Politischer Zoff-Thread oder so

  • Es geht um Veränderung von Sprache. Und es ist eine Frage, ob das was Du als Unterdrückung bezeichnest, auf der Basis von Sexismus und Rassismus beruht, die Sprache also ein Ausdruck dessen ist.

    Prickel bringt das für mich in einen nachvollziehbaren Zusammenhang.


    Das hieße dann in der Konsequenz, dass nicht zu gendern und rassistische Schimpfwörter gleichwertig sind. Sehe ich überhaupt nicht so, obwohl ich beides für absolut notwendige Veränderungen erachte.


    Edit: Das Äquivalent wären für mich ähnlich gelagerte sexistische Schimpfwörter. Da ist der Zusammenhang glasklar.

    2 Mal editiert, zuletzt von Zackzack ()

  • Auf der emotionalen Ebene ist es vergleichbar und sogar auf der spachlichen Ebene ist es das.


    Stell dir vor, aber in den 80ern war ein Thema in meinem Linguistik-Seminar (Germanistik) ein Thema "Sprache und Unterdrückung" und da wurde sehr schön die Art mit Schwarzen zu reden verglichen mit der Art wie Mann mit Frauen redet, ebenso die sprachlichen Auswirkungen bei Frauen und Schwarzen wegen ihrer Unterdrückung war ziemlich gut vergleichbar dargestellt.


    Deutung, Bestimmtheit, Macht, ....


    Alles schön in der Art der Verwendung der Worte abzulesen.


    "Ich weiß" gegen "ich glaube/meine" ist da so ein Beispiel gewesen.

    Das erste verwendet der Weiße oder der Mann, das zweite der Schwarze oder die Frau, beide Male wird die eigene Meinung dargestellt.

  • Muss ich mir nicht vorstellen, solche Seminare gab es auch Anfang der 90er noch. :)


    Und auf dieser Ebene macht das ja absolut Sinn. Weniger Sinn macht es, hätte das Seminar darlegen wollen, dass die schlimmsten rassistischen Schimpfwörter mit der Art und Weise vergleichbar sind, wie zu Frauen geredet wird. Um diesen Unterschied geht es mir, um nicht mehr.

  • Hmm, also mein absolut verhasstetes Wort ist eins, das Männer für Frauen benutzen und ja, es wurde mir schon auf der Straße zugerufen (nicht nur einmal).

    Ich nutze das Wort nicht, deshalb schreibe ich es nicht mal.


    Ich bin nicht vom N-Wort betroffen, kann mir aber durchaus die Gefühle, die es auslösen kann vorstellen.

    Etwas, was Dvdscot offensichtlich nicht möglich ist. Weshalb ich ihn dazu auffordern, damit aufzuhören, Dinge zu beurteilen oder zu bewerten, die Emotionen anderer betreffen.


    Ich glaube einfach nicht mehr an irgendeine Unbedarftheit auf seiner Seite.

  • Und ich schreibe nochmal: Es geht um den Vergleich rassistisches Schimpfwort benutzen = nicht gendern wollen, der mittlerweile nicht mehr Thema ist, aber das Ursprungsdilemma und den Ursprungsvorwurf markiert. Und nicht um den Vergleich sexistisches Schimpfwort = rassistisches Schimpfwort, woran es sehr viel weniger bis kaum etwas zu differenzieren gibt.


    Auf den ersten Vergleich und auf nichts anderes habe ich reagiert. Und ich finde das nach wie vor unpassend und zwar sowohl vom Vorwurf her als auch bezüglich des dahinterstehenden Vergleichs.


    Alles weitere bin ich absolut d'accord, war aber eben auch nicht das Thema.

  • In beiden Fällen geht es aber um die Ablehnung veränderter Verhältnisse und Aufrechterhaltung bestehender Hierarchien. Also für mich auf jeden Fall ein Zusammenhang, der ich aus Welt- und Menschenbild speist.



    Kurz: es geht um Macht

  • Das müssen wir nicht weiter diskutieren, weil es auch m.E. stimmt.


    Es ist aber ebenso m.E. viel zu undifferenziert, Gender-Abneigung komplett in einen Topf mit rassistischen Beleidigungen zu schmeißen. Das wird weder dem einen noch dem anderen gerecht, es hilft auch eher so gar nicht dabei, möglichst viele Kombattantinnen für das eine oder das andere zu finden.


    "Macht" ist dann natürlich ein unproblematischer Modus Operandi, denn es geht stets und ständig um Macht, die Klammer kriegt man wahrlich immer hingebaut. Wenn Du demnach meinst, jeden/jede, der/die gegen das Gendern ist, genausogut und mit voller Berechtigung einen N-Wort-benutzenden Rassisten nennen zu können, dann ist ja gut. Bzw. nicht. Bzw. ... ach, auch egal.

  • Es ist aber ebenso m.E. viel zu undifferenziert, Gender-Abneigung komplett in einen Topf mit rassistischen Beleidigungen zu schmeißen.

    Ich bin weiterhin der Meinung, dass das hier auch nicht passiert ist, weil kein qualitativer Vergleich erfolgt ist. Es ging lediglich darum, dass Sprache sich immer verändert. Und dass Begriffe, die einst akzeptiert und vielleicht sogar en vogue schienen, irgendwann für eine (auch in der Masse) relevante Gruppe nicht mehr angemessen sind.

  • Das habe ich nicht geschrieben. Ich habe nur den Zusammenhang deutlich gemacht, aus dem heraus das eine wie das andere entsteht.

    Nicht jeder, der das eine offen zeigt, zeigt auch das andere offen.

    Meine Vorurteile neigen aber zu der der Annahme, dass das

    a. manchmal nur an nicht vorhandenen Berührungspunkten liegt

    b. oft fließend ineinander übergeht


    Ich schreibe aber nicht, dass ich weiß, dass es so ist. Bin eben Frau 😉

  • Ich bin weiterhin der Meinung, dass das hier auch nicht passiert ist, weil kein qualitativer Vergleich erfolgt ist.


    Scott äußert zum Gendern, dass er nicht versteht, warum sich alle "auf einmal" nur so unterdrückt fühlen (was eine - äußerst milde formuliert - komplett undifferenzierte Aussage ist):


    Ich finde es gibt keine Notwendigkeit zum gendern, kann jeder machen wie er oder sie das will aber es sollte nicht aufgezwungen werden.

    Warum haben sich die Leute früher nicht ausgeschlossen gefühlt (und jetzt auf einmal schon)?


    Prickel eskaliert das dahingehend, dass Scotts Meinung nach dann ja auch all die Schwarzen kein Problem mit dem N-Wort haben dürften.


    Ja, wieso wollen die Nigger auf einmal nicht mehr Nigger genannt werden? Das war doch früher auch ok!


    Valentine eskaliert daraufhin gegenüber Scott, dass er das N-Wort als probabel ansehen würde.


    Schwarze haben das N-wort nie gewollt, es hat verletzt. Sie wollen weder von dir noch von mir so genannt werden


    Das ist meiner Meinung nach exakt das, was hier passiert ist. Und in Anbetracht dessen bleibe ich dabei, dass man nicht allen, die gegen das Gendern sind, gleich unflätigen Rassismus vorwerfen kann.


    Dass da ein ähnlicher Mechanismus dahinterstecken könnte, habe ich selbst in der Diskussion angemerkt und finde das auch überaus diskutabel (allerdings auch für alles andere als mal eben mit einem Handstreich zu klären und im Passt-1-zu-1 abzunicken). Sexismus ist nicht gleich Rassismus ist nicht gleich Antisemitismus. Wenn das so wäre, dann könnten auch die Postcolonial Studies die Gender Studies gleich mitschreiben und vice versa. Und innerhalb der Gender Studies ist das Sprach-Gendern doch auch nochmal ein Thema für sich, das - es war hier auch Thema - in vielen Sprachen in dem Maße gar nicht zur Debatte steht.

  • Ich bezog mich lediglich auf prickelpits ursprünglichen Vergleich. Der in meinen Augen nur dazu diente, darauf hinzuweisen, dass sich Sprache und die Empfindung von Gesagtem schon immer verändert haben. Die folgende Diskussion habe ich in meiner Beurteilung nicht betrachtet, jedoch schon angemerkt, dass blue valentine mit ihrer Aussage mindestens übers Ziel hinaus geschossen ist.


    Apropos "übers Ziel hinaus schießen": Auch martialisch-militärische Redewendungen sind nach meinem Empfinden rückläufig, während sie in meiner Jugend noch weit verbreitet waren. Vielleicht ein weniger kritisches Beispiel für das, was prickelpit sagen wollte.

  • Ich bezog mich lediglich auf prickelpits ursprünglichen Vergleich.


    Na ja, Du hast mich aus meiner Diskussion mit blue valentine zitiert. Insofern war klar, worauf ich mich beziehe, nämlich auf den Gesamtverlauf und das Gesamtergebnis.


    Dass eine prinzipielle überaus berechtigte Sprachsensibilisierung sowohl eine Klammer für den einen wie den anderen Fall bietet, ist ja nun wahrlich kein Dissenz. Aber trotzdem als einzige Aussage für sich genommen für mich viel zu schwammig und undifferenziert und auch innerhalb des Gesamtverlaufs der "Eskalation" nicht passend (und zwar auch bereits auf Prickels Seite: Wenn ich nicht "Schüler und Schülerinnen" schreiben mag (was, ich möchte es anmerken, auf mich nicht zutrifft), kann ich auch gleich "N..." brüllend durch die Straßen laufen?). Habe ich jetzt, glaub' ich, viermal so gesagt, ich lass es dann mal gut sein.

  • Ich weiß nicht, was daran schwammig und undifferenziert ist. Prickel hat auf den Punkt das Verständnisproblem Dvdscots adressiert.


    Ich hab' jetzt den Überblick verloren, ob das beim Empfänger angekommen ist, aber wenn nicht, liegt es nicht daran, dass das Beispiel schlecht war, im Gegenteil, viel verständlicher kann man das kaum machen, denke ich zumindest.


    Ich habe bezüglich der Diskussion oben, die ich nicht versucht habe, in der Tiefe zu verstehen, den Eindruck, als ziele Zackzack da auf eine zu enge Gleichführung, die sonst keiner wirklich beabsichtigt hat.


    Ein Tidbit fand' ich interessant: Was BV schrieb über "wissen" vs. "denke/glaube": Ich war mir dessen früher nie bewußt, aber seit ich häufiger mit dem Salzstreuer "ich meine" in meine Beiträge einbaue, wird mir seltener Besserwisserei vorgeworfen. ;) Für mich war immer klar, dass ich nur meine Meinung ausdrücke, aber die Wirkung auf den Empfänger ändert sich dann doch, wenn man das auch ausdrücklich so kennzeichnet. Daran arbeite ich seit ein paar Jahren. (Es bleiben natürlich trotzdem noch jede Menge Ausgrenzungseffekte in meiner Rede. Ich bin mir dessen bewußt, aber es gibt Grenzen, sach' ich mal.)


    Das ist das Faszinierende an der Sprache: Wir sind uns ihrer Gewalt idR selber beim Sprechen nicht bewußt.


    Wem das oben alles zu verkopft ist, dem kann ich das Konzept gewaltfreier Kommunikation von Rosenberg empfehlen. Ich bin zwar schlecht drin, aber wenn ich in den letzten 20 Jahren Fortschritte gemacht habe, dann deswegen. Ich kann wieder und wieder beobachten, wie man damit Situationen entschärfen kann, zumindest.

    Einmal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Ich habe doch nun mehrfach erklärt, weshalb ich diese enge Gleichführung beharrenswert fand: Weil sie genau den Verlauf von Scott über Prickel zu Valentine ausmacht.


    Dass die, wenn man das Thema ausweiten will, "zu eng" ist, habe ich auch mehrfach zu erkennen gegeben.


    Edit: Denn es ging, auch das habe ich mehrfach gesagt, um den Vergleich gegenderte Sprache vs. rassistische Schimpfwörter. Nicht etwa sexistische Schimpfwörter und rassistische Schimpfwörter. Um es plastisch zu machen: Ich glaube wirklich 0,0, dass sich eine wieauchimmeralte weiße Frau durch das nicht präsente "... und Schülerinnen" genauso beleidigt, tief getroffen, in der Seele durchgeschüttelt fühlt wie eine Person, die mit dem N-Wort tituliert wird. Und ich glaube das, obwohl ich beide Themen für sich für absolut berechtigt halte. Und obwohl ich mich in beide nicht emotional hineinzaubern kann - dennoch fände ich das widersinnig. Und obwohl ich auch die Klammern erkenne, die beide haben, natürlich. Die sind aber, für mich nach wie vor und aus diesem Grund, viel zu grob, als dass sie für sich schon treffend/alleinerklärend sein könnten.


    Was soll ich jetzt also daraus schlussfolgern? Dass derjenige, der darauf beharrt, dass er diese spezielle Eskalation unberechtigt fand, das alles mal nicht "so eng" sehen soll? Und nicht etwa genau andersrum: Dass diejenige, die bei der Eskalation beteiligt war, natürlich nur zu gerne den Rahmen ausweitet, damit das nicht "so eng" gesehen wird? Damit man irgendwann behaupten kann: "Darum ging es doch gar nicht." Doch, für mich ging es ausschließlich darum. Habe ich stets und ständig und mehrfach nach allen Seiten so zum Ausdruck gebracht.

    3 Mal editiert, zuletzt von Zackzack ()

  • Vom Prinzip her habe ich das schon verstanden. Tatsächlich aber finde ich die Argumentation nicht überzeugend.


    Ich weiß aber nicht, ob es lohnt, das zu verfolgen.


    Der Punkt ist, dass es nicht so einfach ist, zwischen Schimpfwörtern im besonderen und exkludierender Sprache allgemein zu unterscheiden.


    "Nigger" war nicht immer dasselbe Schimpfwort, welches es heute ist. Es war immer exkludierend und derogativ, aber wurde nicht unbedingt bewusst als Schimpfwort eingesetzt.


    Die Mutter meiner Kinder hatte sich neulich sehr aufgeregt, weil die Lehrerin eine unserer Töchter mit "Frollein" angesprochen hatte. Dies geschah in der Tat im Rahmen einer Maßregelung.


    Ich fand die Aufregung übertrieben, aber für die Mutter war es eine Grenzüberschreitung. Ich finde auch, dass "Fräulein" im Alltag gar nicht mehr geht, aber in dem Fall fand ich es nicht dramatisch. Der Punkt ist aber: "Fräulein" war nicht immer ein Schimpfwort, rückt aber immer mehr in die Richtung.


    Das ist genauso, wie ich manchmal herablassend wirke, obwohl ich das überhaupt nicht meine. (Meistens.) Oder wie Frauen von Männern häufiger unterbrochen werden. Auch wenn das nicht beabsichtigt ist, kommt man nicht umhin, die Herabsetzung darin wahrzunehmen, sobald es einmal bewusst geworden ist.


    Es gibt einen fließenden Übergang von mangelndem Respekt zu Beschimpfung.

  • Deine Einschränkung ist heutzutage anerkannt, vor 100 Jahren wärst Du der wunderliche Dorfdepp gewesen, den sie Vollidiot, Trottel, Spasti gerufen und mit Steinen beschmissen hätten.


    Heute gilt Deine Besonderheit als eine Krankheit, und Du nimmst am Alltag anerkannt und [im Idealfall] normal teil.

    Ganz gut, wie da die Entwicklung gelaufen ist, gell?

    Das ist ein schwieriger Vergleich, denn heutzutage hat man für dieses Handicap, welches es schon immer gab, einen Namen, bzw. man hat es durch den medizinischen/therapeutischen Fortschritt herausgefunden.


    Das ist beim umschreiben von Büchern oder gendern nicht der Fall.

  • Ich zum Beispiel sehe das Aufregen über das Thema Gender generell als Respektlosigkeit und manches davon tatsächlich schon beleidigend. :ahnungslos:


    Und Fräulein fand ich schon vor mehr als 30 Jahren eine Beleidigung und drohte durchaus schon früh Männern, wenn sie mich so bezeichneten mit entsprechender Anzeige nach der dritten derartigen Anrede.


    Es hat damals dann tatsächlich keiner öfter als zweimal zu mir gesagt. Das wäre heute wohl bei dem ein oder anderen sehr anders.

  • "Ich weiß" gegen "ich glaube/meine" ist da so ein Beispiel gewesen.

    Das erste verwendet der Weiße oder der Mann, das zweite der Schwarze oder die Frau, beide Male wird die eigene Meinung dargestellt.

    Ich benutze nur so lange "glaube" bis ich es weiß, dann sage ich auch "ich weiß". Dieser Glaube kommt meist durch Erfahrung und ähnlich gelagerte Fälle zustande, z.B. wenn man 10 Jahre lang Mathe lernt und dann eine Aufgabe aus der 11ten Klasse bekommt, da weiß man nicht wie es geht aber aufgrund der Erfahrung glaubt man sie lösen zu können. Je nach Fachgebiet ist dann der Glaube mal mehr oder weniger nah dran an der Wahrheit, dem Wissen.

  • Und dass Begriffe, die einst akzeptiert und vielleicht sogar en vogue schienen, irgendwann für eine (auch in der Masse) relevante Gruppe nicht mehr angemessen sind.

    Die Bürger wollen keine Gendersprache

    Zitat

    Auch martialisch-militärische Redewendungen sind nach meinem Empfinden rückläufig, während sie in meiner Jugend noch weit verbreitet waren.

    Was wurde denn da so gesagt?