Beiträge von SnoopDogg96

    Der Familienmensch


    Heckings Entscheidung für Frau, Kind und 96 – aber nicht gegen Alemannia Aachen


    Von Jörg Grußendorf
    Hannover. Die Begründung passt zu Dieter Hecking. Der 41-Jährige hat sich „ausschließlich aus privaten Gründen“ für Hannover 96 entschieden. Eigentlich könnte es auch gar nicht anders sein. Natürlich ist Hecking ein erfolgreicher und inzwischen sehr bekannter Fußballtrainer. Aber in erster Linie ist er Familienmensch. Ehemann und Vater.
    Er braucht die Nähe zu seiner Frau Kerstin und seinen fünf Kindern Maria-Lena, Theresa, Charlotte, Jonas und Aaron. „Ich fahre in jeder freien Minute heim“, sagte Hecking vor kurzem. Dennoch hat er sich nie dazu entschließen können, seine Familie zu einer seiner Stationen mitzunehmen. Sie ist die gesamten sechs Jahre, die er inzwischen Trainer ist, in Bad Nenndorf wohnen geblieben – seit etwa vier Jahren in einem eigenen, nach den Vorstellungen der Heckings errichteten Haus.
    „Meine Frau und meine Kinder sind dort fest verwurzelt“, sagte der 41-Jährige vor einigen Wochen, „so kann ich sie von der Hektik des Fußballgeschäfts fern halten. Auch wenn die räumliche Trennung schwer fällt.“ Wohl zu schwer. Jetzt ist er seiner Familie viel näher. Seine Familie aber auch dem Fußballgeschäft. Etwas, was Hecking wichtig war, wird vorbei sein: unbehelligt durch die Innenstadt Bad Nenndorfs zu laufen. Das Städtchen gehört zum Einzugsgebiet der „Roten“ …
    Dafür ist die Familie aber wieder vereint. Das ist Hecking wichtig; und mit dem Wechsel zu den „Roten“ hat er einen weiteren wichtigen Schritt für sich gemacht: 96 ist ein Karrieresprung – von einem Aufsteiger zu einem etablierten Bundesligisten – und irgendwie ein lang gehegter Wunsch für ihn. Aus Letzterem hat er nie ein Hehl gemacht. „96 ist der Verein, in dem ich während meiner aktiven Zeit die meisten positiven Dinge erlebt habe“, sagte er und nennt die Relegationsspiele gegen Energie Cottbus und TB Berlin und den knapp verpassten Aufstieg in die 1. Liga 1999. Mit seinem damaligen Teamgefährten Carsten Linke (jetzt 96-Sportmanager) ist er befreundet; mit Steve Cherundolo und Altin Lala hat er seinerzeit noch zusammengespielt.
    Er genießt eine große Akzeptanz bei den 96-Fans. Hecking mag Hannover, und Hannover mag Hecking – selbst seinen einjährigen Abstecher zum Erzrivalen Eintracht Braunschweig haben die Fans verziehen. Hecking hat es sogar als einer der wenigen Sportler geschafft, dass in beiden Städten mit Hochachtung von ihm gesprochen wird. Selbst in Aachen sind die Fans ihm trotz des überraschenden Wechsels nicht böse. Ein Blick in die Internetforen der „Roten“ beweist das. Die Alemannia-Anhänger sind traurig, dass Hecking geht, sie verstehen aber seine Entscheidung – für die Familie und 96, aber nicht gegen die Alemannia.

    Neustart mit Hecking


    Hannover (hr/gru/wie). Für die Kürze seiner offiziellen Mitteilungen ist Fußball-Bundesligist Hannover 96 bekannt, vier Sätze war dem Klub am 30. August die Trennung von Trainer Peter Neururer wert. Doch 96 bevorzugt auch bei positiven Nachrichten die Kurzform, wie gestern Abend um 18.46 Uhr zu sehen war. Die Verpflichtung von Dieter Hecking als neuen Trainer und Neururer-Nachfolger gaben die „Roten“ kurz und knackig bekannt: „Hannover 96 und Alemannia Aachen haben sich über diesen Wechsel verständigt. Hannover 96 freut sich auf die Zusammenarbeit mit dem Chef-Trainer Dieter Hecking.“
    Am späten Nachmittag hatte der Verein nach zähem Ringen geschafft, was bei Bekanntwerden des Vorhabens als eher unwahrscheinlich erschien: 96 einigte sich mit dem Bundesligakonkurrenten darauf, dass Hecking die Seiten wechseln darf – für geschätzte 700 000 Euro Ablösesumme. Am 3. Spieltag hatte der 41-Jährige mit Aachen bei Hannover 96 gewonnen (3:0), am 4. Spieltag beim VfL Wolfsburg sitzt er nun selbst bei den „Roten“ auf der Bank. „Dieter Hecking ist unsere Wunschlösung“, sagte 96-Klubchef Martin Kind, „er hat eine hohe Emotionalität zum Verein und viele positive Eigenschaften. Die Erwartungen sind groß, dass er gute und erfolgreiche Arbeit abliefert.“
    96 will Hecking, Hecking will zu 96: Das stand nach der ersten Kontaktaufnahme vor ein paar Tagen schnell fest. Was danach begann, war ein Pokerspiel, bei dem sich alles um zwei Fragen drehte: Lässt Aachen den Trainer gehen, der noch einen Vertrag bis 2009 hat? Und wenn ja: Für wie viel Geld? Am späten Nachmittag herrschte gestern Klarheit. „Vorstand und Sportdirektor sind zu der Überzeugung gekommen, dass die Zielsetzung des Vereins bei einem Verbleib von Dieter Hecking gefährdet gewesen wäre. Der Trainer hat schwer wiegende private Gründe angeführt“, sagte Alemannia-Präsident Horst Heinrichs. Hecking, der mit seiner Frau und den fünf Kindern in Bad Nenndorf wohnt, hatte den Wunsch geäußert, wieder in der Nähe seiner Familie arbeiten zu können.
    „Ich muss mich bei der Alemannia bedanken, dass sie mir diesen Schritt auf Grund meiner Gründe ermöglicht hat“, sagte Hecking, „so etwas ist im Profifußball weiß Gott nicht alltäglich.“ Der 41-Jährige meinte, dass er mit einem weinenden und einem lachenden Auge in seiner Wohnung am Aachener Markt sitze: Das lachende blicke nach Niedersachsen, das weinende auf Nordrhein-Westfalen. „Es waren zwei schöne und sehr emotionale Jahre hier“, sagte Hecking. „Ich habe die Zeit genossen. Danke Alemannia, aber jetzt freue ich mich auf Hannover.“
    Hecking weiß noch nicht, wann er seine Arbeit aufnehmen wird. „Vielleicht am Sonntag, vielleicht am Montag“. Er weiß aber, dass er auf keinen Fall morgen beim Pokalspiel der „Roten“ in Dresden auf der Trainerbank sitzen wird. „Der Michael Schjönberg hat die Mannschaft vorbereitet, er soll das jetzt auch durchziehen“, sagte er. Doch danach beginnt die Ära Hecking – mindestens bis 2009, so oder länger soll die Vertragslaufzeit fixiert werden. Hecking deutete gestern an, was die Mannschaft erwartet: „Wir müssen viel arbeiten.“ Auch umgekehrt herrscht Klarheit. Mit Hecking soll auch der Erfolg zurückkommen.


    Das ist Dieter Hecking


    Geboren: 12. September 1964, Castrop-Rauxel.
    Stationen als Spieler: Westfalia Soest, Soester SV, Bor. Lippstadt, 1. FC Paderborn, Bor. Mönchengladbach (1983 bis 1985), Hessen Kassel (1985 bis 1990), Waldhof Mannheim (1990 bis 1992), VfB Leipzig (1992 bis 1994), TuS Paderbon-Neuh. (1994 bis 1996), Hannover 96 (1996 bis 1999), Eintr. Braunschweig (1999 bis 2000).
    Größter Erfolg als Spieler: Bundesliga-Aufstieg mit dem VfB Leipzig (1993), 36 Erstligaspiele.
    Stationen als Trainer: SC Verl (2000 bis 2001), VfB Lübeck (2001 bis 2004), Alemannia Aachen (1. Juli 2004 bis 7. September 2006).
    Größte Erfolge als Trainer: Einzug in die 3. Runde des UEFA-Pokals 2004/2005 mit Aachen, Aufstieg in die 1. Liga mit der Alemannia im Mai 2006, Aufstieg mit Lübeck 2002.

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    Eine lässliche Sünde


    VON UWE VON HOLT
    Schön, wenn nach einer spontanen und recht heiklen Kurvenfahrt alle heil am Ziel sind. Dieter Hecking wird also morgen in Hannover glücklich aus dem Auto steigen, als Trainer von 96, als Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
    Klubchef Martin Kind wird beim Überweisen der Ablöse für Hecking noch mal seufzen, dann darf er sich zufrieden zurücklehnen – er hat die aktuelle Idealbesetzung für den Trainerjob verpflichtet: Dynamisch, fachlich anerkannt, regional verwurzelt, ein Sympathieträger bei den Fans.
    Sollte Kind ein schlechtes Gewissen haben, können wir ihn beruhigen: Es ist eine lässliche Sünde in der Bundesliga, einen Trainer aus einem laufenden Vertrag herauszukaufen. Schließlich kann sich Aachen mit einem Haufen Geld trösten und wird schnell einen neuen Coach finden, es muss ja nicht unbedingt Bruno Labbadia sein.
    Hecking muss sich auch keine Vorwürfe machen. Er hat Aachen in die Bundesliga gebracht, und er hat mutig zugegriffen, als sich die Chance seines Lebens bot. Schon immer war es Heckings größter Traum, 96-Trainer zu werden.
    Natürlich kann nun auch ein engagierter und erfahrener Mann wie er nicht versprechen, dass im Handumdrehen alles besser wird, und 96 Ende Oktober auf Platz neun steht. Hecking hat die Mannschaft nicht zusammengestellt, muss motivieren und improvisieren. Der Trainer braucht Zeit, ein bisschen Glück und die Unterstützung des Umfeldes. Aber dann ist ihm mit 96 eine Menge zuzutrauen.

    Die Reaktionen


    96-Boss Martin Kind: Dieter Hecking hat in den drei höchsten Ligen erfolgreich gearbeitet und bringt emotionale Nähe zum Verein mit. Außerdem lebt seine Familie in der Region Hannover. Wir erwarten, dass er seine gute Arbeit bei Hannover 96 fortsetzt.
    96-Sportmanager Carsten Linke, der als Profi zwei Jahre lang bei 96-Reisen Zimmergenosse war: Ich freue mich sehr, dass Dieter zu uns kommt. Er ist ein echter Roter und hat den Kontakt zu uns nie abreißen lassen. Wir haben seinen Weg in den letzten Jahren immer verfolgt. Toll, dass es jetzt geklappt hat. Er hat bewiesen, dass er ein guter Trainer ist. Ich wünsche mir, dass mit ihm jetzt wieder Ruhe bei 96 einkehrt.
    Aachens Sportdirektor Jörg Schmadtke: Persönliche Gründe sind persönlich. Aber wenn sie nicht so schwerwiegend gewesen wären, hätten wir sofort einen Riegel vorgeschoben.
    Horst Heinrichs, Präsident von Alemannia Aachen: Der Trainer hat schwer wiegende private Gründe angeführt. Ohne die Schwere dieser Gründe hätten wir wegen der Vertragssituation von Herrn Hecking den Gesprächen mit Hannover überhaupt nicht zugestimmt. Bei einem Verbleib von Dieter Hecking wäre die Zielsetzung des Vereins gefährdet gewesen.
    Thomas Brdaric: Ich kenne Dieter Hecking zwar noch nicht, habe aber nur Gutes von ihm gehört. Ich freue mich, dass der Verein seinen Wunschtrainer bekommt.
    HSV-Trainer Thomas Doll: Für mich wäre so was nie in Frage gekommen. Aber das muss jeder für sich entscheiden.

    „Die Mannschaft wird sich zusammenreißen – und gewinnen“


    Dieter Hecking, wie schwer fällt es Ihnen, die Aachener Mannschaft zu verlassen?
    Sehr schwer. Das ist eine sehr emotionale Bindung gewesen zwischen uns. Ich kann verstehen, dass es bei den Spielern Enttäuschung gibt. Wir sind gemeinsam einen erfolgreichen Weg gegangen. Ich muss auch dem Verein Alemannia Aachen danken, dass er Respekt vor meiner Persönlichkeit und vor meinen Beweggründen gehabt hat – und dass man mir die Riesen-Herausforderung bei 96 ermöglicht hat.
    Werden Sie im Pokalspiel am Sonnabend schon als 96-Trainer auf der Bank sitzen?
    Das ist nicht angedacht. Die Mannschaft wird sich zusammenreißen – und gewinnen. Sie muss sich erst mal selber helfen. Ich kann nur versuchen, die Verkrampfung zu lösen. Ich werde versuchen, wenig hektisch zu sein und gemeinsam mit der Mannschaft etwas Ruhe reinzubringen.
    Wie schätzen Sie das Potenzial der 96-Mannschaft ein?
    Das kann ich vorm Beginn meiner Arbeit noch nicht sagen. Gegen Bremen hat sie 70 Minuten lang gut gespielt, gegen Hertha dann nicht mehr so gut.
    Braucht das Team Verstärkung während der Saison?
    Die Transferperiode ist ja abgelaufen. Ich bin auch kein Freund davon, alles über den Haufen zu werfen. Die Mannschaft hat ja schon gezeigt, dass sie Fußball spielen kann. GN

    Das ist jetzt Ihr Stuhl, Herr Hecking!


    800 000 Euro Ablöse. Der neue 96-Trainer fängt Sonntag an.


    96 hat seinen Wunschtrainer bekommen – Dieter Hecking wechselt für 800 000 Euro Ablöse von Aachen nach Hannover.
    VON GUNTHER NEUHAUS
    HANNOVER. Professor Horst Heinrichs war gestern „traurig“. Alemannias Präsident hatte „erwartet, dass wir noch eine lange Strecke gemeinsam gehen“, doch der Weggefährte Dieter Hecking bog gestern nach Hannover ab. Um 17.42 Uhr kam die Freigabe aus Aachen – per Fax.
    Der 96-Wunschkandidat war „einfach glücklich“, dass er nach fünf Jahren als Berufspendler zu seiner in Bad Nenndorf lebenden Familie zurückkehren und den Traumjob bei 96 antreten darf.
    Hecking bekommt einen Vertrag bis 2010 und soll 500 000 Euro im Jahr verdienen – doppelt so viel wie in Aachen. 96 überweist 800 000 Euro als Schmerzens- und Trennungsgeld. Nachschläge werden je nach Erfolg in der Bundesliga fällig, zunächst für den Klassenerhalt, aber auch für das etwaige Erreichen des Europapokals.
    „Eine Ablösesumme zu zahlen und einen Trainer aus einem bestehenden Vertrag herauszukaufen, ist sicher ein bisschen ungewöhnlich“, weiß 96-Boss Martin Kind. „Aber es war eine freie Entscheidung der Beteiligten.“
    Die Aachener Spieler jedoch reagierten enttäuscht. „Gerade war das Selbstvertrauen wieder da, plötzlich wird wieder alles über den Haufen geworfen“, klagte Reiner Plaßhenrich, der mit Hecking schon in Verl und Lübeck zusammengearbeitet hatte. Er warf 96 vor, es sei „unglücklich, an einen Trainer heranzutreten, der einen langfristigen Vertrag bei einem Konkurrenten hat“.
    Tatsächlich schwächt 96 einen Wettbewerber im Abstiegskampf – und zwar den, der mit dem 3:0 vor 13 Tagen den Rauswurf von Peter Neururer forciert hatte. Den wechselwilligen Trainer zu halten, hätte aus Aachener Sicht allerdings keinen Sinn mehr gemacht. „Er hatte Gründe, die seine weitere Arbeit mit 100 Prozent Leistung und Engagement zweifelhaft erscheinen ließen“, sagte Präsident Heinrichs.
    Hecking will sich heute Früh in Aachen „anständig von der Mannschaft verabschieden“ und dann nach Hannover kommen. Das 96-Team wird sich bei seiner Ankunft schon nach Dresden verabschiedet haben, Interimstrainer Michael Schönberg soll morgen beim Pokalspiel als Chef auf der Bank sitzen. Er freut sich „wahnsinnig. Das Gefühl, dass man die Mannschaft leitet, ist ja doch besser, als nur Kotrainer zu sein.“
    Ab Sonntag wird Schönberg aber wieder nur Assistent sein, einer von vielen. Denn Hecking will seinen Kotrainer Dirk Bremser nachholen. „Ich denke, es ist verständlich, dass man auf seine Vertrauensperson nicht verzichten will“, sagte Hecking. Bremser soll heute aber das Training leiten und die Aachener Mannschaft auch beim Pokalspiel am Sonntag in Chemnitz betreuen. Bremser muss mit Aachen noch über seinen Abschied verhandeln, ehe er sich bei 96 in die üppig besetzte Trainerriege einreihen kann.

    Hecking erhält die Freigabe


    [Blockierte Grafik: http://www.alemannia-aachen.de…t/co/topnews/6807_2.g.jpg]


    Dieter Hecking erhält von Alemannia Aachen die Freigabe zum sofortigen Wechsel zu Hannover 96. Beide Vereine haben sich am Donnerstag auf die Modalitäten des Wechsels geeinigt.


    „Vorstand und Sportdirektor sind zu der Überzeugung gekommen, dass die Zielsetzung des Vereins bei einem Verbleib von Dieter Hecking gefährdet gewesen wäre. Der Trainer hat schwer wiegende private Gründe angeführt. Ohne die Schwere dieser Gründe hätten wir wegen der Vertragssituation von Herrn Hecking den Gesprächen mit Hannover überhaupt nicht zugestimmt“, so Präsident Professor Horst Heinrichs.


    http://www.alemannia-aachen.de…icht/6807.news_detail.htm

    Roter Platz


    Lösegeld


    Erinnert sich noch jemand an Peter Neururer? Ehemaliger Trainer von Hannover 96, nicht besonders erfolgreich, aber selbsterklärend. Er sei jemand, so hat Neururer neulich gesagt, der in kürzester Zeit jede Mannschaft in einen außergewöhnlichen Zustand bringen könne. Das hat er in Hannover eindrucksvoll bewiesen. Falls sich also ein Verein dem zweifellos spannenden Nervenkitzel von elf Partien ohne Sieg oder Abgeschlagenheit in nur drei Spielen aussetzen will – der richtige Mann sitzt in Gelsenkirchen. Selbstredend.
    Vielleicht hat ja Alemannia Aachen Interesse. Dort wird demnächst vermutlich die 96-Abfindungskommission im eigens geleasten vereinseigenen Geldtransporter der „Roten“ vorfahren, Lösegeld auskippen, mit Sketchen und Jonglage gute Laune verbreiten, zum Abschluss gemeinsam „Abstieg ist ein scharfes Schwert“ singen, Dieter Hecking einsacken und mit quietschenden Reifen vom Hof fahren. Der Clou: Obendrauf gibt’s für Aachen noch zwei tatendurstige hannoversche Überraschungsreservisten, einen Kotrainer nach Wahl, fünf Saisondauerkarten Osttribüne für die AWD-Arena und den Managerratgeber „Einkaufen mit Ilja“ dazu. Alles frei nach dem Prinzip „Sales & Service“, das sich in Hannover nach der mertesackerschen Gewinnausschüttung auch bei den Vertragsverhandlungen durchgesetzt hat. Dieter Hecking (oder auch Dieter Dutt, Dieter Labbadia oder Dieter Luhukay) wird der erste Trainer sein, der von vornherein kein Gehalt, sondern eine monatliche Abfindung bekommt, die dann bei Nichtgefallen mit der Restsumme inklusive Rückführung nach Aachen oder Bad Nenndorf verrechnet werden kann. Denkbar ist momentan auch eine Lösung mit vier Cheftrainern bei erfolgsabhängiger Bezahlung (was bei Neururer sehr günstig geworden wäre).
    Gelingt es Martin Kind dann noch, Rene C. Jäggi als Präsidentenberater auf Honorarbasis zu gewinnen, Robert Enke das interdisziplinäre Vertragsmodell „Lebenslänglich mit anschließender Sicherheitsverwahrung“ schmackhaft zu machen und mit dem Lösegeldtransporter in Prag vorzufahren, um dort noch ein hoffnungsvolles Mittelfeldtalent abzuholen, dann hat sich die typisch hannöversche unterhaltsame Trainer- und Geschäftsführersuche für jedermann zum Mitraten doch wieder einmal gelohnt. Und das hannoversche Publikum wird in kürzester Zeit in einem außergewöhnlichen Zustand sein.


    Der Platzwart

    Der Kampf um Hecking


    Hannover 96 bekommt den Trainer von Alemannia Aachen nur für viel Geld / Heute soll die Entscheidung fallen


    Hannover/Aachen (fe/gru). Der Medienauflauf war erheblich größer als sonst. Sogar ein Fernsehteam war vorbeigekommen – auf dem Trainingsgelände von Alemannia Aachen eine Besonderheit. Alle waren gespannt: Wie verhält sich der Trainer Dieter Hecking bei seiner ersten Übungseinheit nach Bekanntgabe des Angebots aus Hannover – oder bei der letzten unter seiner Leitung bei den Aachenern?
    Nun, das Training begann zumindest anders als sonst. Hecking versammelte die Mannschaft um sich. Mit kurzen, knappen Worten informierte der 41-Jährige seine Spieler über den Stand der Dinge. „Ich habe ihnen gesagt, dass 96 großes Interesse an meiner Verpflichtung hat“, erklärte Hecking hinterher. Ansonsten habe er sich eher bedeckt gehalten, hieß es aus Spielerkreisen.
    Über den Kampf, der in seinem Inneren tobt, hat der Trainer seinen Profis nichts erzählt. Davon, dass er aus persönlichen Gründen – seine Familie wohnt in Bad Nenndorf – wohl lieber heute als morgen nach Hannover ginge. Oder davon, dass es ihm außerordentlich schwer fällt, „seine Mannschaft“ (Hecking) zu verlassen. Die Tendenz geht deutlich Richtung Hannover und damit Richtung Familie.
    Vorher hatte Hecking etwas mehr von diesem inneren Zwiespalt preisgegeben – in einem Treffen mit dem Alemannia-Präsidium. Offenbar ohne große Wirkung. „Es ist meine feste Absicht, dass Hecking bei uns bleibt“, sagte Aachens Klubchef Horst Heinrichs, „darüber haben wir heute sehr ernsthaft diskutiert.“
    Ernsthaft geredet wird seit gestern zwischen 96 und Alemannia; Hecking hat bei dem Wechselspiel nur noch eine Zuschauerrolle: Der Ball liegt bei den Vereinen. Die Hannoveraner haben ihr Interesse offiziell bekundet, die Aachener sich bereit erklärt, „in dieser besonderen Situation“ (Manager Jörg Schmadtke) mit den „Roten“ zu verhandeln.
    96-Klubchef Martin Kind bekam gleich deutlich zu hören, dass es nicht einfach sein wird, Hecking bei der Alemannia loszueisen. „Das ist äußerst schwierig“, sagte er, nachdem er mehrmals mit Aachens Sportdirektor Jörg Schmadtke telefoniert und die finanziellen Vorstellungen der Westdeutschen erfahren hatte. 96 müsste den Trainer aus einem bis 2009 gültigen Vertrag herauskaufen, eine Ausstiegsklausel für Hecking gibt es nicht. Nach Informationen der HAZ soll sich die ursprüngliche Aachener Forderung auf vier Millionen Euro belaufen haben. Es gebe eine „Schmerzgrenze“, sagte Kind, der möglichst heute noch Klarheit haben möchte, ob es mit dem Trainer-Transfer klappt oder nicht.
    Für Hecking sprechen seiner Einschätzung nach gleich mehrere gute Gründe. Man könne ihn durchaus als Hannoveraner bezeichnen, er habe sportlich einiges vorzuweisen, sei eine starke Persönlichkeit mit Durchsetzungskraft, arbeite erfolgsorientiert und könne gut motivieren. Auch das macht deutlich, dass Hecking der Wunschkandidat für die Nachfolge von Peter Neururer ist.
    Sollte es zu keiner Einigung mit dem Bundesligakonkurrenten kommen, „dann ist das zu respektieren“, sagte Kind. Für diesen Fall hätte 96 noch vier weitere Kandidaten zur Auswahl. Mit Bruno Labbadia und Jos Luhukay (beide vereinslos) hat Kind vorgestern gesprochen; Robin Dutt (Stuttgarter Kickers) ist der Nächste in dieser Runde. Der 96-Klubchef bestätigte die Meldung der HAZ, dass der weithin unbekannte Coach bei der Trainersuche eine Rolle spielt. „Er steht auf unserem Zettel“, sagte Kind. Hinzu käme ein weiterer Anwärter.



    Die Aachener Erklärung


    „Alemannia Aachen hat von Hannover 96 eine Anfrage um Freigabe von Trainer Dieter Hecking aus seinem laufenden Vertrag erhalten. Die leitenden Gremien des Vereins und der Sportdirektor haben sich unmittelbar zusammengesetzt, um das primäre Ziel, Dieter Hecking in Aachen zu halten, zu ermöglichen. In einem langen und ernsthaften Gespräch mit dem Trainer wurden die Gesichtspunkte ausgetauscht, die für einen Verbleib in Aachen oder eine Gesprächsaufnahme mit Hannover 96 maßgeblich sind. Dieter Hecking führte in diesem Gespräch ausschließlich private Gründe an, auf die Anfrage von Hannover 96 überhaupt einzugehen. Deshalb und ungeachtet der Vertragssituation wurde Sportdirektor Jörg Schmadtke gebeten, mit Hannover 96 Kontakt aufzunehmen. Weiterhin besteht von Seiten der Alemannia der Wunsch, Dieter Hecking in Aachen zu halten.“


    Mit dieser Pressemitteilung reagierte Alemannia Aachen gestern auf das Vorhaben von Hannover 96, Dieter Hecking zu verpflichten.

    Anstoss


    Eine sinnvolle Investition


    VON UWE VON HOLT
    Manchmal ist es doch einfach, Boss von Hannover 96 zu sein. Martin Kind ist ja gerade dabei, einen Trainer einzustellen, den ausnahmsweise alle gut finden. Aachens Dieter Hecking passt so perfekt ins Anforderungsprofil, dass es fast beängstigend klingt: Er ist mit 41 jung und dynamisch genug, er hat bei mehrenen Vereinen Erfahrung gesammelt, ist schon im Europapokal gewesen, steht für ein überzeugendes Konzept auch mit Nachwuchskräften – und, ganz wichtig: Hecking ist das, was ein Unternehmensberater „regionale Identifikationsfigur“ nennen würde. Tatsächlich wohnt der Trainer mit seiner Familie in Bad Nenndorf, er hat früher aufopferungsvoll für 96 gestürmt – die heimischen Fans wissen, dass Hecking ein rotes Herz hat und keiner der bekannten Abfindungsspekulanten ist.
    All das weiß Kind, der seit gestern Nachmittag darum pokert, wie teuer Hecking denn nun wird, denn Aachen verlangt eine unverschämt hohe Ablösesumme. Damit allerdings hat Kind gerechnet, er wird geschickt mitspielen und der Alemannia am Ende doch knapp eine Million Euro überweisen müssen.
    Das ist sehr viel Geld, aber in der Bundesliga-Branche dann wieder doch nicht so viel, wenn man es mit einer Spielerverpflichtung vergleicht. Vahid Hashemian hat als Imitation eines Torjägers rund 1,3 Millionen Ablöse gekostet, sein Jahresgehalt bewegt sich auf ähnlichem Niveau. Gespart hat Kind außerdem schon im Vorfeld: René C. Jäggi kommt nicht als Edel-Geschäftsführer, da ist also wieder Luft im Etat.

    Dutt stellt sich vor - Kaenzig hat frei


    HANNOVER. Es war gestern „ein schwieriger Spagat“ für Martin Kind – den Wechselpoker um Dieter Hecking voranzutreiben und zugleich die Alternativen nicht außer Acht zu lassen.
    Am Abend stellte sich nach Bruno Labbadia und Jos Luhukay auch Robin Dutt bei dem 96-Boss vor. Der 41-Jährige ist Trainer der Stuttgarter Kickers, die nach sechs Spielen die Tabelle der Regionalliga Süd anführen. Kind wollte ihn „erstmal kennenlernen“, verzichtet dabei aber auf das Urteil von Ilja Kaenzig. Der Manager ist in der heißen Phase der Trainersuche unbeteiligt – gestern hatte er frei … GN

    Wann übergibt Schönberg?


    Heute wird sich 96 vermutlich mit Alamannia Aachen über die Trainer-Ablöse einigen, mit Dieter Hecking ist das Wesentliche schon geklärt. Doch wann der neue Trainer einsteigen würde, ist offenbar noch nicht besprochen worden. Schon am Sonnabend zum undankbaren Pokalspiel bei Dynamo Dresden? Oder erst am 15. September beim Bundesligaspiel in Wolfsburg? Vorerst ist jedenfalls der Däne Michael Schönberg (Foto, links, mit Thomas Kristl) weiter verantwortlich.

    Seine Karriere


    Ein Hattrick und ein Aufstieg


    Vergessen wir die kurze Phase 1999 bis 2000 in Braunschweig zum Karriereende. „Die meisten positiven Dinge“ hat Dieter Hecking als Profi ohnehin „bei 96 erlebt“.
    1996 kam er als Offensivkraft vom TuS Paderborn/Neuhaus und stieg mit 96 zwei Jahre später in die zweite Liga auf. Unvergessen ist sein Hattrick im September 1998 beim 5:1 gegen St. Pauli. Am Saisonende verpasste 96 nur knapp den Aufstieg, und Hecking verabschiedete sich zum ungeliebten Nachbarn, weil er nach nur 16 Zweitliga-Einsätzen bei 96 als Spieler „keine Perspektive mehr sah“. Trainer Reinhold Fanz (zuvor auch bei 96 beschäftigt) hatte ihn dorthin gelockt.
    Seine Spielerkarriere hatte er bei Westfalia Soest begonnen. Weitere Stationen: Soester SV, Borussia Lippstadt, 1. FC Paderborn, Borussia Mönchengladbach (1983 bis 1985), Hessen Kassel (1985 bis 1990), Waldhof Mannheim (1990 bis 1992). Mit dem VfB Leipzig (1992 bis 1994) stieg Hecking in die Bundesliga auf und gleich wieder ab.



    Zwei Aufstiege und ein Abstieg


    Sogar im Europapokal kennt sich der Trainer Dieter Hecking schon aus. Nachdem Aachen 2004 im DFB-Pokal erst im Finale an Meister Bremen gescheitert war, durfte der damalige Zweitligist im UEFA-Cup starten. Alemannia schaltete in der ersten Runde Islands Meister Hafnarfjördur aus und überstand die Gruppenphase (mit OSC Lille, Zenit St. Petersburg, FC Sevilla, AEK Athen). Erst gegen AZ Alkmaar schied man unglücklich (0:0/1:2) aus.
    Aachen verpasste 2005 den Aufstieg in die Bundesliga, der aber im Mai dieses Jahres endlich gelang – die Fans und der Klub waren am Ziel der Träume, und Hecking hatte sie dort hingebracht. Begonnen hatte der frühere 96-Profi seiner Trainerkarriere im Juli 2000 beim Drittligisten SC Verl. Trotz sportlichen Erfolgs wurde er Ende Januar 2001 wieder entlassen, weil er seinen Abschied angekündigt hatte. Am 27. März 2001 stieg Hecking als Trainer in Lübeck ein, 2002 schaffte er den Aufstieg in die zweite Liga. 2004 nach dem Abstieg wechselte Hecking nach Aachen.

    Der heiße Poker um Hecking


    Kind will heute die Einigung


    Dieter Hecking wird wohl heute neuer 96-Trainer. Klubchef Martin Kind pokert mit Aachen allerdings um die Ablösesumme.
    VON GUNTHER NEUHAUS
    HANNOVER. Dieser Weg war kein leichter: Dieter Hecking ging gestern um 11.30 Uhr vom Training hinüber zur Aachener Geschäftsstelle, um dem fünfköpfigen Führungsgremium seinen Wechselwunsch zu erklären.
    Am Dienstag hatte 96-Boss Martin Kind Aachens Sportdirektor Jörg Schmadtke über die Absicht informiert, Hecking nach Hannover holen zu wollen. „Das kam für uns sehr überraschend“, sagte Schmadtke gestern. „Wir wollen unseren Trainer halten.“
    Hecking ließ die Aachener Bosse allerdings wissen, dass er „aus privaten Gründen“ das 96-Angebot annehmen wolle. Die Familie war in den letzten sechs Jahren seiner Trainertätigkeit deutlich zu kurz gekommen, was dem 41-Jährigen Sorgen bereitet. Er will sich fortan mehr um seine Frau Kerstin und die fünf Kinder im Alter von vier bis 19 Jahren kümmern, dafür sollte man Verständnis haben.
    Nach 65 Minuten kam Hecking aus der Versammlung heraus, 15 Minuten später rief ihn Schmadtke erneut herein. Die Aachener Bosse kämpften noch einmal um ihren geschätzten Trainer und wollten ihn dazu überreden, die Familie nach Aachen zu holen. Die Heckings sind aber inzwischen in Bad Nenndorf verwurzelt, ein Umzug ist unvorstellbar.
    „Wir haben das Kapitel Hecking noch längst nicht abgeschlossen“, meldete nachher Aachens Präsident Horst Heinrichs. „Er ist unser Aufstiegstrainer. Klar ist aber auch: Wir können uns keinen Schwebezustand leisten.“
    Das war gewissermaßen der Startschuss für die Verhandlungen. Schmadtke wurde damit beauftragt, sich mit 96-Chef Kind in Verbindung zu setzen. Um 14 Uhr gab es den ersten kurzen Kontakt, etwa zwei Stunden später die erste Forderung: Aachen verlangte deutlich mehr als eine Million Euro.
    „Es wird schwierig, sich auf dieser Basis zu verständigen“, sagte Kind, der 500 000 Euro geboten hatte. Ein Zurück aber kann es kaum mehr gegeben, da Heckings Arbeit in Aachen wohl von Misstrauen bei der Vereinsführung und den Spielern geprägt wäre.
    Der Poker muss zum Abschluss kommen, nach Kinds Wunsch schon heute. Im Falle der Einigung will Hecking offenbar seinen Kotrainer Dirk Bremser mitbringen. Aachen dagegen müsste „einen Plan B entwickeln“, wie Schmadtke sagte. Vielleicht steht der aber schon – mit Schmadtke zumindest als Interimstrainer in Aachen. Er hatte die Trainerprüfung beim DFB einst als Jahrgangsbester abgeschlossen.