Politischer Zoff-Thread oder so

  • Ich würde auch gerne mal wissen, welche Steuergeschenke die PKV bekommen hat in den letzten Jahren bzw wo Ihnen in den Arsch gekrochen wurde? Als der Baistarif eingeführt wurde? Als entschieden wurde, dass Alterungsrückstellungen beim Wechsel der Gesellschaft mitgenommen werden können. Als entschieden wurde, dass man drei Jahre über die JAEG verdienen muss, um sich von der Versicherungspflicht in der GLV befreien lassen kann??


    Und aschi sagt es genau richtig, hier wird manchmal so getan, als ob bei privaten Versicherungen nur Vorstände dick Geld machen und mehr nicht. Das es aber auch Angstellte gibt, die hier ihr Geld verdienen, scheint egal zu sein.


    Und eine VVaG ist bestimmt nicht vergleichbar mit der GKV. Das fängt schon damit an, dass der Staat nicht einfach Leistungen streichen kann oder den Beitrag bestimmt.


    Und ich kann auch nicht verstehen, wieso alle immer davon ausgehen, dass gleich die großen am Ende gut darstehen sollten. Gerade kleiner und jüngere Unternehmen können günstigere Beiträge anbieten. Hierfür sollte man sich einfach nochmal das Äquivalenzprinzip durch den Kopf gehen lassen.

    Einmal editiert, zuletzt von Leon ()

  • Ich wollte gar nicht darauf hinaus, ob irgendjemand (Banken, Versicherungen oder sonstwer) irgendwelche sogenannten "Steuergeschenke" bekommen hat oder nicht. Es geht mir allein schon um die Geisteshaltung, die sich in der Wortschöpfung vom "Steuergeschenk" niederschlägt.


    Denn ganz egal, wer ein solches "Steuergeschenk" erhält: Es besteht ja nicht darin, daß er irgendetwas bekommen würde. Sondern darin, daß ihm lediglich etwas weniger als bisher weggenommen wird. Das als "Geschenk" zu bezeichnen, finde ich einfach daneben. Da steht meiner Meinung nach die Ansicht dahinter, daß man ja im Prinzip sowieso für den Staat (respektive das Kollektiv, die Volksgemeinschaft...) arbeitet und gefälligst dankbar für jeden Cent zu sein hat, den dieser einem läßt.

  • Ich wollte gar nicht darauf hinaus, ob irgendjemand (Banken, Versicherungen oder sonstwer) irgendwelche sogenannten "Steuergeschenke" bekommen hat oder nicht. Es geht mir allein schon um die Geisteshaltung, die sich in der Wortschöpfung vom "Steuergeschenk" niederschlägt.


    Denn ganz egal, wer ein solches "Steuergeschenk" erhält: Es besteht ja nicht darin, daß er irgendetwas bekommen würde. Sondern darin, daß ihm lediglich etwas weniger als bisher weggenommen wird. Das als "Geschenk" zu bezeichnen, finde ich einfach daneben. Da steht meiner Meinung nach die Ansicht dahinter, daß man ja im Prinzip sowieso für den Staat (respektive das Kollektiv, die Volksgemeinschaft...) arbeitet und gefälligst dankbar für jeden Cent zu sein hat, den dieser einem läßt.


    Vielleicht solltest Du Deine Einstellung zu Steuern mal überdenken. Ich wiederum störe mich extrem an dem Wort "wegnehmen". Du kriegst so viel für Deine Steuern, was Du für völlig selbstverständlich hältst, und Du kriegst es deutlich günstiger, als wenn Du es privat bezahlen würdest, dass mich diese Einstellung einfach ärgert. Es geht um Gerechtigkeit, und vielleicht auch um die Frage, wer entsprechend seiner Möglichkeiten wieviel beiträgt. Und wenn dann primär die Institutionen oder Menschen entlastet werden, die von ihren Möglichkeiten her mehr geben könnten, darf man schon von Geschenken sprechen.


    Als wenn Steuern Diebstahl wären. Genau diese Geisteshaltung nervt mich in dieser Gesellschaft tierisch an. Solidarität ist nur dann gefragt, wenn sie einem was nützt. Wenn dafür man geben soll, ach nee, dann lieber nicht.


    Lieber Leon, eine Versicherungs-AG arbeitet zunächst mal für ihre Aktionäre. Die wollen Dividende und Kurssteigerungen sehen. Die VVaG mag etwas anders gestrickt sein, aber auch sie muss sich der Realität stellen.


    Die kleine VVaG ist am Anfang natürlich ganz toll. Vielleicht besonders dann, wenn sie ganz jung ist und erstmal schön junge und gesunde Mitglieder hat. Mit der Zeit werden die aber älter, und dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder, die VVaG wächst und zieht neue junge Mitglieder nach (damit ist sie dann aber irgendwann nicht mehr klein und dynamisch), oder sie muss die älteren, risikoreicheren Mitglieder irgendwie loswerden oder stärker zur Kasse bitten. Oder aber sie wird irgendwann aufgekauft, weil sie finanziell Schwierigkeiten bekommt. Versicherungstechnisch ist das ganz plausibel, wenn die Risikostreuung nicht mehr richtig funktioniert. Warum werden denn in der PKV nicht alle aufgenommen? Vielleicht, weil man die Leistungsfähigkeit der Kasse nicht überstrapazieren will (oder alternativ höhere Beiträge verlangen muss, was wiederum die Konkurrenzfähigkeit gerade bei den jungen und gesunden Mitgliedern schwächt)?


    Tja, entweder schließen sich die kleinen VVaG dann irgendwann zusammen und werden zwecks besserer Risikostreuung größer, oder sie werden aufgekauft. Und da haben die großen Versicherungskonzerne eindeutig die besten Möglichkeiten. Es kommt im Übrigen auch nicht von ungefähr, dass in der GKV zu Beginn des 20. Jahrhunderts deutlich über zehntausend einzelne Krankenkassen existierten, und heute sind es noch einge hundert (wenn überhaupt). Die kleinen Kassen sind genau in die Schwierigkeiten geraten, die ich eben geschildert habe, und die Probleme wurden auf dem von mir skizzierten Weg gelöst. Fusionen und Übernahmen. Selbst in der GRV lässt sich so eine Tendenz beobachten. In der GUV ebenfalls; die BGen waren ja jahrelang wie wild am fusionieren, bis nichts Sinnvolles mehr zum Fusionieren übrig war.


    Im Übrigen arbeiten in der GKV auch eine ganze Menge Menschen. Kommt mir also bitte nicht mit dem Arbeitsplatzargument. Das zieht hier mal gar nicht.

  • Gerecht wäre die Steuer, wenn jeder den gleichen Prozentsatz seines Einkommens abgeben müsste.


    Sehe ich anders. Eine gewisse Progression ist schon in Ordnung. 15, 25, 35 finde ich sympathisch. Wenn dafür das Geld fehlt, von mir aus auch 'ne Zeit lang 15, 30, 45. Was vordringlich weg muß, ist die kalte Progression.


    Vielleicht solltest Du Deine Einstellung zu Steuern mal überdenken. Ich wiederum störe mich extrem an dem Wort "wegnehmen". Du kriegst so viel für Deine Steuern, was Du für völlig selbstverständlich hältst, und Du kriegst es deutlich günstiger, als wenn Du es privat bezahlen würdest


    Bushaltebuchten zum Beispiel?


    War nur Spaß.


    dass mich diese Einstellung einfach ärgert. Es geht um Gerechtigkeit, und vielleicht auch um die Frage, wer entsprechend seiner Möglichkeiten wieviel beiträgt. Und wenn dann primär die Institutionen oder Menschen entlastet werden, die von ihren Möglichkeiten her mehr geben könnten, darf man schon von Geschenken sprechen.


    Als wenn Steuern Diebstahl wären. Genau diese Geisteshaltung nervt mich in dieser Gesellschaft tierisch an. Solidarität ist nur dann gefragt, wenn sie einem was nützt. Wenn dafür man geben soll, ach nee, dann lieber nicht.


    Ich fürchte, Du interpretierst mich hier über. Den Begriff des "Wegnehmens" habe ich ganz neutral verwendet, als Gegensatz zum "Bekommen", welches ein Geschenk normalerweise auszeichnet. Es gibt auch Fälle des Wegnehmens, die ich sehr positiv bewerte. Zum Beispiel, wenn Mama dem kleinen Kind die große Schere wegnimmt. Oder wenn jemandem, der illegal eine Waffe besitzt, diese weggenommen wird. Oder wenn man einem Dieb sein Diebesgut wieder wegnimmt.


    Womit wir wieder beim Diebstahl wären. Den Begriff habe ich nicht verwendet und würde das in dem Zusammenhang auch nicht tun. Aber ich bleibe dabei, daß es noch lange kein Geschenk ist, wenn man von seinem eigenen Geld mehr als bisher behalten darf. Auch, wenn man leistungsfähiger ist als andere. Es ist ja nicht so, daß man für diese Leistungsfähigkeit nicht auch etwas getan hätte (und ja, ich weiß, es gibt auch diejenigen, auf die das nicht zutrifft, aber das ist nicht die Mehrheit).


    Über Solidarität reden wir mal bei anderer Gelegenheit, ich will jetzt "Hart aber fair" sehen. Geile Runde. :rofl:

  • Gerecht wäre die Steuer, wenn jeder den gleichen Prozentsatz seines Einkommens abgeben müsste.

    Hier bin ich mit aschi - ausnahmsweise ;) - vollständig d'accord. Ein Steuersatz für alle - ohne Ausnahmetatbestände und Verrechnungsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Einkunftsarten. Schwupps, schon sind alle Steuersparmodelle vom Tisch. Gerechtigkeit erzielt man über eine Verbrauchssteuer, die z.B. auch den Handel mit Finanzprodukten (nein, nicht Versicherungen - die werden bereits mit 19% versteuert), Aktien etc. sind gemeint, Immobilien - gleich ob privat oder gewerblich etc. - Dann ergäbe sich der Effekt, dass große Vermögen auch sehr viel höhere Beiträge (durch Konsum und Handel mit Vermögenswerten) in die Sozialkassen abführen würden. Beispiel: Während die Tüte Milch 5 Cent abführt, brächte ein Phaeton € 500 usw. Wo wäre hier genau das Problem? Wir leben in einer konsumorientierten Wirtschaftsordnung (Wirtschaftswachstum als Grundlage unserer Lebenswirklichkeit und das ganze Blabla...) warum also nicht genau diesen Konsum als Maßstab für Versteuerung heranziehen?

  • Mir ging es nicht um die Art der Steuer, sondern die Einstellung zu Steuern. Musketeer, natürlich hast Du nicht von Diebstahl gesprochen. Da bin ich dann schon ins Allgemeine übergegangen. Viele in der FDP oder bei der großen Boulevardzeitung mit den vier Buchstaben haben aber z.B. genau diese Einstellung. Und ich sage: Steuern sind ein sinnvoller Beitrag zur Gemeinschaft, von dem ich am Ende wieder profitiere. Insofern nimmt mir keiner was weg, sondern ich gebe vom Prinzip her für eine gute Sache. Nämlich die Gemeinschaft, die mir via den Staat zahlreiche Dinge ermöglicht und einen Schutz für Eigentum und Leben gewährt, wovon ich sonst nur träumen könnte. Grundsätzlich sehe ich das jedenfalls so, über das "wie" kann man natürlich streiten und auch ich bin nicht mit allem dabei einverstanden. Es reicht ein kurzer Blick in das vorletzte und das vorvorletzte Jahrhundert, um den Sinn auch höherer Steuern zu begreifen.


    Gerechtigkeit ist immer so eine Frage. Ich finde die Steuerprogression schon ganz gut, aber die kalte Progression natürlich nicht. Es spräche ja auch nichts dagegen, die Bemessung jedes Jahr an die Inflation anzupassen -- von mir aus kann man die Sätze dann sogar leicht anheben, damit sich der Einnahmeverlust des Staates dabei in Grenzen hält, für den die Inflation natürlich auch gilt (also im oberen Einkommensbereich etwas mehr, im unteren etwas weniger). Die direkten Steuern wie eben Einkommens- oder ertragsabhängige Steuern bleiben prinzipiell aber die gerechteste Steuer, weil damit jeder Mensch und jedes Unternehmen nach seiner Leistungsfähigkeit beiträgt.


    LordJerry, gerade so eine Verbrauchssteuer sollte eigentlich nicht die Stütze der Staatseinnahmen werden. Denn sie belastet -- wie alle indirekten Steuern -- die niedrigen Einkommen stärker als die höheren. Ich meine damit gar nicht den Porsche, den sich ein Supermarktkassierer ohnehin nicht leisten kann, sondern die ganz normalen Dinge des täglichen Bedarfs, die vollkommen unabhängig vom Einkommen jeder Mensch in gleichem Umfang benötigt. Die Mehrwertsteuer benachteiligt ergo grundsätzlich die Menschen mit niedrigem Einkommen.

  • Mr. Mo, das sehe ich etwas anders, denn die Einkommensteuer insbesondere in ihrer Ausprägung für Kapitalgesellschaften als Körperschaftssteuer ist eben genau nicht gerecht. Unsäglich viele Verrechnungsmöglichkeiten zB bei Verlusten von ausländischen Töchtern sorgen dafür, dass Investitionen in China zB zur Verminderung der Steuerlast bei uns führen. - Das kann nun wirklich nicht in unserem Interesse sein.


    Ferner gibt es ernstzunehmende Rechenmodelle, die besagen dass einkommensschwache Bevölkerungsschichten dann durchaus höhere Zuwendungen erhalten können, weil die Gesamteinnahmen überproportional steigen. Noch entscheidender ist jedoch, dass die Arbeitskosten einerseits fallen (durch den Wegfall der Sozialabgaben) und andererseits das verfügbare Einkommen der Werktätigen sich erhöht. Damit ergäben sich sofort positive Effekte am Arbeitsmarkt durch niedrigere Personalkosten (dadurch wiederum Entlastung der Sozialversicherungen), bei der Binnennachfrage über höhere Kaufkraft und bei der Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft.

  • Könntest Du "im eigentlichen Sinne" mal näher ausführen? Wo wären moderne Volkswirtschaften bitte ohne Fristen-, Losgrößen- und Risikotransformation sowie einen brauchbaren Zahlungsverkehr? Und wenn ich das Wort "Steuergeschenke" nur höre, kriege ich sowieso schon Akne...

    Mit Wertschöpfung im eigentlichen Sinne meine ich die Produktion oder Weiterverarbeitung von Gütern. Das die Finanzindustrie einen hohen Stellenwert für den Rest der Wirtschaft hat, steht außer Frage. Allerdings sollte sie sich stärker auf ihre ursprünglichen Aufgaben besinnen, was ja scheinbar nicht getan wurde in den letzten Jahren. Sonst hätten wir keine "Finanzkrise".


    Was die Steuergeschenke anbetrifft, würde ich mich nich so an dem Begriff aufhängen. Bei anderen hat man dafür zugeschlagen. Man könnte es also auch ein Geschenk der Allgemeinheit an Wenige nennen. Die Zeit berichtete damals über das "größte Geschenk aller Zeiten". Den Artikel habe ich hier schon verlinkt. Hier nochmal: http://www.zeit.de/2005/37/Steuern
    Es geht darum das Kapitalgesellschaften keine Steuern mehr auf Gewinne aus dem Verkauf von Aktienpaketen oder Tochterunternehmen zahlen müssen.
    Dazu dann noch die Subventionen für Riester, Rürup etc., die man theoretisch auch dem jeweiligen Konto des Beitragszahlers bei der GRV anrechnen könnte. Das wäre für den Beitragszahler sogar vorteilhaft, da günstiger. Umsonst hat Maschmeyer damals nicht von einer "sprudelnden Ölquelle" gesprochen. Schön auch der Film "Rentenangst", in dem Raffelhüschen bei zwei Versionen einer Rede gezeigt wird. Einmal der gegenüber den Finanz- und Anlageberatern und dann gegenüber der Öffentlichkeit.


    Einen Tipp gegen Akne kann ich hier nicht geben, sorry.


    Edit:
    Nur noch kurz zu dem Artikel der Zeit. Mit diesem Beschluss haben sicherlich auch andere Kapitalgesellschaften dickes Geld gemacht. Hauptprofiteur war aber die Allianz. Außerdem wird ja wohl niemand bestreiten wollen das Banken und Versicherungen (zumindest die großen) ganz nah an der Regierung sind. So lassen sich auch bspw. die Vorgänge bei der überwiegend privat geführten IKB oder die Hilfe bei der Übernahme der Dresdner Bank erklären.

    2 Mal editiert, zuletzt von CR1896 ()

  • Gleich kommt er mit der Riesterförderung...1-2-..

    Ja, das ist ja auch eine offensichtliche Sache und wird von seriösen Personen aus diesem Bereich nicht abgestritten.


    Hier bin ich mit aschi - ausnahmsweise ;) - vollständig d'accord. Ein Steuersatz für alle - ohne Ausnahmetatbestände und Verrechnungsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Einkunftsarten. Schwupps, schon sind alle Steuersparmodelle vom Tisch. Gerechtigkeit erzielt man über eine Verbrauchssteuer, die z.B. auch den Handel mit Finanzprodukten (nein, nicht Versicherungen - die werden bereits mit 19% versteuert), Aktien etc. sind gemeint, Immobilien - gleich ob privat oder gewerblich etc. - Dann ergäbe sich der Effekt, dass große Vermögen auch sehr viel höhere Beiträge (durch Konsum und Handel mit Vermögenswerten) in die Sozialkassen abführen würden. Beispiel: Während die Tüte Milch 5 Cent abführt, brächte ein Phaeton € 500 usw. Wo wäre hier genau das Problem? Wir leben in einer konsumorientierten Wirtschaftsordnung (Wirtschaftswachstum als Grundlage unserer Lebenswirklichkeit und das ganze Blabla...) warum also nicht genau diesen Konsum als Maßstab für Versteuerung heranziehen?

    Es gab ja mal die Idee einer Wertschöpfungsabgabe. Das geht ja genau in die Richtung. Die wurde in der öffentlichen Diskussion "totgemacht".

    Einmal editiert, zuletzt von CR1896 ()

  • Die staatlichen Zulagen für die Förderrente kann man schlechterdings nicht als Subvention für Finanzdienstleistungserbringer betrachten! Subventioniert werden direkt die Bürger, die Anspruch auf Förderung haben.


    Natürlich ist das ganze Konstrukt Förder(Riester-)rente fragwürdig, aber insbesondere durch seine faktische Bedeutung: Erstmalig ist in der gesetzlichen Rentenversicherung das Prinzip der paritätischen Beitragszahlung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgehoben worden (äquivalent zur derzeitigen Entwicklung in der GKV). Ist also nichts anderes als der Einstieg zum Ausstieg aus der paritätischen Beitragszahlung. Das ist der eigentliche Skandal mE. Und es wird so weitergehen.

  • Ich habe auch nirgendwo gesagt, dass die GKV abgeschafft werden soll.

  • Habe ich Dir das irgendwo unterstellt? Mir ging es primär um die versicherungsmathematischen Probleme, die kleine VVaG wahrscheinlich langfristig haben, und die Analogien, die man in der Geschichte entdecken kann. Ich finde Deine These von den jungen, dynamischen, kleinen VVaG nun mal mittel- bis langfristig nicht haltbar. Ich wüsste jetzt auch nicht, wo ich was anderes geschrieben hätte.


    Viele Experten sind im 19. Jh. übrigens auch lange davon ausgegangen, dass kleine Krankenkassen / -versicherungen besser sind, weil sich die Mitglieder so besser gegenseitig kontrollieren könnten, v.a. gegen Simulantentum oder Verstöße gegen ärztliche Auflagen. Man hat dann mit wachsenden Bestand an statistischen Daten gemerkt, dass diese These nicht haltbar ist (es gab einfach keine signifikanten Häufungen bei großen Kassen), größere Kassen aber finanzielle Vorteile durch die bessere Risikostreuung (Gesetz der großen Zahlen) haben.


    Ach ja, bevor ein Einwand kommt: Die Experten waren auch damals schon ziemlich fit, und Krankenkassen sind versicherungsmathematisch vergleichsweise einfach zu berechnen. Außerdem waren die Kassen damals noch gesetzlich verpflichtet, einen Reservefonds von zwei kompletten Jahresausgaben anzusammeln. Über sowas könnte man ja evtl. auch mal wieder nachdenken.

  • ... Warum werden denn in der PKV nicht alle aufgenommen? Vielleicht, weil man die Leistungsfähigkeit der Kasse nicht überstrapazieren will (oder alternativ höhere Beiträge verlangen muss, was wiederum die Konkurrenzfähigkeit gerade bei den jungen und gesunden Mitgliedern schwächt)? ...

    Nun. Dafür gibt es verschiedene Gründe:
    1. Weil es die Pflichtversicherungsgrenze gibt. Sie verhindert, dass auch sehr junge Leute - wenn nicht gerade selbständig oder sehr gut verdienend - aufgenommen werden können.
    2. Weil in dem derzeitigen PKV-System Risikoauslese ein Wettbewerbsfaktor ist.


    Der Hauptgrund ist aber ein anderer. Der Beitrag der PKV setzt sich - grob gesagt - zusammen aus drei wesentlichen Teilen. Kosten für Leistungen, Verwaltungskosten und Altersrückstellungen. Damit ist das PKV-System deutlich ehrlicher kalkuliert als das umlagefinanzierte GKV-System, welches auf Altersrückstellungen vollkommen verzichtet. - Zur Verdeutlichung: Es gibt PKV-Tarife, die sind mit bis zu 50% des Beitrags für Altersrückstellungen kalkulieren. - Die sind übrigens auch nicht gerade wettbewerbsfähig... ;)


    Beide konkurrierende Systeme sind prinzipiell schlecht vergleichbar. Das GKV-System krankt daran, dass das Einzelrisiko nicht kalkuliert wird/werden kann. Und dass es zu wenig Beitragszahler gibt, die tatsächlich einen Kostenbeitrag erbringen. Ein erster Schritt aus der Misere wäre mE in der Tat eine Basisprämie, die für alle gleich ist - auch schon als "Kopfprämie" in der Diskussion und zu Recht verschrieen. Zu Recht, weil hier keine soziale Komponente berücksichtigt wird. Besagte Basisprämie müßte nämlich so niedrig sein, dass sie sich jeder leisten kann und sie müßte personenbezogen sein; ferner sollte sie einen Altersrückstellungsbeitrag enthalten. Nach meiner groben Schätzung würde sie ungefähr 15 bis 20% der bisherigen GKV-Einnahmen ausmachen. Der weitaus größere Teil sollte mE aus Steuermitteln erbracht werden. Mit dieser Systemumstellung erreicht man im ersten Schritt eine breitere Grundlage an Einzahlern: Hauptbeitragszahler sind die Steuerzahler. Das Solidaritätsprinzip würde gegenüber dem derzeitigen System deutlich gestärkt.
    Btw würde dies zwingend dazu führen, dass die PKV sich vollständig ändert: Weg vom Anbieter von Vollversicherungsschutz hin zum Anbieter von lediglich ergänzenden Tarifen. Denn niemand würde die Gegelenheit auslassen, sich für einen vergleichsweise niedrigen Beitrag in der GKV - unabhängig vom Einkommen - zu versichern. "Bessere" Leistungen kann man sich immernoch hinzukaufen.


    Es ist interessant dass die Diskussion über die "Kopfprämie" dermassen ideologisch überfrachtet wurde und ist und niemand wirklich die Chance begriffen hat, die darin liegt: Macht man das auch nur ansatzweise richtig, ist die PKV als Anbieter von Vollversicherungen schlicht erledigt, weil alle Vollversicherten zurück in die GKV streben werden!
    Ich möchte hier noch mal auf die "Macht" der Verbrauchssteuer hinweisen. Am Beispiel der Abwrackprämie kann man wiederum sehr schön sehen, wie eine Diskussion sich ideologisch verzerrt, statt sich mal einer hinsetzt und den Taschenrechner in die Hand nimmt... Ich behaupte mal, dass die Abwrackprämie nämlich überhaupt keine Subvention war, sonder dem Staat Mehreinnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer verschafft hat. Rechnet nach:


    Die Grenze zur "Subvention" lag exakt bei einem Verkaufspreis € 15.657,91. Ermittelt nach folgender Formel: 2500 : 19 x 100 = Nettoverkaufspreis zuzüglich MWST. Das heißt jedes teurere Kfz hat zusätzlich Geld in Kassen gespült, mithin hat die Massnahme sich selbst finanziert und hat durch Steigerung des Konsums dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze gehalten werden konnten, damit Steuerausfälle aus Einkommensteuer vermieden wurden und die Soziallastungen nur moderat gestiegen sind. Eine absolute Win-Win Situation, wie ich finde.

    2 Mal editiert, zuletzt von LordJerry ()

  • Am Beispiel der Abwrackprämie kann man wiederum sehr schön sehen, wie eine Diskussion sich ideologisch verzerrt, statt sich mal einer hinsetzt und den Taschenrechner in die Hand nimmt... Ich behaupte mal, dass die Abwrackprämie nämlich überhaupt keine Subvention war, sonder dem Staat Mehreinnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer verschafft hat. Rechnet nach:


    Die Grenze zur "Subvention" lag exakt bei einem Verkaufspreis € 15.657,91. Ermittelt nach folgender Formel: 2500 : 19 x 100 = Nettoverkaufspreis zuzüglich MWST. Das heißt jedes teurere Kfz hat zusätzlich Geld in Kassen gespült, mithin hat die Massnahme sich selbst finanziert und hat durch Steigerung des Konsums dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze gehalten werden konnten, damit Steuerausfälle aus Einkommensteuer vermieden wurden und die Soziallastungen nur moderat gestiegen sind. Eine absolute Win-Win Situation, wie ich finde.


    Erstens war meiner Meinung nach der durchschnittliche Verkaufspreise niedriger, zweitens wären viele Autos zeitgleich auch ohne Abwrackprämie gekauft worden (Mitnahmeeffekt beachten), drittens wären viele der letztes Jahr mit Abwrackprämie gekauften Autos dieses oder nächstes Jahr ohne Abwrackprämie gekauft worden.
    Trotzdem habe ich die 2500 EUR natürlich gerne genommen, ohne die Abwrackprämie hätte ich mir nie und nimmer einen Neuwagen geleistet.


    Edit: Natürlich hast Du mit der Arbeitsplatzerhaltung und den damit zusammenhängenden Sozialversicherungseinnahmen und - ausgaben Recht.

  • Zum Thema Abwrackprämie:


    Die Leute, die min 1 Jahre ein über 10 Jahre altes Auto gefahren haben,


    • hätten sich mehrheitlich wieder einen gebrauchten Wagen ( ohne MwSt Abführung ) gekauft.


    • mußten den Neuwagen mehrheitlich finanzieren ( Profit für die Banken = höhere Steuerpflicht )


    • hatten ihren Wagen mehrheitlich nur Pflichtversicherert, maximal mit Teilkasko. Die neuen Wagen werden zu 99 % mit Vollkasko versichert ( Profit für die Versicherungen = höhere Steuerpflicht + 19 % Versicherungssteuer )


    • fuhren zur Reperatur zu eher zu freien Werkstätten. Die neuen Autos jedoch bekommen allein schon wegen der Garantie mehrheitlich Pflege und Inspektionen bei Fachwerkstätten



    Das alles führt zu zusätzlichen Mehreinnahmen des Staates. Dagegen muss man die Rückgänge bei den freien Werkstätten, Gebrauchtwagenhändlern und Verwertern rechnen. Und wenn man ganz genau sein will, auch bei den Mineralölgesellschaften und Tankstellenbetreibern, denn die neuen Autos verbrauchen weniger als die alten Kisten.


    Insgesamt stimme ich LordJerry in seiner These zu.

    Einmal editiert, zuletzt von Kai ()

  • Erstens war meiner Meinung nach der durchschnittliche Verkaufspreise niedriger...

    Ich denke die Zulassungsstatistik unterstützt diese Annahme nicht, guckstu:


    http://www.kfz-auskunft.de/kfz/zulassungszahlen_2009_1.html


    Bei den Mitnahmeeffekten hast Du natürlich recht, aber diese zeigen sich auch bei Fahrzeugen höherer Klassen und führen da dann sogar zu Mehreinnahmen. Auch wurde der private Automarkt (privat zu privat) zurückgedrängt: Hier gibt es überhaupt keine Einnahmen für den Staat.

  • Kai: Deine Annahme mit den geringeren Spritkosten möchte ich widerlegen. Z.B. ist der VW Golf 5 oder 6 deutlich größer und schwerer als ein alter 3er und verbraucht (glaubt man Zahlen und Statistiken) genauso viel Benzin wie die alten Modelle, obwohl sie spritsparsamer sein sollten. Sind sie ja auch, aber das Gewicht macht das wieder zunichte. Hier mal ein paar Zahlen aus der Wikipedia (Leergewichte):


    III: 960-1380 kg
    IV: 1050-1477 kg
    V: 1155–1590 kg
    VI: 1142–1399 kg (Hier sogar wieder ein leichter Abwärtstrend)


    Die Kraftstoffersparnisse sind deshalb unterhalb einem Liter (VI verglichen mit III).


    Wenn man sich aber vergleichbare Modelle anschaut, wurde überall etwas größer gemacht. Der neue Polo passt bei uns nicht mehr in die Garage, weil er viel größer geworden ist. Auch bei anderen Firmen ist das Bild ähnlich.


    Hast du Quellen für deine Thesen? Bei den anderen möchte ich dir sogar teilweise zustimmen, vorallem was die Finanzierung angeht.
    "Och das Auto ist ja so günstig, dann nehmen wir doch einen Kredit auf und zahlen am Schluss durch die Zinsen genauso viel wie ohne Abwrackprämie..." :tuscheln:

    2 Mal editiert, zuletzt von tluebke ()