Im Jahr 2007 hat das Berliner Institut für Bevölkerungsentwicklung die Studie „Not am Mann“ verfasst, in der es die Lebenslage junger Männer in den neuen Bundesländern analysiert hat.
Die Macher der Studie wiesen auf einen Zusammenhang in der prekären Lage junger Männer, die „auf dem Arbeitsmarkt, in der Bildung und bei der Partnerfindung benachteiligt“ seien. „Diese Personen sind damit von einer Teilhabe in wesentlichen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen. Da sich dieser Zustand bereits über Jahre verfestigt, ist zu befürchten, dass in den entsprechenden Regionen eine neue, männlich dominierte Unterschicht entstanden ist, die sich dauerhaft zu etablieren droht.“ Das Berliner Institut mahnte den sozialen Sprengstoff an, den das Ignorieren der Zukunftsprobleme junger Männer in sich birgt, u. a. auch das Ignorieren der Offenheit dieser Klientel zu dem, was man heute als „rechtspopulistisch“ bezeichnen würde.
Das Berliner Institut für Bevölkerungsentwicklung hat deshalb als wirksame Maßnahme für das Abdriften junger Männer in den Rechtsextremismus vor allem eine Bildungsförderung von Jungen und jungen Männern vorgeschlagen. Dabei sollten auch schon im Vorfeld Defizite, die die Bildungskarriere erschweren, ermittelt und beseitigt werden.
Die etablierten Parteien haben sich aber weder um die Entwicklung der Lebenslage junger Männer in den neuen Bundesländern noch um die vorgeschlagenen Maßnahmen geschert.
12 Jahre nach dieser Studie ist exakt das eingetreten, was das Berliner Institut für Bevölkerungsentwicklung vorhergesagt hat. Die ehemaligen „Volksparteien“ CDU und SPD verlieren in den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg trotz massiver Unterstützung der öffentlich-rechtlichen Medien erdrutschartig. In Sachsen ist die SPD sogar nur noch einstellig. In Brandenburg fliegt die FDP raus. Stattdessen wird die 2007 noch gar nicht existierende AfD in beiden Landtagen jeweils zweistärkste Fraktion. Jene Partei, denen die politisch Verantwortlichen der etablierten Parteien Rechtspopulismus unterstellen.
Warum wählen viele Männer die AfD?
Eigentlich müssten die etablierten Parteien begeistert sein. Alle wollen vorrangig von Frauen gewählt werden. Dafür gibt es in allen Parteien spezielle frauenpolitische Einrichtungen, die sich ausschließlich um die Anliegen von Frauen und Mädchen kümmern, bis hin zu Quoten bei Führungspositionen, bei der es allein darauf ankommt, dass man eine Vagina zwischen den Beinen hat. Und da es einen stillschweigenden Konsens gab, dass keine der etablierten Parteien sich um die berechtigten Anliegen und Belange von Jungen, Väter und Männer kümmerte, konnte auch niemand vom männlichen Wählerpotential profitieren. Nach den etablierten Parteien sollten Männer offenbar am besten gar nichts wählen. Und solange die Stimmen der Protestwähler sich auf die unzähligen Kleinparteien verteilten, störte es die etablierten Parteien nicht. Die AfD hat es offenbar geschafft, viele dieser politikverdrossenen Männer zu aktivieren.
Der bekannte britische und auch im US-Fernsehen äußerst prominente Journalist, Fernsehmoderator und Kommentator Piers Morgan ist der Auffassung, dass der Populismus [Anm.: gemeint ist hier ausschließlich der „Rechtspopulismus“] wachse, weil die [Links-] Liberalen unerträglich geworden seien. „Das sei, so Morgan, ein massives Problem geworden. Die Bürger haben die übertriebene »political correctness« satt.“ Die Linksliberalen seien zudem extrem autoritär geworden. Sie wollen allen anderen vorschreiben, wie man zu leben habe. Und wenn man ihren Anweisungen nicht folgt, wird man sogleich als „Faschist“ beschimpft, kritisiert Morgan. Es werde manchmal regelrechter Terror aufgebaut, bei dem unbescholtene Bürger wegen Kleinigkeiten von ihrem Job gefeuert werden oder vor anderen sozial bloßgestellt werden, nur weil sie sich weigern, den Idealen der „Linksliberalen“ zu gehorchen.
Könnte es sein, dass, dies übertragen auf die Geschlechtersituation in Deutschland, viele Männer eine Geschlechterpolitik der etablierten Parteien satthaben, die bis heute im Geschlechterkriegsdenken der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts stehen geblieben ist? Eine Politik, die die berechtigten Anliegen von Jungen, Vätern und Männern ignoriert und deren Probleme lediglich als positive Rückmeldung ihrer einseitigen Geschlechterpolitik feiern, die sich bis heute ausschließlich auf die Frauenfrage reduziert? Und könnte es sein, dass die männlichen Wähler ihren Unmut dadurch ausdrücken, dass sie ihre Stimme der Partei geben, bei der sie wissen, dass die etablierten Parteien sich am meisten ärgern, wenn sie diese wählen?