Russlands Angriff auf die Ukraine

  • Ist das alles so? Bei einem Angriff auf ein NATO Land, müssen erst die Politiker entscheiden, was sie tun. Oder greifen da nicht Automatismen?

    Das ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland erhält der Bundeskanzler im Verteidigungsfall die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte. Da wäre nur noch ein "Notparlament" an Entscheidungen beteiligt.


    Allerdings gibt es im NATO-Bündnisfall keinerlei Automatismen. Jedes Land entscheidet selbst, was es für die Verteidigung der angegriffenen Partner tut. Im schlechtesten Fall kann das eine Lieferung von Nachtsichtbrillen sein.


    Die französische Nukleardoktrin sieht zum Beispiel vor, dass die Streitkräfte nur nuklear verteidigen, wenn das Land Frankreich angegriffen wird. Einen französischen "Atom-Schutzschirm" für Bündnispartner gibt es zum Beispiel nicht.

  • Zusammengefasst sagt er, dass Russland einen Angriff auf die NATO innerhalb der nächsten 2-3 Jahre plane - und zwar nicht primär konventionell.

    Das liest sich in der Zusammenfassung beim Focus NICHT so bzgl. eines atomaren Angriffs. Atomare Drohung ja, konventionelle Raketen ja, Atomraketenbeschuss (erstmal) nicht. Und dass es solche Warnungen bzw. Gedankenspiele bzgl. eines Angriffs der Russen auf NATO-Territorium gibt, darüber wird ja durchaus spätestens seit dem Angriff auf die Ukrainer diskutiert. Also nicht wirklich was Neues. Aber ja, das muss definitiv in den öffentlichen Diskurs und entsprechende Vorkehrungen sollten getroffen werden. Diesbezüglich graut es mir vor Trump II.

  • Zusammengefasst sagt er, dass Russland einen Angriff auf die NATO innerhalb der nächsten 2-3 Jahre plane - und zwar nicht primär konventionell.

    Das liest sich in der Zusammenfassung beim Focus NICHT so bzgl. eines atomaren Angriffs. Atomare Drohung ja, konventionelle Raketen ja, Atomraketenbeschuss (erstmal) nicht.

    Vielleicht habe ich das auch nicht richtig übersetzt. Deutsche Artikel kannte ich bisher nicht zu dem Thema. Herr Hoffmann beschreibt aber auch, dass ein atomarer Angriff auf NATO-Staaten zu der russischen Militärdoktrin und strategischen Plänen gehört - mit dem Ziel der schnelle Unterwerfung wie am Ende des zweiten Weltkriegs.


    So oder so ein "kranker Scheiß".


    Meine Frage wäre: Wie kann man das verhindern? Oder anders: wie kann man genug abschrecken. Mit Trump wird das sicherlich nicht gelingen, das hat er ja bereits gesagt.

  • Grundsätzlich halte ich das für Hirngespinste die etwas bezwecken sollen, noch mehr Geld in den Rüstungssektor zu pumpen, um einige Wenige noch reicher zu machen.

    Diese -nicht neue - Grundhaltung hat aus meiner Sicht mit dazu geführt, dass die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr heute so ist wie sie ist: besorgniserregend.

  • Ich finde das ja sehr amüsant. Da philosophiert ein Doktorrand der Uni Oslo, dass die Nato vor einer Armee die


    - es seit 2 Jahren es nicht schafft in einem Krieg gegen eine Armee mit überwiegend Technik aus dem Kalten Krieg, die Initiative zu ergreifen.

    - abhängig von Lieferungen aus dem Iran und Nordkorea ist.

    - täglich auf dem Schlachtfeld beweist, dass ihre Technologie und Strategie unterlegen ist.

    - Probleme mit der eigenen Technik hat.

    - Probleme mit der Beschaffung/Herstellung wichtiger Technologie hat.

    - die täglich hohe Verluste an Mann und wichtigem Material hat.

    - ...


    einen Rückzieher macht?

  • christitus


    Genau diese Betrachtungsweise kritisiert er ja, weil es um konventionelle Eskalation geht. Die Brille würde nicht stimmen und bewusst aufgesetzt werden. Russland habe kein Interesse an einer konventionellen Auseinandersetzung mit der NATO, so einen Krieg könnten sie nicht gewinnen.

  • Nachtrag:


    In der These geht es um politische Kriegsführung.


    Ein bis zwei Raketen mit Atomsprengköpfen auf europäische Städte mit hohen zivilen Verlusten aus dem Nichts. Wie würde die NATO reagieren? Wahrscheinlich reichen auch 30-40 Hyperschallraketen ohne Atomsprengköpfe, die keiner abfangen kann. Wie weit würde die NATO politisch antworten, wenn sie weiß, dass bei jeder Antwort weitere Raketen einschlagen werden?


    Das ist meine Sorge.

  • Aloha Hannover,


    sechzehn Grad und Sonne, ich konnte heute nicht klagen 8) . Herzliche Grüße aus Südspanien :herz: .


    Die NATO ist ein politisches Bündnis. Zwischen den tatsächlichen militärischen Fähigkeiten dieses Bündnisses und den einzelnen politisch-strategischen Entscheidungen einzelner Mitgliedsstaaten können Welten liegen. Das habe ich zuletzt im Baltikum in der "GPS/GNSS-Baltic-Jammer-Problematik" erneut erlebt.


    Bei solchen angeschlagenen Themen gerate ich sofort in die missliche Situation, dass ich gar nichts mehr schreiben darf. Eine erweiterte nukleare Abschreckung Europas halte ich jedoch für unabdingbar. Sie ist aktuell aus diversen Gründen nicht ausreichend gegeben. Das hatte ich hier im Forum vor kurzer Zeit schon einmal durch die Blume geschrieben. Das muss politisch entschieden und erst dann militärisch umgesetzt werden. Geschlossenheit ist das Mittel der Wahl, denn nur gemeinsam ist man stärker.

  • Was brauchen wir für eine glaubhafte Abschreckung? Auf jeden Fall Atomraketen. Wirds aber in Deutschland nicht geben.... weder Grüne noch SPD machen da mit... bei der rechtsnationalen Front aus CDU/csu und AfD wäre ich mir nicht so sicher... aber 2/3 Mehrheit... nö

  • Was brauchen wir für eine glaubhafte Abschreckung? Auf jeden Fall Atomraketen.

    Das kann ich aus militärischer Sicht einfach beantworten:


    - Sofortige Ausweitung der Nuklear-Doktrin der französischen „Force de Frappe“ auf europäische Verbündete - möglicherweise aus gemeinsamen Budgets.

    - Schnellstmögliche Bereitstellung und Stationierung von hyperschallfähigen Mittelstreckenraketen (MRBMs und IRBMs), die mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden können. Die EU-Streitkräfte besitzen bis auf die von den USA verwaltete Freifallnuklearwaffe B-61-12 (ohne EU-abschreckungsfähigen Träger) oder den französischen Marschflugkörper ASMP-A keine taktischen Atomwaffen. Beide sind aufgrund der Träger und Beschaffenheit nicht mehr abschreckungsgeeignet.

  • Hatte das auch bereits auf X gelesen.


    Und…


    … für so ein kleines Kuchenstück das ganz große, maximal mögliche Risiko? Haben wir nicht gelernt, dass da eben nicht die Geisteskranken irrationaler Art sitzen?

    … wie sieht es mit dem Rückhalt in der eigenen Bevölkerung aus, es sieht mir nicht danach aus als wären die russischen Reihen geschlossen? “Wollt Ihr potentiell den totalen Krieg für zwei Meter Land im Baltikum?”

    … was sagen und wo liegen die Interessen der wenigen verbleibenden wichtigen Verbündeten, allen vorran China?


    Wir sollten uns ins Europa unabhängiger machen von den USA, möglichst flott und wachsam bleiben. Aber ich hoffe die Alarmstufe im Thread ist zwei Stufen drüber …

  • … für so ein kleines Kuchenstück das ganz große, maximal mögliche Risiko? Haben wir nicht gelernt, dass da eben nicht die Geisteskranken irrationaler Art sitzen?

    Ich hatte den Beitrag so verstanden, dass es für Russland politisch dann um wesentlich mehr geht, als um ein paar Meter eines Landes, wenn man europäische Städte mit solchen Raketen überzieht und die NATO zu Zugeständnissen zwingt. Es geht um die politische Vorherrschaft, wie zu Zeiten des Kalten Krieges.


    Trump hat ganz klar geäußert, dass er Europa nicht vor einem russischen Angriff schützen will. Nehmen wir sein Wort ernst, sollten wir investieren. Wahrscheinlich nicht in Panzer, Schiffe und Artillerie, sondern in die großen Dinge, damit er gar nicht auf die Idee kommt. Webtura scheint da mehr Ahnung zu haben, ich bin an der Stelle raus. Aber auf Praktiker sollte man immer hören, finde ich.

  • Investition in Nukleare Abschreckung vor konventionellen Mitteln - korrekt. Das ist der defensive Gedanke dahinter. Was militärisch möglich ist und politisch gewollt, ist die zweite Seite der Medaille.

  • - Sofortige Ausweitung der Nuklear-Doktrin der französischen „Force de Frappe“ auf europäische Verbündete - möglicherweise aus gemeinsamen Budgets.

    Wurde das nicht schon einmal erfolglos versucht? Ich mag mich irren, aber meine mich dennoch vage an einen entsprechenden deutschen Vorstoß vor einigen Jahren zu erinnern.

  • Politisch muss man sich in der EU einig werden, was man will. Geschieht dies, wird es auch eine ausreichende Abschreckung geben. Militärisch ist das jedenfalls möglich.

  • Bist du Webtura in den US-Streitkräften tätig? Wenn ich richtig in meiner Vermutung bin, was würde dann nach der Wahl mit Trump passieren?


    Ich möchte mich zumindest vorbereiten.


    Und dazu noch ein Nachtrag:

    Warum sollte Deutschland jetzt nicht eigenständig Atomwaffen entwickeln?

  • Aloha meine Freunde im Norden,


    ich bin nur noch halb wach, denn in wenigen Stunden gilt meine ganze Aufmerksamkeit der CVN-78 :schlafen: .


    Deutschland müsste bei der Herstellung und Wiederaufnahme von nuklearen Waffen-Programmen zunächst den internationalen nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) aufkündigen, bevor es überhaupt mit der langwierigen Beschaffung und Anreicherung beginnen könnte. Neben der Empörung des internationalen politischen "Publikums" würde das selbst aus militärischer Brille betrachtet nicht nur viel Zeit in Anspruch nehmen, sondern innen- wie außenpolitisch wohl in einer großen Katastrophe enden.


    Das ergibt also aus ganz vielen Gründen keinen Sinn. Aber man könnte sich anderweitig in der EU organisieren, um eine glaubhafte nukleare Abschreckung zu gewährleisten. Das wäre der Weg und den hate ich versucht zu skizzieren.


    Ich bin kein Teil der US-amerikanischen Streitkräfte, aber auch kein deutscher Staatsbürger. Mehr möchte ich jedoch nicht von mir berichten.


    Außer: Ich gehe gerne im Harz wandern (wenn Schneppe nicht da ist)

  • Frankreich hat das vor einiger Zeit mal angeboten, Deutschland zu beteiligen sofern sich Deutschland finanziell an der Moderniesierung der Atomwaffen Frankreichs beteiligt. Wurde von Deutschland abgelehnt weil politisch nicht vermittelbar zu der Zeit. Meine ich zumindest mal gelesen zu haben.

  • Auch heutige potentielle Maßnahmen wären nur schwer vermittelbar und ich befürchte mit der derzeitigen Regierungskoalition nur schwer umsetzbar, weil dann an anderen wichtigen Dingen gespart werden müsste.


    Aber ja, es muss dringend was passieren, auch im Hinblick auf die weitere Unterstützung der Ukraine, die weiter tapfer an der Dezimierung der russischen Streitkräfte arbeitet.


    Und auch bei Trump, sollte er Präsident werden, weiß man doch woran man ist.


    Die Aussage er würde Europa nicht verteidigen, münzt doch auf Kritik und Forderungen, die er deutlich formuliert hat.


    - Kommt euren Verteidigungsverpflichtungen nach.

    - Macht euch nicht noch mehr abhängig von Russland.

    - Handelspartner und nicht Konkurrent.


    Europa ist hier ein Stück weit Arrogant gegenüber den USA geworden in der fälschlichen Annahme von niemanden bedroht zu werden.


    Das Trump ein Mann der Taten (Abzug US Truppen aus Europa, Sanktionen gegen Firmen die an Nord Stream beteiligt, angedrohte Strafzölle gegen EU) ist, hätte man damals schon als Warnschuss auffassen sollen.