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"So wird Mertesacker verbrannt"
Am Samstag musste Hannovers Trainer Ewald Lienen auf seinen Shootingstar Per Mertesacker verzichten, der wegen Kreislaufbeschwerden gegen Freiburg nicht mitwirken konnte. Der Fußball-Lehrer macht im Interview unter anderem Bundestrainer Jürgen Klinsmann für den Ausfall seines Verteidigers verantwortlich.
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kicker: Zwischen Ihnen und Jürgen Klinsmann soll eine Absprache bestanden haben, dass Per Mertesacker im Länderspiel gegen Argentinien nicht durchspielt. Jetzt musste der Verteidiger in Freiburg nach einem Kreislauf-Zusammenbruch am Spieltag passen. Sagen Sie mal, Herr Lienen, sind Sie sauer auf den Bundestrainer?
Ewald Lienen: Ja, ich bin sauer! Es gab zwar keine Absprache, aber ich habe mehrfach darum gebeten, Per nicht durchspielen zu lassen. Doch das wurde ignoriert.
kicker: Was hatte Ihnen Anlass zur Sorge gegeben?
Lienen: Dass Per in einer schlechten körperlichen Verfassung war. Vor unserem Spiel gegen Dortmund war er tagelang krank. Während der Partie wurde ihm nach 60 Minuten schwarz vor Augen, was er allerdings erst hinterher verraten hat.
kicker: War das dem Bundestrainer bekannt?
Lienen: Natürlich, in allen Einzelheiten. Zudem hatte sich unser Klub-Arzt mit dem Internisten des DFB in Verbindung gesetzt. Es lag auf der Hand, dass ein Einsatz gegen Argentinien absolut kontraproduktiv sein würde.
kicker: Warum spielte Mertesacker dann trotzdem durch?
Lienen: Ich weiß es nicht und habe keinerlei Verständnis dafür. Zumal er im Spiel dann auch noch einen Schlag auf die Achillessehne bekommen hat. Ich bin sehr enttäuscht. Das ist eine absolute Missachtung des Vereins Hannover 96 und von mir als Trainer. Deshalb gehe ich jetzt auch ausnahmsweise einmal an die Öffentlichkeit. Nach so einem Vorfall habe ich keine Lust mehr auf interne Gespräche.
kicker: Wie lange müssen Sie jetzt auf Mertesacker verzichten?
Lienen: Das wird man sehen. Nächste Woche gegen Bremen werde ich ihn jedenfalls definitiv nicht spielen lassen. Selbst wenn er sich bis dahin erholt, wäre das sinnlos und fahrlässig.
kicker: War das Verhalten des Bundestrainers fahrlässig?
Lienen: So wie mit Per zuletzt verfahren wurde, war er gnadenlos überfordert. So wird der Junge verbrannt, ohne jede Rücksicht auf irgendwelche Verluste.
kicker: Kürzlich äußerten Sie, dass Mertesacker schon selbst mit dem Wunsch auf Sie zukommen müsste, bevor Sie ihn draußen lassen.
Lienen: Das war vor dem Bielefeld-Spiel, das er dann aber überhaupt nicht verkraftet hat, nachdem er kurzzeitig stabil war. Er ist ein junger Spieler, der sich noch an den Bundesliga-Rhythmus gewöhnen muss. Doch anstatt sich nach der Vorrunde ausruhen zu dürfen, wie es nötig gewesen wäre, musste er ja mit zur Asien-Reise.
kicker: Er selbst äußerte aber immer wieder, gerade vorm Argentinien-Spiel, sich gut zu fühlen.
Lienen: Klar, weil er froh ist, überhaupt dabei zu sein. Aber es stimmt, hier muss ich ein bisschen auch den Spieler in die Verantwortung nehmen. Er muss lernen, mal den Arm zu heben, wenn es nicht mehr geht.
kicker: Reagieren Sie nun mit einem speziellen Trainingsprogramm?
Lienen: Als erstes soll Per jetzt in Ruhe gesund werden, dann werden wir ein Aufbauprogramm mit ihm machen. Ob er übernächste Woche wieder spielt, warten wir mal ab. Die Hauptsache ist ja eh, dass wir ihn zum nächsten Länderspiel wieder fit kriegen. Das werden wir schon schaffen.
Interview: Thiemo Müller