Ein sehr guter Text!

  • Dieser Text stammt von der Munichmanics Page und handelt im Prinzipt um Ultras in München, ist aber auf viele Szenen übertragbar. Meine ich jedenfalls!


    Ultra‘ – in München?
    Die Ultrageschichte hat sich beim FC Bayern anscheinend auch bald erledigt, womit endgültig das eigene Grab geschaufelt und das Fundament zur Bedeutungslosigkeit in den Fanszenen der Zukunft gelegt ist. Warum es so weit gekommen ist hat wohl viele Gründe, hier sind einige der wohl wahrscheinlichsten:


    anscheinend bewahrheitet sich der alte Aufnäherspruch "XY hat Fans – Bayern nur Zuschauer!" doch, denn wenn Leute, sogar aus der Fanszene, sagen, daß man dieses oder jenes nicht tun könne, weil man ja 3 sec. das Geschehen aus den Augen verlieren könnte, sind sie keine fussballverrückten Fans, sondern das, worum es ihnen eigentlich geht, Zuschauer.
    Sicher, eine Mentalitätsfrage, aber man sollte mal darüber nachdenken, wie fanatisch Leute z.B. im Ausland ihren Fußball leben, bevor man ihnen lächerlicherweise unterstellt, sie hätten nichts mit dem Sport am Hut, für den sie ihren letzten Zahn oder so verpfänden würden. Schon klar, wenn in Marseille auf jeder Hintertortribüne zehntausende Arm in Arm, verkehrt herum hüpfen, sich selbst, ihren vergötterten Club und vor allem ihre Gemeinschaft zelebrieren, haben sie mit Fußball nix zu tun, denn so ein Support ist ja angeblich "die dümmste Erfindung seit Kirch – TV", wenn man manchem Münchner Ketzer glauben darf, aber sonst geht’s noch gut, oder?
    einige sind aus Prinzip gegen alles was nicht aus ihrem Landkreis kommt, und bei Sachen aus dem Ausland muß man ja eh vorsichtig sein, hat die Urgroßmutter damals gesagt. Was der Bauer net kennt, frißt er net! Ist Euch vielleicht schon mal aufgefallen, das der Fußball nicht aus Euerem Landkreis kommt?
    die Ultrasache wurde falsch angefangen, nicht nur beim FC Bayern, z.B. als am Anfang ein, zwei wirklich gute Motive der Kultsendung Simpsons, die sicher repräsentativ für den Geschmack vieler Jugendlicher ist, verwendet wurden, führte das dazu, daß man sich aufgrund es Nachahmereffekts und völliger Unkenntnis der Sache schnell eher im Obletter – Kinderparadies wähnte, als auf der Tribüne eines Fußballstadions. Völlig sinnlose Comic – Doppelhalter, anstatt solcher, die in irgendeiner Beziehung zu unserer Szene oder unserem Leben bzw. "way of life" als Jugendliche gestanden hätten, führten natürlich dazu, das sich mancher an den Kopf langte und sagte, was ist das denn für ein Kindergarten. Und wieder war ein Teil des Potentials an Leuten weg.
    Das Aufkommen des Ultravorbilds fiel leider genau in die Zeit des Niedergangs der Fanszene bei unserem Verein, daher gibt es viele, die völlig frustriert der Erscheinung Ultra die Schuld dafür geben und sie z.T. wohl für immer verflucht haben, obwohl das eine mit dem anderen gar nichts zu tun hat. Gegenbeispiele sind Clubs deren Fanszene damals am Boden lag, als es bei uns noch gut war, bei denen sich erst später eine Ultraszene bildete und die davon mehr als nur profitiert haben...
    Da es in Deutschland nur ganz wenige Ausnahmefälle, in denen Ultra richtig praktiziert wird, ansonsten einen ganzen Haufen von Vereinen in denen es wie bei uns 40 – 50 Leute gibt, die verstanden haben, worum es eigentlich gehen sollte, sich aber nicht durchsetzen können und leider viel zu viele 5 – Mann Gruppierungen mit super wichtigen und fiesen Namen wie "Commando Ultra Irgendwas" und lächerlichen Symbolen und Auftritt gibt, wurde der Begriff "Ultra", der eigentlich für Qualität stehen sollte, verunglimpft und in den Dreck gezogen. Dies führte natürlich dazu, das er von älteren, bzw. Leuten die der Sache eher skeptisch gegenüberstanden schließlich auch abgelehnt wurde. Bei manchen Leuten innerhalb der Bayernszene wird der Begriff ja schon fast als Schimpfwort verwendet, was nur noch traurig ist. Die Leute identifizieren Ultra nicht mehr mit dem Vorbild aus dem Ausland, dem man GROESSTEN RESPEKT zollen müßte, sondern mit dem Möchtegern(eigentlich nicht mal das, denn sie wissen ja nicht mal worum es geht!) – Verhalten 15 – 17 jähriger Deutscher. Traurig!
    Persönliche Eitelkeiten von Leuten, die krampfhaft um ihren Stellenwert innerhalb der Fanszene bangen und deswegen nicht an Neuem, das von anderen kommt interessiert sind.
    Ein starker Generationenkonflikt
    Ein sehr starker Konflikt zwischen englischem und italienischem Vorbild innerhalb der Fanszene, was eigentlich traurig ist, bezeichnet sich doch München gerne als die nördlichste Stadt Italiens...
    Die fehlende Fähigkeit zuzugeben, das woanders etwas besser ist, als bei uns. Wenn Fans einer anderen Mannschaft, die wir nicht leiden können, geil drauf sind und ultramäßig abgehen, ist das eben per Definition scheiße, weil es ja die sind und nicht wir!
    Die fehlende Mentalität bzw. die nicht vorhandene Fähigkeit über das Rasenrechteck hinauszudenken. Ultra ist eine Lebenseinstellung, eine Jugendbewegung. Jede Generation von Jugendlichen hat ihre eigene Einstellung, ihre Ziele, ihre Träume, ihre Ängste, ihre Hoffnungen, ihre Komplexe, ihr Machogehabe, ihre Drogen, ihren Wunsch nach Freiheit und Selbstbestätigung, ihre Rebellion, ihre Musik, ihre Kultfilme, ihre Mode, ihr Selbstverständnis. Dies alles ist auch in Ultra gebündelt. Natürlich ändert sich vieles davon von Generation zu Generation. Die einzigen Konstanten bleiben die Familie der Fans, die Stadt, der Verein. Wenn man sich einen Supertifo mal aufmerksam anschaut, ist er nichts anderes als eine kleine Sozialkunde. Die Farben repräsentieren die Treue zu Stadt und Verein. Die Namen der Gruppen sind orientiert am Wunsch etwas darzustellen, am Wunsch nach Respekt, sie sollen eine gemeinsame Identität schaffen. Die Logos repräsentieren Macht und sollen zum Teil einschüchtern. Der Auftritt der Ultras demonstriert & zelebriert die Gemeinschaft und steckt voller Machogehabe. Man will beweisen, das man besser, cooler, härter, schöner, intelligenter ist, als die Jugendlichen der anderen Stadt, des anderen Vereins. Die in der Kurve verwendeten Symbole sollen das Selbstverständnis der in der Kurve stehenden Jugendlichen plakativ darstellen, ihnen eine Möglichkeit geben, sich selbst auszudrücken und darzustellen, um rüberzubringen, wie ihre Art des Lebens aussieht – so wie Schüler, die Ihre Ordner mit Dingen vollkritzeln, die sie beschäftigen und die sie für sich in Anspruch nehmen, für wichtig oder cool halten oder von denen sie ihren Weg des Lebens repräsentiert sehen. Es geht darum, den Charakter einer Kurve/Gruppe nach außen hin zu vermitteln und aller Welt zu zeigen und dieser Charakter ist nun einmal durch verdammt viel mehr geprägt als nur die "Institution Verein"! So gesehen sind Dinge, die manchen auf den ersten Blick sinnlos bzw. unverständlich erscheinen genau das Gegenteil, nämlich vielmehr Ausdruck bestimmter Ideologien! Symbole wie nackte Weiber, schäumende Biergläser oder Cannabisblätter sind pure Rebellion, sie bringen zum Ausdruck, das man Freiheit & Spaß haben will und sich nicht drum schert, was konservative Leute darüber denken. Chaos & Anarchie stehen für den Wunsch danach, nach eigenen Regeln zu leben, auf Autoritäten zu scheißen und einfach mit seinen Jungs Spaß zu haben. Gewalt ist größtenteils kein Selbstzweck wie bei Hooligans nach deutscher Definition, sondern passiert einfach, so wie wenn man zwei stolze Hähne mit geschwollenem Kamm aufeinander los läßt. Eigentlich alles normal für junge Leute zwischen 16 und 30, nur daß es halt für Ultras untrennbar mit Fußball verbunden ist. Fußball gehört zum Leben wie Essen, Trinken, Pissen, Schlafen, Sex. Aber auch all dies gehört umgekehrt zum Fußball. Alles hat mit Fußball zu tun – Fußball hat mit allem zu tun. Man ist nicht einfach nur fußballfixiert, es gibt gar keine Trennlinie. Ein Doppelhalter z.B. mit einem Cannabisblatt hat mit der jeweiligen Jugendkultur dieser Szene zu tun, die Szene aber mit der Kurve und somit dem Fußball. Also stellt sich gar nicht die Frage: "Was hat des denn mit Fußball zu tun?". Den Fußball als abgesondertes, eigenes Gebiet zu sehen ist einem Ultra völlig fremd: Fußball = Leben = Ultra. Jede Szene setzt hier sicher ihre eigenen Akzente, gemeinsam ist ihnen nur der Wunsch, das Team, und dadurch sich selbst und die eigene Heimat, siegen zu sehen und es mit durchgehender lautstarker Anfeuerung nach vorne zu peitschen bzw. sollte man nicht siegen, zu zeigen, daß man da ist und sein Revier markiert hat. Natürlich herrscht auch ein gewisser Ehrgeiz vor, das eigene Niveau zu steigern und so kommt es zu dem, was man allgemein als "Organisierten Support" bezeichnet, etwas was in Deutschland leider nahezu unbekannt ist: zu Choreographien, kreativen Melodien, minutenlangen Supports, koordinierten Supports von mehreren hundert oder tausend Leuten wo alles gleichartig klatscht und die selben Armbewegungen macht, Fahnen und Fähnchen, die andauernd geschwungen werden, um zu zeigen das der Block lebt, das jemand da ist, der hinter dem Team, hinter seiner Stadt steht und Beachtung für diese erzwingt!
    Bei uns in München gibt es halt leider nur Fußball, vielleicht noch ein bisserl Jugend, aber mit Sicherheit keine dies vereinigende Kultur! Man könnte so eine geile, attraktive Kurve oder zumindest Szene haben, die ein cooles, stilvolles Selbstverständnis hat und dieses auch nach außen sichtbar auslebt – wenn halt ein gewisses Verständnis da wäre! Genau diesen Teil jedoch, der da Jugendkultur heißt, lebt bei uns jeder für sich, und er hat mit Fußball nichts zu tun, sondern tritt bei vielen nur zu Tage, wenn sie etwas mit Leuten unternehmen, die nichts mit Fußball zu tun haben. Ins Stadion geht man nur um Sport zu gucken, den Rest lebt man woanders – oder, schlimmer, man kennt ihn gar nicht! Diejenigen von denen man denkt, hey, der ist echt in Ordnung, auf meiner Wellenlänge, mit dem kann man auch sonst bzw. überall ne Menge Spaß haben, kann doch jeder an seinen zehn Fingern abzählen! In einer Szene mit einer homogenen Jugendkultur, sollte aber der Großteil auf einer Wellenlänge liegen und die sollte aus mehr bestehen als nur dem gemeinsamen Fußballverein! Es gibt genügend Leute, die in bestimmten Situationen eher nicht erwähnen, das sie zum Fußball fahren, weil sie sich sofort mit dem Assoverhalten vierzigjähriger Bierbauchträger von vor 30 Jahren assoziiert sehen. Würden sie sich in einer Szene wiederfinden, die sie selbst für "stylish" empfinden würden, in der sie viele ihrer Vorstellungen und Werte wiederfinden würden, kurz auf die sie STOLZ wären, würden sie sich sicher nicht so verhalten. Abgesehen davon, würden noch viele andere geile Leute, die so verloren gehen, wenn sie in das Alter kommen, wo sie wirkliche Jugendkulturen kennenlernen, dabeibleiben bzw. dazukommen, statt nur ein paar mal im Jahr aus Sportinteresse ins Stadion zu gehen!
    Sehr aufschlußreich zu diesem Thema ist auch der MAILWECHSEL zwischen einem interessierten Vertreter der älteren Generation und einem von uns "jüngeren" Ultraorientierten (>>hier)


    Solltet ihr noch mehr Wissensdurst im Bezug auf Ultras haben, nützliche Hinweise und Einstiegspunkte zur Recherche findet ihr >>hier



    Leute, wir wissen, daß es die hier beschriebene tiefgehende Art von Ultra in München NICHT gibt, und bis jetzt auch noch bei keinem Spiel gab, Monaco war vielleicht ein Ansatz, Köln ein weiterer - und auch bei Heimspielen wäre so etwas eigentlich möglich. Wir wissen auch, daß WIR es irgendwie nicht hinbekommen, aus verschiedenen Gründen. Aber es ist sicher nicht unsere Schuld alleine, auch wenn wir versäumt haben rüberzubringen um was es geht.
    Was Ultra wirklich ist, das ist etwas, mit dem sich ALLE identifizieren könnten oder zumindest arrangieren, wenn sie denn wollten! Bis zu einem Effekt für die ganze Kurve, wäre es ein langer Weg, sicher über ein Kalenderjahr, aber der Effekt auf einen Haufen engagierter Supporter als Basis wäre unmittelbar!


    LASST UNS GEMEINSAM IN DIESE RICHTUNG GEHEN, FÜR BAYERN - FÜR UNSERE KURVE - FÜR UNSERE GEMEINSCHAFT, DENN DIESE DINGE ENTSPRECHEN SICH LETZLICH!
    SCHAFFEN KANN MAN ALLES - MAN MUSS ES NUR WOLLEN...

  • Ich finde den Text auch sehr gelungen und ist z.T. auch auf uns zutreffend. Allerdings ist es in Hannover nicht so schlimm wie in München. Hier ist die im Ultraszene im Fortschritt und nicht im Rückschritt.
    Zu einer Sache möchte ich noch was sagen: Ich glaube, dass wenn man nicht Stolz darauf ist, Ultra zu sein, kann man es gleich lassen. Deswegen finde ich die Pins auch gut, denn so kann man zeigen, dass man anders ist als die anderen.

  • Mühe hat sich der Autor ja gegeben, aber nachvollziehen kann ich seinen Artikel nicht. Ich zumindest gehe ins Niedersachsenstadion, weil es mir Spaß macht; und der hört bekanntlich da auf, wo der Ernst beginnt. Erfahrungsgemäß muss ich sagen, dass eine Szene immer dann im Untergang begriffen ist, wenn sich die Leute selbst zu ernst und wichtig nehmen. Und gerade als Fußballfan braucht man, denke ich, auch eine gute Portion Selbstironie.

    • Offizieller Beitrag

    das hier abgedruckte ist auch nur ein auszug.


    den kompletten text gibts unter http://www.mm96.de , übrigens eine der besten ultraseiten in deutschland, zumindest meiner meinung nach...


    ist übrigens kein 96 fanclub.....

  • die Situation in München kann man denke ich NICHT mit der in Hannover vergleichen!!! der FC Bayern spielt schon seit 30 Jahren erfolgreich und hat deshalb auch sehr viele Fans, während Hannover noch nicht mal annähernd so eine große szene vorweisen kann! Deshalb haben die Ultras hier auch noch größere Chancen die Szene nachhaltig zu beeinflussen -hoffentlich steigen wir auf dann können wir zeigen was für ein potenzial in uns steckt (hoffentlich...!!!).


    Ps: bn96 ist auch kein 96 Fanclub, bn99 aber schon (das heißt bn99 Hamburg natürlich nicht...).