Politischer Zoff-Thread oder so

  • Das ist eine blödsinnige Unterstellung und nichts weiter als ein rhetorischer Kniff. Man kann doch die qualitativen Unterschiede anerkennen (Beim Rechtsextremismus hatten wir Morde, möglicherweise Beziehungen zu Sicherheitsorganen usw., die den ganzen Komplex wirklich beunruhigend darstellen) und gleichzeitig auch andere Gefahren für unser Zusammleben mit Besorgnis sehen.

    Um das Beispiel des Antisemitismus aufzugreifen ist es für die Opfer nun wirklich uninteressant ob hier jemand aus vermeintlicher Solidarität mit "Palästina" Juden angreift oder weil er an andere antisemitische Verschwörungsmythen glaubt.

  • Mit der Hufeisentheorie wird der Versuch unternommen, die Extreme an den Rändern gleichzusetzen und als gleich gefährlich darzustellen. Mit der Kernfrage: Qui bono? ist die rhetorische Strategie offengelegt. Denn wer nutzt die sog. Hufeisentheorie und wann kommt diese zum Einsatz?

    Genutzt wird sie vom bürgerlich-konservativen Lager und eingesetzt wird sie in der Auseinandersetzung mit dem links-progressiven Teil der Gesellschaft.


    So wurden schon seit Beginn der sozialistischen Bewegung "die Linken" unter den Generalverdacht der gewalttätigen Durchsetzung ihrer Ziele gestellt.

    Diese Art der Vorverurteilung erforderte dann immer ein Bekenntnis (oder nicht) zur Abgrenzung zu den radikalen Kräften.

    Kalter Krieg, RAF haben diesen Generalverdacht wieder neu belebt und es war ein Teil des Gesellschaftsspiels der 50 - 80er Jahre (die Älteren von uns werden sich erinnern) die Linken (oder was die bürgerlich-konservative Gesellschaft dafür gehalten hat) mit den Fragen penetrant zu konfrontieren:

    Wie hältst Du es mit dem Kommunismus bzw. der Sowjetunion?

    Wie hältst Du es mit dem Terror der RAF (ein gestandenes SPD-/Gewerkschaftsmitglied hat genau was mit der RAF zu tun?)?

    Und fiel die Abgrenzung nicht deutlich genug aus, war man wahlweise

    - von drüben gesteuert

    - potentieller Bombenleger/Gewalttäter

    - Radikalinski ......


    All das hat ganz und gar abgelenkt - und tut es heute wieder - von der Nähe des Konservatismus zur rechten Ideologie. Sei es die Rolle der Konservativen bei der Machtübergabe an die NSDAP und Hitler, sei es in der Nachkriegszeit das Spiel der konservativen-bürgerlichen Mitte mit rechten Parolen und auch Inhalten (das Boot ist voll, Kinder statt Inder, das Kemmerich-Debakel usw. Die Liste liese sich fortsetzen).

    Statt die wissenschaftlich erwiesene untaugliche Hufeisentheorie aus dem Hut zu zaubern, wäre es für den bürgrlich-konservativen Teil der Gesellschaft an der Zeit, sich inhaltlich und mit glasklaren Positionen die Grenze nach rechts dicht zu machen.

  • Was ist jetzt die Argumention? Früher mussten sich Linke angeblich von Linksextremisten und Linkdsradikalen distanzieren, jetzt sollen sich bürgerlich-konservative noch mehr noch "rechts" abgrenzen und nicht vom Thema ablenken? Achso, vergessen, die Hufeisenfloskel ist nebenbei noch wissenschaftlich widerlegt. Durch wen eigentlich? Den wissenschaftlichen Sozialismus?


    Grundsätzlich, nach Ansicht des BVerfG ist jegliche politische Betätigung legitim, die nicht in kämpferischer Weise die FDGO abschaffen will, da sind wir halt beim Links- und Rechtsextremismus. Per Definition wäre Rechts- und Linksradikalismus davon nicht umfasst. Die deutsche Konsensdemokratie tut sich damit zwar schwer, irgendwie auch zunehmend, aber Radikalismus beider Seiten wäre durch das Grundgesetz geschützt.


    Was gerade in Leipzig passiert, was wäre das für dich? Bürgerlich-Konservative Stimmungsmache gegen aufrechte """links-progressive"""" Aktivisten?

  • Kiebitz: Andere Gefahren mit Besorgnis sehen kann und sollte man selbstverständlich. Wenn man aber mehr als populistischen Schaum schlagen will, dann ist es auch angebracht, die Verhältnismäßigkeit zu wahren:


    Brandanschläge, Morde: Seit 1990 werden rechtsextreme Gewalttaten in Deutschland erfasst. Mehr als 200 Menschen sollen seitdem durch braunen Terror getötet worden sein.


    https://m.dw.com/de/chronologi…in-deutschland/a-49251032


    Laut Statistischem Bundesamt gab es in dem gleichen Zeitraum genau 0 Morde aus der sogenannten linksextremen Ecke.


    Also, wenn wir argumentativ mal in unserer deutschen Gesellschaft bleiben, dann stelle ich fest, dass mein Leben sehr wohl von Rechts bedroht wird. Von Links nicht.


    Alleine dieser Faktencheck widerspricht dem Hufeisenmodell. Denn dieses geht von gleicher Gefährlichkeit an den Rändern aus. Also frage ich mich, welchen Zweck Personen verfolgen, die an diesem Modell festhalten? Nivellierung des Rechtsradikalismus, was sonst?

  • https://www.sozialkritik.org/a…den-spuren-des-hufeisens/


    Dieser Artikel stellt die Hufeisentheorie diskursiv in einen historisch-wissenschaftlichen Zusammenhang


    Das Bild vom Hufeisen sei vor allem beliebt in „rechten Kreisen mit bipolarer Weltsicht“, wird dort der Politikwissenschaftler Hajo Funke zitiert, der meint, in Deutschland sei die Hufeisentheorie „unter anderem verbunden mit dem rechtskonservativen Theoretiker Eckhard Jesse, der aus einem Kalten-Kriegs-Verständnis der 80er- und frühen 90er-Jahre heraus argumentiert und den Rechtsextremismus wie auch die AfD relativiert.

  • Es ist erst einmal ein Modell, um Gefahren für die Demokratie festzustellen. Da nehmen sich beide Extreme nunmal nichts, wenn das System überwunden werden soll und bestimmte Grundrechte eingeschränkt oder abgeschafft werden sollen. Meiner Meinung nach wird da ein Potential gemessen.

    Dass der Rechtsextremismus, wie du beschrieben hast für diese Taten verantwortlich ist, nivelliert doch keineswegs das Gefahrenpotiential des Linksextremismus, der mit Gewalt versucht unser bestehendes System zu überwinden.


    Es geht also nicht darum irgendwelche Zahlen gegenzurechnen, wobei es mich wundert, dass selbst wenn man 1990 als Datum nimmt müssten ja zumindest Rohwedder und Newrzella als Opfer des Linksextremismus auftauchen in der Statistik.

    Das Potenzial des Linksextremismus und noch deutlicher des Rechtsextremismus sollte jeden Demokraten beunruhigen. Menschenverachtung kennt nunmal keine Steigerung. Man handelt entweder so, oder nicht. Das kann der einzige Maßstab sein. Ich würde auch niemals den gewalttätigen Islamismus danach beurteilen wieviele Menschenleben er in Deutschland auf dem Gewissen hat, sondern einzig dran messen was seine Ziele sind. Das Gefahrenpotential ist das Gleiche.


    Eine ähnliche Argumentation:

    https://m.bpb.de/politik/extre…959/pro-extremismusmodell

  • Da nehmen sich beide Extreme nunmal nichts, wenn das System überwunden werden soll und bestimmte Grundrechte eingeschränkt oder abgeschafft werden sollen.

    Bestimmte Grundrechte eingeschränkt?

    Ja, das Recht auf Leben wird in der rechten Ideologie nicht nur eingeschränkt. Für diejenigen, die als "Feind im Innern" definiert sind, existiert das Recht auf Leben nicht mehr.

    Siehe Halle, siehe die Opfer des NSU, und die restlichen der 200 getöteten Personen.

  • https://m.bpb.de/politik/extre…/contra-extremismusmodell

    Zitat

    Statt einer Definition bieten Extremismustheoretiker nur eine Addition von Merkmalen; sie klassifizieren bloß, erklären aber nichts, weder die Ursachen einer politischen Strömung noch die Handlungsmotivation von deren Akteuren oder dahinter stehende Macht- und Herrschaftsinteressen. Todfeinde wie Faschisten und Kommunisten befinden sich nunmehr „im selben Boot“, wohingegen ihrer Herkunft, ihren geistigen Wurzeln und ihrer Ideologie nach eng mit dem Rechtsextremismus verwandte Strömungen wie Deutschnationalismus und Nationalkonservatismus einer anderen Strukturkategorie zugeordnet werden. Grau- bzw. „Braunzonen“, ideologische Grenzgänger und inhaltliche Überschneidungen zwischen (National-)Konservatismus und Rechtsextremismus, wie sie bei den Themen „Zuwanderung“, „demografischer Wandel“ und „Nationalbewusstsein“ offen zutage treten, werden nicht thematisiert oder sogar tabuisiert.

  • wir könnten uns jetzt weiter mit links bombardieren, aber vielleicht ist schon klar geworden, dass von "wissenschaftlich widerlegt" keine Rede sein kann.


    Trotzdem noch ein letzter Link, weiß jetzt nicht wie rechtspopulistisch der Stoerungsmelder des Zeit Blogs ist, aber hier wird sich mit einigen Argumenten der Kritiker kritisch auseinandergesetzt:


    https://blog.zeit.de/stoerungs…e-extremismustheorie_4053


    "Somit erweist sich auch die immer wieder geäußerte These als falsch, mit der Extremismustheorie würde behauptet, Links- wie Rechtsextremisten seien gleich weit von der demokratischen Mitte entfernt. Dies gilt zwar, sofern die Betrachtung allein auf das Demokratiekriterium eingeschränkt wird, nicht jedoch dann, wenn es um die Beurteilung des Verhältnisses der genannten Ideologiegruppen zueinander, also einschließlich ihrer inhaltlichen Unterschiede, und zur demokratischen Mitte geht. Nicht die Extremismustheoretiker setzen also Links- und Rechtsextremismus gleich, sondern ihre Kritiker behaupten lediglich – in der Regel ohne textlichen Beleg –, dass diese dies tun würden"

  • Es ist erst einmal ein Modell, um Gefahren für die Demokratie festzustellen?

    Nein, das Hufeisenmodell eignet sich nicht zur Analyse, dazu fehlen dem Modell die Instrumente. Es kann lediglich plakativ nivellieren.


    Tatsächlich ist es legitim, alles Mögliche miteinander zu vergleichen, auch die PDS oder Die Linke und die Republikaner, die DVU beziehungsweise die NPD. Entlarvend ist, was da auf welche Art miteinander verglichen wird. Man kann unter dem Oberbegriff „Krankheiten“ auch Hautkrebs und Hühneraugen miteinander vergleichen; dies wird aber kein seriöser Mediziner tun.


    „Christoph Butterwegge ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln.“


    „Die Theoretiker des Extremismus setzen Links- und Rechtsextremismus mehr oder weniger explizit gleich, leugnen aber die Nähe der „bürgerlichen Mitte“ zu dessen Ideologie. So lenken sie von der Hauptgefahr ab, dass sich konservative gesellschaftliche Eliten und Etablierte beispielsweise im Gefolge der gegenwärtigen Krisensituation erneut nach rechts wenden und ein autoritäres Regime errichten könnten, wenn ihre Herrschaft von links bedroht erscheint. Gleiches gilt übrigens auch für das deutsche Kleinbürgertum, welches in Wirtschaftskrisen und gesellschaftlichen Umbruchsituationen nicht bloß Angst vor dem sozialen Absturz hat, sondern darauf erfahrungsgemäß oft irrational reagiert und sich rechtsextremen Gruppierungen zuwendet.“

    für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln.“


    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/mittlere-irrtumer


    Das Extremismuskonzept ist eindimensional


    Im Extremismuskonzept bilden Rechts- und Linksextremismus die entgegengesetzten Endpunkte eines Kontinuums, dessen Zentrum die demokratische Mitte bildet. Damit besteht die Gefahr, dass Links- und Rechtsextremismus trotz der fundamentalen Unterschiede inhaltlich gleichgestellt werden (was oft, aber keineswegs immer geschieht). Insbesondere mit Blick auf den Rechtsextremismus wird bemängelt, dass er damit zu einem Außenseiterphänomen erklärt und mithin bagatellisiert wird. Tatsächlich handele es sich um ein Phänomen, das in der Mitte der Gesellschaft gedeihe. Überhaupt gäbe es in allen politischen Lagern demokratische und antidemokratische Tendenzen. Dies gelte auch für die Mitte. So hat beispielsweise der US-amerikanische Soziologe Seymour Martin Lipset den Faschismus als "Extremismus der Mitte" bezeichnet. Das Rechts-Links-Schema erlaubt also keine Aussagen über die Verteilung von demokratischen bzw. antidemokratischen Potenzialen in einer Gesellschaft.“


    https://m.bpb.de/politik/extre…-den-sozialwissenschaften



  • Mit den Vorwürfen wurde sich auseinandergesetzt, siehe oben.


    Zum Extremismus der Mitte:

    "Diese Fassung des Verharmlosungsvorwurfes gehört zu den erstaunlichsten Kritikpunkten an der Extremismustheorie – und dies gleich aus mehreren Gründen. Zunächst impliziert sie eine insgeheime Anerkennung der Extremismustheorie, denn was soll ein „Extremismus der Mitte“ sonst sein, wenn nicht eine Form von Extremismus? Zweitens verwechselt, wer zugunsten eines „Extremismus der Mitte“ argumentiert, schlicht zwei verschiedene Wissenschaften miteinander. Natürlich ist es soziologisch betrachtet richtig, dass zahlreiche Angehörige der sozialen Mittelklassen politisch extreme Auffassungen vertreten können. Nur: Das Gegenteil wurde mit der Extremismustheorie auch noch nie behauptet. Die Extremismustheorie ist keine soziologische, sondern eine politikwissenschaftliche Theorie."

  • „Nicht die Extremismustheoretiker setzen also Links- und Rechtsextremismus gleich, sondern ihre Kritiker behaupten lediglich – in der Regel ohne textlichen Beleg –, dass diese dies tun würden"


    Na dann bin ich ja schon beruhigt, wenn dem so sein sollte. Im übrigen wird durch dieses Zitat auch das Hufeisenmodell verworfen, denn das geht, wie bereits geschrieben, von der gleichen Gefahrenlage aus.


    Zur Erinnerung:


    Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) hat zwischen 2000 und 2006 neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet.


    2016 hat der rechtsradikale David S. neun Menschen im Münchner Olympia-Einkaufszentrum ermordet.


    Walter Lübcke wurde 2019 vor seinem Wohnhaus mit einem Kopfschuss hingerichtet.


    2019 erschoss Stephan B. in Halle zwei Menschen, sein Versuch, eine Synagoge zu stürmen scheiterte.


    Im Februar 2020 ermordete ein 43 jähriger Rassist zehn Menschen in Hanau.


    Diese Liste ist willkürlich zusammengestellt und ließe sich noch weiter verlängern.


    Wer den Wirkmechanismus und den Rassismus des Neo- Faschismus begreifen und bekämpfen will, der muß sich auf dessen menschenverachtenden Gedankenwelt einlassen. Ein Hinweis darauf, dass Linke ja auch schlimm seien, hilft nur den Rechten.

  • Hast du dir das ausgedacht oder nur so ohne eine Quellenangabe kopiert?

    Das ist aus der gleichen Quelle, Störungsmelder der Zeit.

    Wobei der Störungsmelder hauptsächlich dazu dient rechte Gewalt zu verharmlosen.


    Im Übrigen drehen wir uns im Kreis.

  • Hast du dir das ausgedacht oder nur so ohne eine Quellenangabe kopiert?

    Das Zitat ist aus dieser Quelle, die oben verlinkt wurde. Es ist der Text von Mathias Brodkorb, der in diesem Text auch Zitate aus verschiedenen Quellen nutzt.


    https://blog.zeit.de/stoerungs…e-extremismustheorie_4053


    Und ich sortiere jetzt mal (für diejenigen, die sich nicht durch die Quellen lesen möchten):


    - der Autor des Textes Mathias Brodkorb (störungsmelder) setzt sich mit der Extremismustheorie und der Kritik daran auseinander

    - es gibt in der politischen Theorie verschiedene Ansätze der Extremismustheorie. Ganz grob gesagt eine bürgerlich-konservative auf der einen und eine eher linke auf der anderen Seite

    - im Kern unterscheiden diese sich in der Frage um die Rolle/Position der Mitte

    - der Autor des Textes nimmt als Basis die Extremismustheorie des Politologen Uwe Backes (bürgerlich-konservativ)

    - zur Abgrenzung und untergeordnet nimmt er den Ansatz von Wolfgang Kraushaar (eher links einzuordnen)


    Das Zitat aus dem Beitrag # 45323 spiegelt die Meinung des Autors wieder.


    Aus den Kommentaren darunter wird ersichtlich, daß es sich bei diesem Text um einen Vortrag von Mathias Brodkorb (SPD/MdL) handelt.

  • https://www.welt.de/debatte/ko…-Sie-sind-Verbrecher.html


    Die Welt mal wieder mit Verharmlosung des Rechtsextremismus.

    Wenn ich sowas lese:

    Zitat

    [...]
    Mag sein, dass die vom Rechtsextremismus ausgehende Gefahr größer ist. Aber es gibt keinen Anlass, den Linksextremismus zu relativieren.

    [...]

    bekomm ich immer das Kotzen. Typisch rechtskonservative Nebelkerze .... wo wird denn in den Medien die Gewalt von Connewitz und von Links im allgemeinen relativiert? Es passiert doch genau das Gegenteil: sie wird aufgeblasen damit man von rechts "aber links" rufen kann (siehe Kommentar).


    Währenddessen retweetet ein Polizist der sich vom offiziellen Polizeiaccount nicht ausgeloggt hatte und wohl dachte er wäre mit seinem privaten Twitteraccount unterwegs Nazi scheiße.