Zitat
Original von Jan_96
Tja, echt scheiße für den Menschen, nicht?
Um mal auf die angesprochene Textpassage zu sprechen zu kommen. Ich will folgendes damit ausdrücken:
1. Solche Buffalos müßen sich nicht wundern, und dann rumschreien: "Warum sind hier hier alle so ausländerfeindlich?", nur weil da mal nicht einer alleine war auf den sich alle stürzen konnten sondern mal jemand anders überlegen wr.
2. Sollen dann die Medien nicht aufschreien: "Skandal, woher kommt der Rechtsruck?" Leute, es gibt keinen rechtssruck, die Tendenz nach rechts ist langsam aber stetig.
3. Brauchen wir dann nicht wieder diese komischen solidaritätsheuchelnden Lichterketten, die keinem Helfen, sondern nur das Gewissen der Leute beruhigen die daran teilnehmen. "Sehr her, wir fassen Ausländer an."
4. Für Deutsche die von Ausländern getötet wurden, gab es auch noch keine.
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zu 1.
Menschen sind keine "Buffalos".
Ich kann Gewalt auch nicht dann gerechtfertigt sehen, wenn sie Gegengewalt ist. Das meinte ich damit, daß wir die Wahl haben.
zu 2.
Ich kann Dir nur zustimmen, daß der "Rechtsruck" in Wirklichkeit eine langsame und dabei leider stetige Tendenz ist.
Daß die Medien dies so darstellen können oder wollen ist wohl eher unwahrscheinlich. Man traut dem gedruckten Wort oft zu viel zu. Also auch hier Zustimmung, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob Du das so gemeint hast.
Wenn Du das eher so gemeint hast, daß bestimmte Gruppen, deren Meinung Du nicht teilst, so etwas wie eine "Zensur" fordern, wenn über Straftaten von Ausländern berichtet wird, dann wäre das eine längere Diskussion.
Allerdings glaube ich, daß die wenig bringen würde. Zum Teil ist sie hier schon geführt worden, die Argumente sind sowieso allgemein bekannt ("Tatsachen sind Tatsachen" gegen "Statistiken kann man immer so lesen wie man will" und "Was Tatsache ist, muß keine Bedeutung in diesem Zusammenhang haben").
Ich denke, daß wir hier nicht weiterkommen, weil es dazu keine festen, quasi wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt und "Meinungen" schwer zu diskutieren sind, wir uns hier wohl kaum gegenseitig überzeugen können.
Was man aber immer bedenken sollte, zum Beispiel wenn plötzlich immer öfter betont wird, daß ein Starftäter keinen deutschen Paß hat, oder daß Rechte besonders viele Gewalttaten verüben, oder Linke, oder daß immer mehr Menschen bei Rot über die Straße gehen (ein absichtlich absurdes Beispiel), ist: Wem nützt es? Warum wird so berichtet?
Ein tatsächlicher "Ruck", ein Anstieg in einem Bereich ist ja selten. Warum also plötzlich diese vermehrte Berichterstattung? Warum machen die Nachrichtenleute das jetzt und so?
Einen Teil der Nachrichten kann man damit immer schon relativieren und ein obkjektiveres Bild der tatsächlichen Situation bekommen.
zu 3.
Ich kann Dir darin zustimmen, daß es besser ist, sich alltäglich für das friedliche Zusammenleben der Menschen einzusetzen. Und daß viele, die in Lichterketten stehen, heucheln und nur Angst um eigene Interessen haben, ist sehr wahrscheinlich. Mein Ding sind solche Sachen auch nicht.
Andererseits sind Straftaten aus Fremdenhaß etwas anderes als solche aus Streit, Eifersucht, Habgier oder aus einem Brausekopf heraus. Wenn jemand nur deswegen angegriffen wird, weil er "ausländisch" aussieht, wenn regelrechte Hatz betrieben wird, also System dahinter steckt, ohne "persönlich" zu sein, dann hat das eine andere Qualität. Das schafft eine Grenzlinie zwischen den "Deutschen" und den "Ausländern", in der alle gezwungenermaßen der einen oder anderen Seite zugerechnet werden. Und bei vielen in den Lichterketten war es einfach der hilflose Versuch, diese Grenzen aufzulösen, den Gewalttätern zu zeigen, daß sie keine Unterstützung erfahren, daß sie sich nicht einer Frontlinie zurechnen zu lassen.
zu 4.
Deutsche, die von Ausländern getötet wurden, in systematischer Hatz, nur weil sie Deutsche sind, und das in vielen Städten quer durch Deutschland, also nicht aus Streit, Eifersucht, Habgier oder einem Brausekopf heraus, das ist genauso furchtbar. Weißt Du von konkreten Fällen? Ich weiß keinen. Weder aus der Zeitung noch aus der Umgebung, und ich bin, was mein Viertel angeht, das eigentlich prädestiniert für solche Aktionen wäre, ganz gut informiert.
Das nichts in der Zeitung steht, kann natürlich an der "gekauften Presse" liegen (das andere böse Wort, das in diesem Zusammenhang oft fällt, will ich gar nicht erst nennen), aber ich kann Dir so viel dazu sagen, daß ich in einem Viertel in Berlin lebe, das (jedenfalls vor der Bezirksreform) die größte türkische Gemeinde außerhalb der Türkei stellte, mehr als in Kreuzberg, die anderen Nationen noch nicht mit eingerechnet.
Ich habe gute und schlechte Erfahrungen mit den Deutschen wie mit den Ausländern gemacht (die übrigens schon oft seit den 60ern hier leben). Ich habe eine Zeit lang in einer Videothek hier gejobbt, also einem Ort, wo man leicht Ärger mit seinen Kunden bekommen kann, wenn z.B. ein Videospiel in zwei Teilen zurückkommt und man dem Kunden klarmachen muß, daß es nun teuer wird.
Und mein persönliches Fazit ist, daß die Frage, wer Ärger macht, unabhängig von der Nationalität ist. Zweimal mußte ich die Polizei rufen, einmal für einen Deutschen, einmal für einen Ausländer. Einmal habe ich mir einen Geleitschutz für den Feierabend im Freundeskreis zusammentelefoniert, weil mir von einer gemischten Gruppe Jugendlicher (ich schätze mal fifty-fifty deutsch-ausländisch) gedroht wurde, daß sie mich auf dem Heimweg abpassen würden, und das in diesem Fall ernst zu nehmen war. Das war alles. Ob jemand höflich war oder mit Hausverbot zu belegen, ob ich als Frau hinter dem Tresen ernst genommen wurde oder nicht, hing nicht von der Nationalität ab.
Wenn ich hier nachts rumlaufe habe ich keine Angst, was mir in Hannover allerdings öfter schon mal passiert ist, auch wenn keine Ausländer weit und breit zu sehen waren. Ich bin in Berlin schon in den besoffensten Zuständen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch die Stadt gefahren. Sicher gab es auch brenzlige Situationen, aber die waren noch nie von der Nationalität abhängig, es haben mir auch ausländische Jugendliche geholfen, wenn mich jemand, egal welcher Nationalität, abgenervt hat, genauso wie umgekehrt. Ich wurde schon zu Ramadanfeiern eingeladen und zu türkischen Hochzeiten.
Ich finde das auch merkwürdig, wenn jemand 20 Jahre hier lebt und kein Wort deutsch spricht. Ich kann das nicht nachvollziehen. Mir wurden auch schon Vorurteile von Ausländern entgegengebracht, aber Spießer, Dumme, Rassisten, Verbrecher usw. gibt es überall, warum sollten die Deutschen da priviligiert sein?
Vorurteile sind ja an sich erst einmal normal. Es bedeutet ja nichts als eine Einordnung von Ähnlichkeiten nach der Erfahrung. Wenn wir das nicht machen würden, müßten wir jeden Tisch und jede Tür ganz neu lernen und der Urmensch hätte nicht überlebt, wenn er bei jedem Tier neu überlegt hätte: "Mh? Groß, Rüssel, Stoßzähne, rennt auf mich zu? - Das will bestimmt nur spielen." Und wenn mir im Dunkeln drei Omas entgegenkommen, reagiere ich anders als bei drei Jugendlichen mit Baseballschlägern. Was in vielen Fällen sicher auch richtig und überlebensfördernd ist. Was ich aber nie ausschließen kann ist, daß die Omis plötzlich Lady-Revolver aus den Handtäschen ziehen und die Jugendlichen mit den Baseballschlägern mich nach dem Weg zum Moonlight-Baseball fragen. Unwahrscheinlich, aber möglich.
Und solange ich in keiner Gefahrensituation bin, sollte ich jedem Menschen nach der automatischen Einordnung die Möglichkeit geben, mich zu überraschen. Vorurteile kann man nur durch eigenes Erleben, daß es auch anders sein kann, überwinden. Vielleicht haben viele einfach nicht genügend Möglichkeiten dazu.
Und ein überzeugendes Argument für Gewalt, egal von wem gegen wen, habe ich immer noch nicht.