. Polen hörte als Ergebnis dieser Teilungen als unabhängiger Staat auf zu existieren. Größte Profiteure dieses Niedergangs waren das seit 1721 imperiale russische Reich, das Königreich Preußen und das Kaiserreich Österreich.


    Im Rahmen der polnischen Teilungen fielen die heutige Westukraine an Österreich, während große Teile der Ostukraine unter die russische Zarenherrschaft fiel. Die Krim, das heutige Streitobjekt, gehörte allerdings nicht dazu. Sie stand unter der Herrschaft der Krim-Tataren und gehörte so indirekt zum Osmanischen Reich. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts begannen die russischen Zaren damit, weite Teile der Ostukraine systematisch zu kolonisieren und ihren Herrschaftsbereich immer weiter auszudehmen. Nach einem Sieg über die Krim-Tataren im Russisch-Türkischen Krieg erlangte das russische Zarenreich auch die Oberherrschaft über die Krim und annektierte diese 1783.


    Während die ukrainische Sprache und Kultur im Zarenreich mehr und mehr einer massiven Russifizierung ausgesetzt war, konnte sie sich unter habsburgischer Herrschaft freier entfalten. Vor allem von dort gingen im 19. Jahrhundert starke Impulse zur Herausbildung einer eigenen Nation aus. Dies führte während des 1. Weltkrieges im Jahr 1917 zur Gründung eines unabhängigen ukranischen Staates, dem jedoch im Zuge der russischen Oktoberrevolution keine lange Existenz beschieden war. Ein von den Bolschewiki initiierter Aufstand bereitete diesem ersten ukranischen Staat ein jähes Ende. Die Bolschewiki errichteten stattdessen auf dem Boden der Ukraine die "Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik". Neben der Russischen Sozialistischen Föderativen Republik trat diese dann 1922 der Sowjetunion bei.


    Wenn Du also argumentierst, dass beide Staaten vor 33 Jahren noch Teil eines gemeinsamen Staates waren, so stimmt dies zwar durchaus, allerdings war die Sowjetunion nach dem Willen der Bolschwiki nichts anderes als die Fortführung des untergegangenen russischen Imperiums unter neuer Flagge. So wie das Zarenreich seit ihrer imperialen Expansion Ende des 18. Jahrhunderts die Ukraine als zugewonnenes Kolonialgebiet behandelt hatte, so erging es den Ukrainern im 20. Jahrhundert unter dem Diktat der Bolschewiken. Obwohl die einzelnen Sowjetrepubliken formal gleichgestellt waren, hatten die Ukrainer faktisch keinerlei Mitbestimmungsrechte und waren zudem die größten Opfer der stalinistischen Schreckensherrschaft. Sie erlitten einen der furchtbarsten Genozide der Menschheit überhaupt, welcher als "Holodomor" in die Geschichte einging. Mehr als 4 Millionen Ukrainer fielen 1933 so dem organisierten Hungertod anheim.


    Die Antwort auf diese furchtbare Unterdrückung war eine neue ukranische Nationalbewegung unter Stepan Bandera, welche die Unabhängigjeit von der Sowjetunion erreichen wollte. Bandera war ein nationalistischer Politiker und Anführer des rechtsextremen, terroristischen Flügels der OUN, der OUN-B. Er arbeitete mit der deutschen Wehrmacht zusammen und seine OUN-B-Milizen übernahmen nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Lemberg teilweise die Polizeigewalt. Sie trugen maßgeblich zu den Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung bei und bereiteten unter anderem Verhaftungen und Massenerschießungen vor. Nachdem andere Mitglieder der OUN einen unabhängigen Staat ausgerufen hatten, inhaftierte die Gestapo Bandera 1941 im KZ Sachsenhausen als Ehrenhäftling mit besseren Haftbedingungen. Nach dem Zweiten Weltkrieg floh Bandera zurück nach Deutschland und wurde in der Sowjetunion in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Er wurde 1959 in München von einem KGB-Agenten ermordet.


    Aufgrund der Kolloberation seiner Nationalbewegung mit der deutschen Wehrmacht wird er von einigen Historikern, vor allem aber von russischen Politikern als Nazi bezeichnet. Die meisten Ukrainer sehen in ihm dagegen nur einen ukrainischen Freiheitskämpfer, der die Bürger der Ukraine von der sowjetischen Schreckensherrschaft befreien wollte.


    1954 wurde dann die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik Krim durch Beschluss des Obersten Sowjets mit der Ukraine verbunden.


    Fazit:
    Diese gesamte Vorgeschichte muss man kennen, wenn man den Ukraine-Krieg und seine Hintergründe verstehen will. Putin führt mit seinem Überfall der Ukraine einen post-kolonialen Krieg, um eine bedeutende ehemalige Kolonie des russischen Imperiums für sein neues und bereits vom Zerfall bedrohtes Imperium zurückzugewinnen, ebenso wie die Franzosen es in den 50er Jahren vergeblich versuchten, ihre ehemalige Kolonie Vietnam wieder ihrem Kolonialreich einzuverleiben.





  • Hast du da nicht etwas entscheidendes Vergessen?

    Russland z.B. sieht sich als direkte Fortsetzung der Kiewer Rus. Und die gab es schon im frühen Mittelalter.

  • Die Ukraine beruft sich auch auf die Kiewer Rus, mit einem deutlich besseren Anspruch.


    Aber vor allem gibt es keine Kontinuität der Kiewer Rus zu beiden Staatsgebilden. Das ist eher als Gründungsmythos zu sehen.


    Timothy Snyder behandelt das Thema sehr ausführlich in seiner Vorlesung zur Geschichte der Ukraine (auf Youtube). Aber ich wäre überfordert, das jetzt hier kurz und knapp wiederzugeben.

  • Und Belarus ... die berufen sich auch darauf.

    So einfach scheint die ganze Kiste mit der Ukraine, Russland und Belarus nicht zu sein.

  • Doch. Ist nicht so schwer. Ist nur - Überraschung! - anders, als Putin und die Russen erzählen.


    Zur Erinnerung: Timothy Snyder ist Historiker. Wenn wir nicht auf die hören, auf wen dann?


    Artikel von ihm zum Thema. Ich übersetze mal nur eine Passage:


    Link zum Artikel (englisch).


    In Bezug auf die Geschichte, die tatsächlich für diesen Konflikt interessant ist, verweise ich auf den exzellenten Artikel von Martin Schulze Wessel (ebenfalls Historiker, für osteuropäische Geschichte), den ich oben verlinkt habe. Fängt bei Peter dem Großen an. (Also noch vor der Umbenennung in Russland.)


    EDIT: Hier nochmal der Link. Allerdings beschäftigt der sich mit der Frage nach der Kiewer Rus gar nicht mal.


    Ukrainekrieg: Putin ist kein Betriebsunfall
    Die Vorgeschichte des Kriegs gegen die Ukraine reicht ins 18. Jahrhundert zurück, als Russland zu einer Großmacht auf dem europäischen Kontinent wurde.…
    www.faz.net

    Einmal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Hast du da nicht etwas entscheidendes Vergessen?

    Russland z.B. sieht sich als direkte Fortsetzung der Kiewer Rus. Und die gab es schon im frühen Mittelalter.

    Nein, habe ich nicht.


    Das Reich der Kiewer Rus wurde nicht von Russen gegründet, wie so viele Leute fälschlicherweise heute glauben, sondern von Wikingern. Die Nordmänner eroberten im frühen Mittelalter die slawischen Gebiete und assimilierten sich in den folgenden Generationen mit der lokalen Bevölkerung. Das Reich der Kiewer Rus wurde nach kurzer Blüte vom Mongolensturm erfasst und völlig vernichtet. Über die folgenden Jahrhunderte beherrschten die Mongolen und ihr Reich der Goldenen Horde die slawischen Gebiete bis zu den Grenzen Polen und Litauens, die im Mittelalter edann in gemeinsames Großreich errichteten.


    Auch der Großfürst in Moskau war im Mittelalter nur ein tributpflichtiger Vasall der mongolischen Khane. Es gibt faktisch keinen Bezug zwischen dem Moskowiter Reich und den Kiewer Rus. Die sprachen nicht einmal russisch, sondern eine altslawische Sprache, die weit mehr dem heutigen Ukrainisch als dem Russischen ähnelt.


    All das hat die russischen Zaren aber nicht daran gehindert, sich einfach in die Ahnenreihe der Kiewer Rus zu stellen, um ihren Herrschaftsanspruch über die Ukraine historisch zu unternauern. Und sie sind nicht müde geworden, dies immer wieder zu behaupten, bis es Ihnen irgendwann die halbe Welt geglaubt hat.

  • Die Paradoxie ist, dass es eher andersrum ist: Die Kiewer orthodoxe Kirche brachte die Taufe Volodymyrs selber in's Spiel. Und zwar, weil die Kiewer orthodoxe Kirche in Moskowien dominant war, es diente also der Expansion der Kiewer Kirche nach Moskowien.


    Unter Katharina der Großen wurden dann die Machtverhältnisse in der orthodoxen Kirche bewußt umgedreht, der Kiewer Einfluss minimiert, das Zentrum nach dem neu so benannten Russland verschoben. (Kommt in der Vorlesungsreihe vor.)


    Wenn überhaupt, kann sich die Ukraine auf diese ganze Geschichte berufen. Nicht Moskowien.

  • " Das Reich der Kiewer Rus wurde nicht von Russen gegründet, wie so viele Leute fälschlicherweise heute glauben, sondern von Wikingern "

    Ich habe auch nirgens was anderes behauptet,m sondern nur daruf hingewiesen das die Geschichte nicht erst im 17.Jahrhundert begann sondern schon weit vorher. Und zwar weil der Name Rus eine Entscheidende Rolle spielt.

  • Der wurde aber erst im 18. Jahrhundert von Russland übernommen. Genau in der Phase, als es in den Westen expandierte. Zu der Zeit gab es mit den losen Staatsähnlichen Gebilden der Kosaken bereits vorher sowas wie einen ersten ukrainischen Staat, wenn der dann auch Moskowien zum Opfer fiel.


    In Bezug auf die Staaten gibt es keine Kontinuität whatsoever. Es ist schon richtig, dass es eine in Bezug auf die Religion gibt, es geht ja schließlich um die Taufe Volodymyrs, aber da geht der Weg genau andersrum: Über Kiew.


    Kiew hatte von daher, wenn überhaupt, Bezüge zur Rus. Moskowien, wie das heutige Russland hieß, bevor es Katharina II., gebürtig Anhalt-Zerbst, in Russland umbenannte, um die aktuelle Expansion zu rechtfertigen, praktisch überhaupt keine außer, dass das Feudalstaatsgebilde (ich hoffe, das ist richtig) Kiewer Rus, also das mittelalterliche Reich der auf die Wikinger zurückgehenden Fürsten, gebietsmäßig auch Teile des späteren Muskowien umfasste.


    Aber das Zentrum war Kiew. Moskau war da noch Sumpf.

  • Da hast du Recht. Moskau gehörte damals zur Kiewer Rus und war Sumpf ....

    Und mMn haben die Kiewer mehr Rechte auf den Begriff Rus als irgendwer anderes.

  • Das Gebiet von Moskau selber gehörte mE nichtmal dazu.


    Moskau wurde als Außenposten von Kazan, angelegt zur Verteidigung gegen Westen, gegründet. Das war ein Turkvolk. Die frühen Moskauer können von daher eher als Turkvolk, als Tartaren gesehen werden, die rein gar nichts mit der Rus zu tun haben. (Etwas anders sieht es aus, wenn wir z.B. Novgorod betrachten. Aber das wurde ja auch von den Moskowiten niedergebrannt.) Ironischerweise hat dann Moskau Kazan in einem sehr langen, blutigen Krieg erobert.

  • Lt. Wikipedia gehörte um 1000 Moskau schon zur Kiewer Rus. Es ist aber müssig das ganze aufzudröseln, da hat sich im laufe der Jahrhunderte viel "Volk" herumgetrieben.

    Mir ging es nur darum, das es schon vor der Polnisch Litauischen Herrschaft die RUS gab, auf die bezieht sich ja Russland mit seinen Imperialen Phantasien