Ich habe mir in den letzten Tagen diverse Talkshows und Statements zum Thema Ukraine/Waffenlieferungen/offener Brief angeschaut. All denen war gemeine, dass keiner, der sich dort positioniert hat, die Menschenrechtsverletzungen, die Kriegsverbrechen, die Verantwortung für diesen Angriffskrieg geleugnet oder relativiert hätte. Auch waren sie sich alle einig, dass der Krieg so schnell wie möglich zu beenden wäre, Rußland nicht gewinnen darf und dass sich die Welt den Expansionsgelüsten Rußlands entgegenzustellen hat.
Das ist an sich ein großer Konsens.
Konsens besteht auch darüber, dass keiner verlangt oder erwartet, dass sich die Ukraine ergibt oder sich unterwirft.
Es gibt jedoch einen erheblichen Dissenz bei der Frage, wie das zu erreichen wäre. Dieser Dissenz wird jedoch in einer mir völlig befremdlichen und abstoßenden Weise ausgetragen. Jeder tritt so auf, als wisse er genau, was Sache ist und was richtig ist. Und jeder verteidigt seinen Standpunkt quasi bis aufs Messer. Polemik wird zur Waffe gegen den Andersdenkenden - wohlgemerkt trotz des großen Konsenses. Es fehlt anscheinend völlig der Wille oder auch die Fähigkeit, mal zuzuhören und dabei zu bedenken, dass auch der Gegenüber die Verbrechen Putins sieht und verurteilt. Es hat für mich den Anschein, dass fast alle Scheuklappen aufhaben.
Das alles vor dem Hintergrund, dass ganz viele Informationen gar nicht verifiziert werden können bzw. verifiziert sind. Da muss man gar nicht in die Ukraine bzw. in das Kriegsgebiet gehen, sondern das fängt schon bei der hiesigen Bundeswehr an. Beispiel: Wie lange braucht es wirklich, bis Soldaten einen Gepard bedienen können ? Warum sind 79 Panzerhaubitzen nicht einsatzfähig ? Haben diese vielleicht nur ein paar Lackabplatzer oder die Innenraumbeleuchtung ist defekt oder was Schlimmeres ? Warum wird das erst jetzt zum Thema und warum tut sich da nichts ? Warum hat die Bundeswehr 119 Panzerhaubitzen, wo sie doch offenbar auch mit 40 einsatzfähigen ihren Bündnisverpflichtungen nachkommen kann?. All das wissen wir nicht und ich denke, das wissen auch diese vielen Meinungsträger nicht. Wie gesagt: nur ein kleines Beispiel aber sicher ein Fingerzeig darauf, dass wir anzunehmender Weise ganz Vieles nicht wissen. Und trotzdem wird so getan, als könnte man das alles so abschließend und endgültig beurteilen.
Ich sehe da eine große Spaltung zwischen Leuten, die jeder für sich über einen respektablen Hintergrund verfügen ( das sind eben nicht irgendwelche Schwurbler) und ich fürchte, dass sich diese Spaltung auch auf unsere Gesellschaft ausdehnt.
Das ganze Thema ist so komplex und vielschichtig und gleichzeitig grausam und menschenverachtend, dass ich mir dringend wünsche, dass die Schärfe aus der Diskussion innerhalb Deutschlands heruntergefahren wird und sich mehr darauf besonnen wird, dass wir im Grund alle das Gleiche wollen.