Politischer Zoff-Thread oder so

  • Das Problem scheint tatsächlich zu sein, das keine Regierung mehr Politik machen kann, die irgendjemandem weh tut. Rumms, Massenproteste und Maximalkompromiss.

    (...)

    Ist das so? Protest lässt sich auch ziemlich gut ignorieren oder tritt in Deutschland gar nicht so häufig auf im Vergleich.


    Strategisch verstehe ich nicht, wieso man für läppische 900 Millionen Euro die Konfrontation mit einer stark organisierten Gruppe gesucht hat. Das Geld ließe sich auch einsparen indem man an ein paar anderen Stellen kürzt, braucht man wirklich 300 Milllionen für Radwege in Peru oder das zweitgrößte Entwicklungshilfebudget der Welt?

  • oder das zweitgrößte Entwicklungshilfebudget der Welt

    Also möchtest Du lieber, dass die Menschen zu uns kommen, anstatt dass bei ihnen zuhause die Voraussetzungen zum Leben verbessert werden?

    Ich hatte Dich bislang anders verstanden.

  • oder das zweitgrößte Entwicklungshilfebudget der Welt

    Also möchtest Du lieber, dass die Menschen zu uns kommen, anstatt dass bei ihnen zuhause die Voraussetzungen zum Leben verbessert werden?

    Ich hatte Dich bislang anders verstanden.

    Effektive Entwicklungszusammenarbeit kann hier möglicherweise etwas beitragen, ja. Das möchte ich auch nicht kürzen.

    Aus Kolumbien kommen aber zu wenig, als dass die 200 Millionen € zur Umsetzung nationaler Klimaziele notwendig wären, genauso bei Tansania und der Hilfe zur Einführung einer Krankenversicherung. Man kann Entwicklungshilfe auch strategischer nutzen, so wie Schweden das angekündigt hat.


    Aber insgesamt war das ja nur ein Beispiel, es gibt auch Projekte der Bundesministerien in Deutschland selbst, die man auf den Prüfstand stellen könnte. Ganz abgesehen von dem "plötzlichen" Mehrbedarf von über 2 Milliarden €, weil man die Auswirkungen der Bürgergelderhöhung unterschätzt hat.

  • Das Problem scheint tatsächlich zu sein, das keine Regierung mehr Politik machen kann, die irgendjemandem weh tut. Rumms, Massenproteste und Maximalkompromiss.


    Ist das Absicht, Regelungen überzogen zu postulieren, damit der Kompromiss den Zweck erfüllt? Oder ist es naive Regierungsarbeit?


    Und von Bürgerseite schauend, wer ist denn bereit, was zu akzeptieren und wie ändern wir Dinge, wenn keiner bereit ist zurückzustecken?

    Es ist halt handwerklich schlechte Regierungsarbeit. Die Ampel ist bei kaum einer Entscheidung wirklich einig bzw. kann nach außen Einigkeit vermittelt. Es gibt immer eine offene Flanke.

    Ich bleibe dabei, Scholz ist ein ganz schwacher Kanzler, es wäre seine Aufgabe den Laden zu disziplinieren.

  • Kiebitz

    Wir können ganze Töpfereien mit Geldtöpfen auf den Prüfstand stellen in Deutschland.


    Entwicklungshilfe gehört in meinen Augen generell erstmal nicht dazu, wenn auch klar ist, dass ich in den Details pro Land (Kolumbien, Peru, whatever) nicht so drin stecke...

  • Ich wollte auch keine Diskussion über Sinnhaftigkeit von Entwicklungszusammenarbeit starten, sondern die Frage in den Raum werfen, wenn es darum geht, dass die fetten Jahre vorbei sind, wieso man Lösungen mit großem Widerstand sucht, anstatt zu schauen, wo es Einsparpotenzial gibt, das weniger Protest hervorruft. Das können auch zum Beispiel neue Stellen in der Bundesverwaltung sein. Wie gesagt, 900 Millionen sind nicht besonders viel, das bekommt man auch mit vielen Einzelmaßnahmen zusammen.

  • Weil die Höhe/Stärke eines Protests ja wohl hoffentlich nicht der Gradmesser für eine Entscheidung sein sollte, sondern das zu erwartende Ziel als Bewertung gilt. Was ist das denn für eine abstruse Denke? Wir kürzen da wo am wenigsten Menschen meckern? Das klingt nach einer super durchdachten Taktik...

  • Weil die Höhe/Stärke eines Protests ja wohl hoffentlich nicht der Gradmesser für eine Entscheidung sein sollte, sondern das zu erwartende Ziel als Bewertung gilt. Was ist das denn für eine abstruse Denke? Wir kürzen da wo am wenigsten Menschen meckern? Das klingt nach einer super durchdachten Taktik...

    Stimme ich dir absolut zu, aber das kann sich eine Regierung die derzeit in Umfragewerten so viel erhält wie die stärkste Oppositionspartei offenbar nicht leisten. Ganz davon abgesehen, dass Regierungen nüchtern betrachtet immer so handeln, weshalb seit Jahrzehnten die Rente eher im Fokus steht, als strategische Investitionen.

  • Wie wär es denn die reichsten 0.01% der Deutschen ein wenig um ihre Geldsorgen zu erleichtern, oder Turbokapitalismus mit einer kleinen Transaktionssteuer zu unterbinden, nein wo kommen wir dahin?

    Lieber sinnvolle Sachen wie Entwicklungshilfen kürzen, zum Glück habe ich noch nicht gefrühstückt…

  • Die Union hat ihre integrative Kraft und historische Aufgabe (Nie wieder) vollkommen verloren.

    „Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben“ sagte mal Strauss.

    Jetzt gibt es rechts von der CDU/CSU neben der AfD, Wagenknecht, FreieWähler evtl bald noch die WerteUnion mit nennenswerten Wahlergebnissen.

    Was läuft da ggf falsch? Wie wird das Phänomen unter Konservativen diskutiert? Wird es überhaupt intern diskutiert? Der Verweis auf die mariginalisierte SPD, oder europäische Tendenzen kann doch nicht ausreichend sein.

    „Die Ampel ist Schuld“ kann doch auch nicht ernsthaft als Erklärung herhalten. Selbst wenn man der Ampel alles Böse und Schlechte andichtet, wieso schafft es die Union nicht, den Hauptnutzen daraus zu ziehen? Gerade weil die Ampel ein kommunikatives Desaster ist, hat die Union doch alle Chancen.

    Ich bin der festen Überzeugung, ein junger Polenz würde der Union ein glaubhaftes, konservatives, menschenfreundliches Gesicht geben können und die Zersplitterung nach rechts bremsen (halbieren).

    3 Mal editiert, zuletzt von Nebensache ()

  • Wir leben in [weltweit] umwälzenden Zeiten.

    Der zementiert geglaubte Wohlstand des Westens bröckelt, die sicher geglaubten Bündnisse wackeln und die Flüchtlingsströme wachsen Jahr für Jahr.


    Das macht den Menschen zunehmend Angst und führt nach meiner Einschätzung dazu, dass die Ängstlichen Schutz und Sicherheit suchen. Und die finden sie vermeintlich bei denen, die ihnen alte Stärke und eben Schutz versprechen, indem sie das verdammen, was den Leuten Angst einjagt. Das geht einher mit dem Wunsch nach Beständigkeit in der Regierung und einer starken Hand.

    Tadaaaa, und da kommt der Rechtspopulismus um die Ecke und will die Lösung sein.


    //edit:

    Dazu kommt für mich persönliches noch das Beackern von Nebenkriegschauplätzen wie z.B. überzogenes Gendern, Diskussionen über Karl May, Astrid Lindgren, etc.

    Nicht, dass das kein Thema sein darf, aber vielleicht sind das gerade nicht die Prioritäten?

  • Dazu kommt für mich persönliches noch das Beackern von Nebenkriegschauplätzen wie z.B. überzogenes Gendern, Diskussionen über Karl May, Astrid Lindgren, etc.

    Nicht, dass das kein Thema sein darf, aber vielleicht sind das gerade nicht die Prioritäten?

    Und das witzige ist, dass es die Leute die sich darüber echauffieren in der Regel gar nicht im echten Leben betrifft und das kein Thema wäre, wenn sie es selbst nicht wären, die das ständig zu einem Thema groß aufblasen ... nur um sich dann darüber zu echauffieren, dass sie damit nicht in Ruhe gelassen werden. Total gaga ... wie auf Twitter / X. Da wird der Trend eines Wortes beklagt und mit dem beklagen wächst die Reichweite des Wortes und schwubs, haben mal die Linken mit dafür gesorgt, dass ein rechter Hashtag floriert und dann mal die Rechten mit dafür gesorgt, dass ein linker Hashtag floriert .... und alle echauffieren sich im Kreis.

  • prickelpit96

    hat die Union also keine Chance, die Zersplitterung nach rechts zu bremsen?

    Sehr schwierig einzuschätzen, finde ich.

    Die Unionisten, die ich kenne, sind im Denken konservativ, aber alles andere als rechts. Einige von denen fanden die Union unter Merkel zu links, wollen aber beileibe keine AfD oder Werteunion.

    Legendär der Satz eines mir nahestehenden Menschen, der zu seinem 80. den Satz kreierte: Ich liebe Deutschland, brauche aber keine Alternative dazu. Der Mensch ist klassischer CDUler, aber eben nicht rechts.


    Ich behaupte, es gibt [mittlerweile?] einen Prozentsatz an Menschen in Deutschland, der glaubt, dass ein starkes Deutschland mit starken Grenzen und einer ethnisch homogenen Bevölkerung erstrebenswert ist. Und die einen urbanen, weltoffenen Lebensstil ablehnen, weil er ihnen Angst einflößt. Man kann ja als Frau nicht mehr alleine nachts die Straße überqueren!!! Dass das in den allermeisten Gegenden gar nicht stimmt, vor allem in denen, wo die Angst davor am größten zu sein scheint, spielt keine Rolle. Gefühlte Realitäten....

    Bahnfahren geht ja auch nicht mehr, weil man da permanent mit Messern bedroht wird.


    Die Union deckt diese Sorgen derzeit für viele nicht mehr ab, sodass rechts davon gesucht wird. Merz und Söder versuchen sich zwar immer wieder im Populismus, verkacken aber gegen die Originale. Was logisch ist in meinen Augen.

    Dazu kommt, dass 80 Jahre eine lange Zeit sind und der Fliegenschiss in der Deutschen Geschichte immer mehr zu verblassen droht bei vielen Menschen. Erlebe ich so auf reddit im Sub r/dezwo zum Beispiel, wo ich gnadenlos ausgebuht werde, wenn mich das stört und ich es kundtue.


    Wir werden mit Strömungen rechts von der Union leben müssen, denke ich.

    Dass sie sich derzeit noch zersplittern, ist gut, kann aber schnell vorbei sein, wenn eine rechte Regierung an der Macht ist und Koalitionen sucht.

  • danke für die ausführliche Antwort. Ich will/kann mich mit den Strömungen rechts der CDU nicht abfinden und glaube, eine glaubhafte! menschenfreundliche! konservative Partei in Deutschland könnte das verhindern. Ich bin alles andere als religiös, aber eine christliche demokratische Union wird dringend gebraucht.

  • Das Strauß-Diktum auf die heutige Zeit zu übertragen ist nicht ganz unproblematisch, da man davon ausgehen kann, das ein Politiker wie Strauß der Kanzlerin spätestens seit 2011 die Leviten gelesen hätte und es überhaupt nicht zu einer Gründung der AfD gekommen wäre. Merkel hat damals ja auch in der Debatte um dieses Diktum geäußert, dass sie nicht bereit ist jeden Preis dafür zu zahlen und hat letztendlich der AfD den Aufstieg ermöglicht. Die Union hat also damals nicht gehandelt, wie es die Maxime erfordern würde. Anfang der 90er-Jahre sah das noch anders aus, als man die Republikaner als Hauptgegner hatte, da war die Reaktion eine Andere.


    Jetzt haben wir die Partei aber nun einmal und mit ihr das strategische Dilemma der Union, das man zwar Mehrheiten rechts der Mitte hat, aber außerhalb Bayerns in Koalitionsregierungen "gezwungen" wird, die Politik oft links der Mitte machen muss. Natürlich schärft man so kein konservatives Profil und stolpert in eine Abwärtsspirale. Lange war das Argument, dass eine Stimme für die AfD, eine Stimme für Rot-Grün ist, was ja auch irgendwie richtig ist, aber genauso richtig ist es, dass wer Schwarz wählt, am Ende Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün bekommt, im "schlimmsten Fall" sogar Rot-Grün. Dafür zieht die Union schon einen recht großen Nutzen aus der derzeitigen Situation, wenn man bedenkt, dass die Union in der nächsten Koalition einen Teil ihrer Wähler wieder wird enttäuschen müssen.

    Es mag kontraintuitiv sein, aber ich glaube auch, dass wenn die Ampel ein bißchen bessere Arbeit leisten würde, die CDU mehr davon profitieren würde. Angesichts der absolut unterirdischen Leistung fühlen sich offenbar aber Teile der Wähler dazu genötigt "radikale Schritte" zu gehen, die Medienlogik und Politikerreaktionen auf immer weiter steigende Umfragezahlen der AfD scheinen das ja auch zu bestätigen. Nur, dass die Ampel darauf komplett fahrig und panisch reagiert.

    Beispiel Migrationspolitik, hier gab es Gesprächsangebote der Union, allerdings ist das alles gescheitert und man wird keine vernünftigen Lösungen erwarten können.


    Thema Polenz, das wäre eine gute Strategie auch die CDU in den Abgrund zu schießen. Seine Twitter-Beiträge bestehen einzig und allein daraus gegen die eigenen Leute zu schießen, nichts an seinen Überzeugungen ist konservativ. Er ist eher der Posterboy von linken Politikern, die sich einen Konservativen vorstellen.