Politischer Zoff-Thread oder so

  • Was aber auch daran liegt dass Fehler machen in Deutschland mit Scheitern gleich gesetzt wird und somit "personelle Konsequenzen" erfordern müssen nach der Logik.


    Dann ist es klar dass versucht wird Fehler zu verschweigen, wenn man befürchten muss für jeden Fehler sofort seinen Posten zu verlieren.

  • Also ich empfinde es eher so, dass wir in Deutschland schnell zu Versagern abgestempelt werden, wenn uns Fehler passieren. Das ist z.B. in Amiland anders, da gehört Scheitern dazu, solange man sich wieder aufrappelt.

    Unsere 'Fehlerkultur', so wie ich sie wahrnehme, lädt daher eher zum Verschleiern der Fehler ein.


    andremd bringt's auch auf den Punkt.

  • Da spielen gefühlt aber viele weitere Faktoren mit rein. Wie oft mache ich (kritische) Fehler, also wie additiv performe ich sonst so :engel:, wie gehe ich mit Fehlern um wenn sie passieren ... im Idealfall liefere ich vielleicht sogar gleich die Lösung mit etc. pp.

  • Fehler gemacht, eingestehen, korrigieren = alles Ok.

    Um mal bei den Politikern zu bleiben: Wo passiert das denn? Nach meinem Empfinden wird meist sofort der Rücktritt gefordert (Scharping 2002, Özdemir 2002, zu Guttenberg 2011 oder außerhalb der Politik Käßmann 2010), ein "Daraus hast du hoffentlich gelernt und machst es zukünftig besser" bildet eher die Ausnahme.

    Ich denke, dass das Volk das auch so sieht, aber "die Politiker" keine Cochones haben zu ihren Fehlern zu stehen.

    Da bleibt die Frage nach Henne und Ei. Verhalten sich Politiker so und deshalb ist das Volk von ihnen enttäuscht oder übt man auf die Politiker Druck über mangelnde Fehlerkultur aus und sie glauben deshalb, dass Vertuschung die "bessere" und gesellschaftlich weniger schadhafte Alternative sei. Ich behaupte letzteres, weil Deutschland so tickt.


    Das ist übrigens auch mein Eindruck aus dem Arbeitsleben. Zumindest, je mehr es Richtung Großkonzern geht. Da wird vertuscht und/oder zurückgetreten. Fehler machen, zu ihnen stehen und dann ist alles gut ist meist keine valide Alternative. Das dürfte zum Glück in kleineren, familiären Betrieben oft anders sein, weil die zwischenmenschliche Komponente deutlich stärker zum Tragen kommt.

  • Sagen wir mal so, wenn es sich um Betrug und Gesetzesverstösse geht, dann nützt auch kein Eingeständnis mehr.

    Dann ist "man"halt zurecht erledigt. Vielleicht muss man den Fehler als Begriff erstmal umreißen.

    Wenn das Ding schon in den Brunnen gefallen ist, ja dann gibt es kein Zurück mehr, dann gibt es nur noch Vertuschung und Beten.

    Da liegt das Problem dann aber ganz woanders, wenn man meint über dem Gesetz zu stehen, und erwarten würde, dass das ja verziehen werden musss, weil die Karriere ja keinen Schaden nehem soll.


    Natürlich kann man zB, den "Dieselskandal" nicht als als Fehler abtun, um auch auf die Großindustrie einzugehen. Wer sich einen Vorteil durch Betrug verschaffen möchte, der wird heute nicht hart genug bestraft. Wie die die Schwalbe beim Fußball. :lookaround:

  • Fehler gemacht, eingestehen, korrigieren = alles Ok.

    Um mal bei den Politikern zu bleiben: Wo passiert das denn? Nach meinem Empfinden wird meist sofort der Rücktritt gefordert (Scharping 2002, Özdemir 2002, zu Guttenberg 2011 oder außerhalb der Politik Käßmann 2010), ein "Daraus hast du hoffentlich gelernt und machst es zukünftig besser" bildet eher die Ausnahme.

    seit 10 jahren keine fehler mehr in der deutschen politik... :rocken:

  • Prickel und Andre bringen das schon gut auf den Punkt. Fehler sind auch heute noch oft ein Grund, Personen zu diskreditieren. Gerade bei Politikern wird immer nach Fehlern gesucht. Wenn da nix zu finden ist, ist die/derjenige "blass" oder es fehlt an Profil.

  • Nach Nüßlein vor ein paar Tagen, wurde heute die Immunität von Axel Fischer aufgehoben. Die Unionsparteien sind noch nicht Wahlkampfbestform, aber ihre derzeitigen 37% Wählerstimmen werden bestimmt wieder steigern. Traurige Einzelfälle, keine Politik Kultur. Spannend wäre, wenn zB. bei Spahn der Deckel fliegt - ach obwohl, der hat auch echt einen stressigen Job, und da musste es wirklich schnell gehen mit den Masken.

  • Man soll ja nicht nach unten vergleichen, aber lieber Laschet der Prüfungen verdaddelt als Merz der die Zeit zurück dreht und ein Wirtschschaftsbonze ist.

  • :kotzen:


    Wenn die Videosequenz, die ich eben gesehen habe, wirklich das Geschehen im Senegal zeigen sollte, dann war das eiskalter Mord eines Polizisten.



  • Mal ein paar Eckpunkte aus dem Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung


    (Ich gehe aus, dass das diesmal auch so veröffentlicht wird. Gibt ja keine FDP in der Bundesregierung, die was streichen oder Formulierungen entschärfen will :lookaround:)


    - Von den wachsenden Einkommen profitieren weiterhin vor allem die Haushalte, die schon jetzt eher gut oder besser verdienen.

    - Die Aufstiegschancen sind seit Anfang der 1990er Jahre bis Beginn der 2000er Jahre deutlich zurückgegangen und bleiben weiterhin schlecht.

    - Positiv hat sich der Mindestlohn ausgewirkt. Die Einkommen der Niedriglöhner sind dadurch deutlich gestiegen.

    - in Deutschland gilt gut jeder Fünfte (21,7%) als Niedriglöhner.

    - auf die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung entfallen rund 1% des gesamten Nettovermögens.

    - die vermögensstärksten 10% der Haushalte verfügen über die Hälfte des gesamten Nettovermögens.

    - das durchschnittliche Bruttovermögen der privaten Haushalte ist von 144.000€ im Jahr 2008 auf 194.000€ im Jahr 2018 gestiegen

    - das Bruttovermögen von Männern beträgt 145.000€, das von Frauen 104.000€.

    - ca. 70% der Vermögen sind Immobilien.

    - Jeder neunte Haushalt verfügt über keinerlei Bruttovermögen.

    - Bei den Haushalten mit geringem Einkommen war der Rückgang bei der Wahlbeteiligung überdurchschnittlich stark.

    - Mehr oder weniger alle Trends und Entwicklungen scheinen sich durch die Pandemie noch weiter zu verstärken.

  • Bei den Haushalten mit geringem Einkommen war der Rückgang bei der Wahlbeteiligung überdurchschnittlich stark.

    Unabhängig von den anderen wichtigen und definitiv in die völlig falsche Richtung laufenden Punkten, ist das für mich eine Schlüsselaussage, die den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Situation und politischer Teilhabe zeigt.

    Ich vermute, dass das Hand in Hand mit dem Bildungsgrad und dem Interesse an Bildung geht?

  • Spätfolgen des Kolonialismus oder mehr, würde mich interessieren.


    Wenn man sieht, dass überall in afrikanischen Ländern so ziemlich die gleichen Problematiken hochkochen, könnte man das tatsächlich vermuten.


    Insgesamt ist die Unzufriedenheit aber wohl durch Corona noch mal größer geworden.


    Vorher war durchaus eine leicht positive Entwicklung wirtschaftlicher Art zu verzeichnen, da der Rest der Welt die Wichtigkeit der afrikanischen Märkte, Grund für Landwirtschaft und Arbeitskräfte für sich entdeckte.


    Ich konnte ja in meinem Dorf sehen, wie das ging.

    Einige hatten das sehr wohl nutzen können und es kam dem ganzen Dorf zugute.

    Fernseher, Autos (ok, keine neuen oder neueren, aber man kann Geld damit verdienen. Sie dienen noch nicht dem Individualverkehr),...

    Nun kann eigentlich von der Größe her nicht mehr über ein Dorf gesprochen werden.

    Mit Corona kam der Einbruch. Nicht nur Einbruch im inländischen Handel, sondern auch die Auswirkungen durch Einbrüche in der restlichen Welt.

    Die, die sich zum Arbeiten außerhalb befinden und von dort ihre Familien versorgen, können nicht mehr soviel schicken, weil sie nicht mehr soviel arbeiten können wie vorher.

    Die, die mit der Einfuhr ihr Geld verdienen oder mit dem Handel dieser Waren in der Heimat, haben mehr Probleme, Ware zu bekommen und abzusetzen, die Käufer haben weniger Geld.

    Nach einer Phase des Wachsen ist so ein Einbruch natürlich krasser in seiner Wirkung auf die Menschen.

    Man kann das auch immer an den Zahlen der Absetzbewegungen erkennen und die sind derzeit trotz aller Abschreckungsversuche und Ertrinkenden hoch. Aktuell besonders im Atlantik. Die Leichen, die nicht von rettenden NGOs gezählt werden, da die da nicht sind.


    Ein großes Problem überall, auch Beschäftigte in öffentlichen Positionen wie Polizei oder Lehrer können ihre Familie nicht von ihrem Gehalt ernähren, sie sind fast zu Korruption gezwungen und sehen ja an den oberen, wie das funktioniert.


    Ich weiß nicht, was ein Polizist im Senegal verdient und vermute, es wird mehr sein, als das, was er in Gambia kriegt. Der erhält ca. 50,- € und für das Hauptnahrungsmittel Reis bezahlt er dann 30,- € für einen 50kg Sack.

    Was die Bildung betrifft, ist in Westafrika keine positive Entwicklung für die Masse der Kinder/Jugend zu erkennen.

    Die neu gewachsene Mitte in Städten wird nicht ganz so stark gepampert, wie die oben sitzenden, aber stärker als vorher schon (schicke, moderne Wohnsiedlungen in Dakar mit modernen Playgrounds etc.). Die unten bleiben unten und kämpfen zusehends mehr mit unsauberen Mitteln, also schön gegeneinander. So wie die oben es vormachen, allerdings unten mit weniger Erfolg.

    Gebildete bleiben weg oder wollen weg, weil es keine Jobs gibt, von denen sie leben können. All die, die die Länder so dringend benötigen, das Wissen, das Können.

    Aber sie können ihren Familien aus dem Ausland meist mehr helfen (finanziell) und die Familie ist dann aus Überlebens- und Wirtschaftsgründen wichtiger als der Staat und die anderen.


    Wie sich in Westafrika die neue Währung letztendlich auswirken wird, da hab ich noch gar keine Idee. Die breite Bevölkerung hat das noch gar nicht so realisiert, weil es praktisch ja noch nicht umgesetzt ist.

    Für den Senegal und die anderen alten FCFA-Länder kann es positiv sein, weil die starre Bindung an Frankreich aufgehoben scheint. Es muss dann wohl nicht mehr der größere Teil des Staatsvermögens bei der französischen Nationalbank liegen, also auch nicht mehr bei Frankreich gefragt werden, ob sie da mal was von haben können zum Investieren und noch so einige andere Fesselungen in wirtschaftlicher Sicht.

    Die neu dazugekommenen Länder (also die Menschen dort) haben Bedenken wg. der neuen Nähe zu Frankreich, was natürlich in die Planung involviert werden musste. Der Grundgedanke ist wohl dem Euro vergleichbar. Die ECOWAS (die der Facebook-Übersetzer ja gern mit EU übersetzt :kichern:), also der Westafrikanische Wirtschaftsbund, mit eigentlich offenen Grenzen, wie Schengen (leider von der EU mit deren Kampf gegen Flüchtlinge einfach mal aufgehoben), nun auch mit einer gemeinsamen Währung.


    Die Jugend folgt denen, die dies alles und besonders die Korruption der Oben am glaubhaftesten anprangern, wie eben Wine in Uganda und Sonko im Senegal.


    Ja, manch einer führt das alles auf die Kolonisation zurück, manch einer bestreitet das und meint selbst schuld.

    Ich persönlich meine, die Kolonialzeit ist noch lange nicht zu Ende. Die Unabhängigkeitserklärungen sind genau so zu betrachten wie die Sklavenbefreiung der Schwarzen in USA.

    Worte, Verschleierung, Schönmalerei, die alte Gestalt in neuem Kleid.


    Die Nähe des Senegal zu Frankreich war schon immer ein zweischneidiges Schwert. Zum einen das Unterdrücken der Selbstständigkeit von Seiten Frankreichs aus nationalen ökonomischen Gründen (Angst vor dem Runterfallen im Ranking Wirtschaftsmacht. Die derzeitige Position ist nur Dank der Gelder der Exkolonien erreicht worden, ohne dies wären sie nur unter ferner liefen mit bösen Kreditkonditionen in Richtung der von Afrikanischen Ländern).

    Auf der anderen Seite schwappten starke Bewegungen in Frankreich oft rüber in die Kolonie/Exkolonie.

    Die Studentenbewegung z.B., die Zeit ist schon irgendwie ein Fundament des heutigen demokratischen Senegal.



    Und das befruchtet anscheinend auch Frankreich. Ich habe die Tage in eine Doku auf Arte gezappt, in der es um derzeitige Proteste in Frankreich und Corona ging und war positiv überrascht, dort Felwine Sarr, einen senegalesischen Sozialwissenschaftler und Professor der Ökonomie in Saint Louis analysieren zu hören.

    Bei dem Namen Sarr fällt mir übrigens ein interessantes Filmprojekt ein (nicht speziell Afrika, sondern global). Der Film soll im Juni bei den Filmfestspielen Premiere haben, wenn die denn stattfinden.

    "Wer wir waren"


    Darin äußern sich sechs Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen zum Fortbestand der Menschheit und des Planeten Erde und unserer Gesellschaft in der Zukunft.


    Sarr ist einer der Wissenschaftler, Alexander Gerst ein anderer.