Politischer Zoff-Thread oder so

  • In 3 von 24 Punkten ähnlich... und die FDP hätte dem zeitlich späteren Antrag der Grünen zustimmen können. Auch das der Fairness halber.

  • stscherer Entweder ich will was für die Menschen dort erreichen oder ich mache halt Politik in dem ich Anträge stelle bei denen ich genau weiß dass sie nicht durchgehen werden um später Munition im Wahlkampf zu haben.

    Hätte die afghanische Regierung länger "durchgehalten" und sich die Situation nach den Erwartungen entwickelt würde kein Hahn nach diesen Anträgen krähen.


    Alleine schon diese Fixierung auf diese Anträge zeigt dass es einigen nur um Wahlkampf geht und nicht darum diese Situation zu lösen bzw. zu hinterfragen wie es dazu kommen konnte.


    Ja, hab die beide überflogen. Sie sind ähnlich, nicht gleich. Aber nochmal, entweder ich will was für die Menschen erreichen oder ich mach Parteigedöns. Ist beides okay, aber diese Heuchelei hinterher nervt.

  • Ich bin sehr verwundert, wie wenig sich hier Einige mit den tatsächlichen Abläufen beschäftigen, aber trotzdem einfach mal eine Meinung vertreten und mal wieder ihre persönlichen Animositäten pflegen:


    1. Der Antrag der FDP stammt vom 22.06.2021. Er enthält insgesamt 24 Punkte. Die ersten 14 Punkte beschäftigen sich mit allgemeinen politischen Fragen und Forderungen in Bezug auf Afghanistan, jedenfalls nicht mit den Ortskräften. Diese werden angesprochen in den Punkten 15-17, danach folgen unter 18-24 wieder weitere, völlig andere Forderungen. Abzustimmen ist darüber nur einheitlich.


    In Punkt 15 wird ein vereinfachtes unbürokratisches Visaverfahren für afghanische Ortskräfte verlangt, in Punkt 16 eine Erweiterung auf die engsten Familienangehörogen, in Punkt 17 eine Aufrechterhaltung des Konsularbetriebes über den Abzug der Bundeswehr hinaus.


    2. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, behandelt am 23.06.2021, verlangt ein Gruppenverfahren für die Ortskräfte und ihre Angehörigen mit einer Umkehr der Darlegungslast, ob die Kräfte gefährdet sind oder nicht. Darüber hinaus sollen die Ortskräfte aktiv über ihre Möglichkeiten zur Aufnahme in Deutschland aufgeklärt werden, es soll eine Beschwerdemöglichkeit bei Ablehnung geben, die Ortskräfte sollen zur Integration mit Flüchtlingen gleichgestellt werden und das Patenschaftsnetzwerk soll dauerhaft unterstützt werden. Der Antrag enthält ausschließlich Forderungen zu den Ortskräften und ihren Familien (nicht nur engsten Familienangehörigen), er enthält keinerlei weitere politische Forderungen pp. in Bezug auf Afghanistan.


    Wer den eklatanten Unterschied nicht erkennt, der will es dann wohl auch nicht... und die Behauptung, die Anträge seien "ähnlich", ist mir definitiv nicht nachvollziehbar.

  • Von dem hier genannten. Gesellschaftssystem und Kultur bedingen sich ja einander.

    Nehmen wir die Entscheidung der mittelalterlichen Kirche als Beispiel Cousinenheirat zu verbieten, was als Vorläufer der Herausbildung des Individuums zu sehen ist, Ckanstrukturen wurden somit aufgelöst und die Kernfamilie in den Vordergrund gerückt. In Zusammenarbeit mit dem christlichen Menschenbild formte sich dann das Bild des Menschen als Individuum. (In ganz groben Strichen)

    Andere Kulturen haben diesen und andere Schritte nicht unternommen, sodass ein anderes Gesellschaftsbild und Bild des Individuums vorherrscht, wie im Fall von Afghanistan, mit dem Clan als zentralen Gesellschaftsakteur.


    Das heißt aber nicht, dass man Kultur deterministisch lesen darf, wie ich beim Beispiel beider Chinas und Koreas genannt habe, wo sich in den letzten 80 Jahren Gesellschaft und System in unterschiedlichen Wechselwirkungen befanden und sich die Kultur nun unterscheidet.


    Afghanistan hat ja durchaus Traditionen der Demokratie (Stammesversammlungen) und Menschenrechte (Pashtunwali), die man natürlich nur bedingt vergleichen kann mit universellen Menschenrechten, aber vielleicht wäre es ein Ansatz gewesen. Die westliche moderne Gesellschaft entstand auch nicht in 20 Jahren ohne Rückschläge.

    Aus meiner Sicht wäre es am besten gewesen, den wenn auch greisen ehemaligen afghanischen König wieder einzusetzen und eine mittel-autoritäre konstitutionelle Monarchie zu errichten, anstatt der hochtrabenden Pläne (gilt genauso für Irak)

  • Auf CNN: Sehr spannender Artikel eines ehemaligen Special Forces-Kommandeurs, der mit seiner Einheit 2001 Hamid Karzai unterstützte, in dem er erklärt, warum sowohl die damalige Kampagne als auch die aktuelle der Taliban so schnell gingen: Die Kapitulation wird im Grunde genommen vor der eigentlichen Offensive verhandelt, während der militärischen Aktionen wird dann höchstens noch der Deal abgeschlossen. (Das wäre dann auch der Grund, warum soviele Stimmen aus Afghanistan berichten, Ghani hätte die Armee verraten.) Dies geschieht quasi Region für Region, Stammesführer für Stammesführer.


    Diese Machtübernahme der Taliban wurde also bereits vor dem endgültigen Abzug der Amerikaner (und der Bundeswehr) verhandelt und dann praktisch nur noch umgesetzt.


    Dieses Szenario, so der Autor, war der Politik im Grunde genommen bewußt, weswegen Obama nicht abgezogen ist. Der Kardinalfehler war demnach, dass Biden den trumpschen Plan eines Abzugs letztlich akzeptiert hat. (Der trumpsche Plan war also die eigentliche Idiotie, wobei Biden als Durchführender auch in meinen Augen die Verantwortung trägt.)

  • (...) Der Kardinalfehler war demnach, dass Biden den trumpschen Plan eines Abzugs letztlich akzeptiert hat. (Der trumpsche Plan war also die eigentliche Idiotie, wobei Biden als Durchführender auch in meinen Augen die Verantwortung trägt.)

    Wäre zwar praktisch Trump verantwortlich zu machen, aber Biden hatte den Plan schon seit 2010:

    https://www.independent.co.uk/…-withdrawal-b1904226.html


    Zur moralischen Verantwortung gegenüber den afghanischen Frauen: fuck that


    Edit: habs jetzt noch im genauen Wortlaut gefunden:


    “I am not sending my boy back there to risk his life on behalf of women’s rights, it just won’t work, that’s not what they’re there for,” Biden insisted. When Holbrooke asked what a complete withdrawal would mean for Afghans who trusted us, Biden replied: “Fuck that, we don’t have to worry about that. We did it in Vietnam, Nixon and Kissinger got away with it.”

    Einmal editiert, zuletzt von Kiebitz ()

  • Dazu gab es heute morgen auch eine Pressemeinung bei NDR Info, die genau das in den Raum warf: die Dinge waren vorher klar -

    Wer sind die Drahtzieher auf den Seiten … das ist die eigentliche Frage. Die CNN ja schon beantwortet.

  • Wäre zwar praktisch Trump verantwortlich zu machen, aber Biden hatte den Plan schon seit 2010:

    https://www.independent.co.uk/…-withdrawal-b1904226.html


    Weißt Du, was das Nervige an Rechts-Konservativen wie Dir ist? Dass sie ständig versuchen, aus allem einen Streit "Links vs. Rechts" zu machen.


    Ich nehme an, der Antrieb dafür ist so eine Art Schwanzneid, aber nervig ist es trotzdem.


    Zur Sache: Ich habe Biden die Verantwortung geben. Ich war sogar immer gegen Biden. Trump habe ich nur einen Idioten genannt. Du verstehst nichtmal was von "Links", wenn Du meinst, Du könntest mich oder einen Linken mit sowas provozieren.


    Natürlich ist der Plan auch von Trump vorangetrieben und begonnen worden, hätte der nicht mit den Taliban verhandelt, hätte das gar nicht so Fahrt aufnehmen können, weil es für alle Welt sichtbar gemacht hat, an wen er das Land übergeben wollte. Alleine das hat jeglicher Möglichkeit, dass es anders läuft, den Teppich unter den Füßen weggezogen.


    Biden ist komplett in der Verantwortung, nicht, weil er irgendeinen Plan gemacht hätte, sondern weil er ihn gegen besseres Wissen umgesetzt hat.

  • Das war amtlich ein sehr faules Ei was der Trump da hinterlassen hat.


    Und Biden ist selbstverständlich in der Verantwortung, er ist ja Präsident, hat sie auch übernommen

  • Konservatismus der Angst (Zeit)

    Zitat

    Stattdessen aber sprach der Mann, der Kanzler der Bundesrepublik werden will, davon, dass Deutschland nun "nicht das Signal aussenden soll: Wir können alle aufnehmen" (was niemand gefordert hatte) und davon, dass es nun eine europäische Lösung brauche (die in Asylfragen seit Jahren nicht in Sicht ist). Phrasen, die man eben so sagt, wenn man sich dazu entschlossen hat, das moralische Desaster wegzunuscheln und sich von Bildern nicht beeindrucken zu lassen. Kurzum: Wegen so einem Tag ändert man doch nicht seine Politik.

  • Das sind eher die ältesten Gegner der Taliban, die sich nie mit denen arangiert und immer gekämpft haben.


    Dostum dürfte auch dabei sein.


    Im Grunde genommen ziemlich genau der Status Quo Ante.

  • Ja klar sind das die ältesten Gegner der Taliban, sind halt keine Paschtunen. Womit man wieder beim ehtnischen Konflikt dort wäre.

    Aber der Vizepräsident Saleh, der auch dorthin geflohen ist, verfügt über beste Verbindungen zum indischen Geheimdienst und die Inder haben auch einfach strategische Interessen daran dass in Pakistans Hinterhof keine Ruhe einkehrt.

    Quasi das gleiche Spiel was Pakistan im indischen Teil Kaschmirs spielt.

  • Ich finde das etwas voreilig. Sowohl die Reduktion auf ethnische Konflikte, wobei ethnische Trennlinien hier natürlich eine Rolle spielen, als auch auf den Vergleich Pakistan - Indien.


    Nun denke ich auch, dass die Taliban weiterhin von Pakistan unterstützt werden, aber tasächlich gibt es dazu momentan irgendwie relativ wenig substanzielle Quellen. Will sagen: Nur, weil Pakistan die Taliban unterstützt, heißt das nicht, dass a) die Taliban lediglich sowas wie ein verlängerter Arm Pakistans wäre, noch b) dass Pakistan dieselben Interessen hat, wie in den 90ern.


    Das Saleh was vom indischen Geheimdienst gelernt hat, heißt auch nichts. Die Taliban wurden auch mal - bevor sie Taliban waren - von den Amis unterstützt, bewaffnet, ausgebildet.


    Der Unterschied zu Kaschmir ist, dass weder Pakistan noch Indien Anspruch auf Afghanistan erheben, wohingegen beide Anspruch auf Kaschmir erheben.