Politischer Zoff-Thread oder so

  • Also egal jetzt ob die Entscheidung Geld für opel zu geben oder nicht richtig oder falsch ist.
    nur allein der Vorgang, dass ein Wirtschaftsminister eine Entscheidung vorstellt (und bis zum Beweis des Gegenteils gehen wir mal davon aus, dass die nicht wegen 1,0 sondern wegen der Arbeit seiner Fachbeamten so gefallen ist) und die Kabinettschefin die Entscheidung ebenso öffentlich wieder in Frage stellt, ist ein extremes Unding. merkel ist anscheinend wirklich nur und total auf eigenen Machterhalt fixiert. Alles andere scheint wohl egal.

  • Und dass die Kanzlerin ihn so (für ihre Verhältnisse extrem) schnell korrigiert hat, fand ich ganz köstlich.

  • Ja ich weiss nicht. Ich hatte bisher die überzeugung dass merkel permanent unerschätzt wurde und deshalb leichen ihren Weg säumen.


    Aber wenn ich bedenke, dass Guttenberg letztes jahr immätschmässig damit gepunktet hat, dass er keine staatlichen Hilfen für Opel bereitstellen wollte(gut, er brauchte die nagelprobe nicht zu bestehen, dann ist das Vorgeben von Standfestigkeit immer leicht) scheint ihr momentan das koordinatensystem doch etwas zu verrutschen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich verstehe das ehrlich gesagt auch nicht. Mal nur auf das Offensichtlichste fokussiert: Brüderle hat doch recht wenn er sagt, dass Opel kein Geld bekommen dürfe, weil a) die Bedingungen für den Nothilfetopf nicht erfüllt sind (Opels Probleme rühren schließlich nicht aus der Finanzkrise) und b) GM ja anscheinend mehr als ausreichend Kohle hat um das selbst zu erledigen.


    Verstehe ich nicht.

  • Umso erstaunlicher ist es, dass es auch hier keine einheitliche Linie gibt.


    Das sieht mir mittlerweile wirklich nach Auflösungserscheinungen aus, das bricht bald auseinander.

  • Bei Opel kann man vielfach das Spielchen "einerseits, ja aber andererseits" spielen. Dabei erwarte ich allerdings, daß die Politik zu einer Antwort kommt. Man kann mit Blick auf die Überkapazitäten oder GMs neuen Geldsegen sagen, wir helfen Opel nicht. Man kann auch mit Blick auf die Arbeitsplätze und das plötzlich gesunkene Ausfallrisiko der Bürgschaft sagen, wir helfen Opel gerne. Nur müßte man dafür Überzeugungen, Werte und Maßstäbe haben. Tja.


    Es stimmt, Merkel eiert mit Augenbinde hilflos herum. Ihr Stil wurde anfangs begeistert aufgenommen, endlich ist Schluß mit der Basta-Kanzlerschaft. Jetzt läßt sie jeden mal machen und schließt sich dann der sich durchsetzenden Meinung an. Wenn einer strauchelt, dann distanziert sie sich von ihm, sie wird nie mit runtergezogen. Dabei kann sie vermeintlich nie verlieren. Blöd ist nur, wenn der Sonnenschein zu Ende ist und eine Krise eine starke Führung benötigt. Dabei muß sie nicht den Choleriker raushängen lassen, aber ein Plan wäre sehr hilfreich. Sie sollte wissen, was sie will. Sie sollte mit Frankreich zusammenarbeiten, um neue finanzpolitische Spielregeln für Europa festzulegen. Sie sollte sehen, daß der Weg der Privatisierungen ein Holzweg ist. Sie sollte den Büttenreden zum Thema Klimapolitik irgendwas folgen lassen. Sie sollte sehen, daß der Bund die Kommunen kaputt gehen läßt. Sie sollte sehen, daß die schwache Binnennachfrage ein großes Problem ist, entstanden durch jahrelange Umverteilung von unten nach oben. Sie sollte sehen, daß Kräfte mit Herzblut und Ausdauer dabei sind, die Gesellschaft gegeneinander auszuspielen: Junge gegen Alte, Deutsche gegen Griechen, Arbeitnehmer gegen Arbeitslose. Sie sollte sehen, daß sich breite Teile der Gesellschaft von der Politik abgewendet haben. Und das sollte sie schlecht finden. Tut sie aber nicht, weil die Unionswähler (noch) zu den treueren Urnengängern gehören.


    Was soll's. Nach ihr wird wieder einer mit der Faust auf den Tisch hauen und man wird sich drüber freuen. Danach wird es wieder einen Leisetreter geben und man wird sich drüber freuen. Jetzt gibt es nur die paradoxe Situation, daß rot/grün den neoliberalen Pfad eingeschlagen hat und schwarz/gelb naturgemäß erst recht. Das braucht noch ein paar Jahre bis sich die innerparteilichen und gesellschaftlichen Ansichten wieder so zurecht gerückt haben, daß man wenigstens wieder zwei Meinungen zur Wahl hat.

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    • Offizieller Beitrag

    Es ist nicht [...]Klauen wieder erlaubt sondern eine Ahndung/Bestrafung für ein Klauen für unverhältnismässig erklärt worden.


    Wenn ich das mal aufgreifen darf: Die fristlose Kündigung einer langjährigen Mitarbeiterin, die etwas gestohlen hat, das nur geringen Wert hat, halte ich auch für irgendwie unangemessen.
    Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie ein Arbeitgeber auf soetwas hätte reagieren sollen? Fristgerechte Kündigung? Nur eine Abmahnung?
    Und - man möge mir diese Frage verzeihen, sie ist nicht sarkastisch, sondern wirklich ernst gemeint - wo hört "Geringfügigkeit" auf? Ab welchem Wert wäre eine fristlose Kündigung dennoch angemessen gewesen?
    Wie seht Ihr das?

  • Der gängige Tenor sagt wohl Abmahnung. Bin kein Arbeitsrechtler, aber das klingt für mich nachvollziehbar. Zumal die Höhe des Diebstahls kein Gratmesser sein kann, weil man irgendwo eindeutige Grenzen ziehen müßte. Und wie wollte man die festlegen? Nee, nee.


    Was mich so ein bißchen wundert: Bei den Bagatellkündigungen ging es fast nur um Frauen über 50, die schon jaaaaahrelang dort beschäftigt waren. Zufall?


    Was mich daneben noch interessiert: Wo verläuft eigentlich die Grenze des Diebstahls? Eigentlich dachte ich, daß sie eindeutig verläuft. Aber dann kommen diese Fälle in die Zeitung, in denen Pfandbons zwei Wochen lang nicht vom Kunden abgeholt wurden. Oder in denen Lebensmittel schon fürs Wegwerfen bestimmt waren. Das kriegt den Anschein der Herrenlosigkeit. Und wenn's niemandem mehr gehört, kann es dann noch gestohlen werden?

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke schon, dass der Tatbestand des Diebstahls auch auf Dinge zutrifft, die - aus welchen Gründen auch immer - keiner mehr haben will. Wäre das nämlich nicht so, würde sich die Zahl der übriggebliebenen Frikadellen möglicherweise explosionsartig vermehren und bei Pfandbons bräuchte man nur eine gewisse Karenzzeit abzuwarten, um außerhalb der "gefährlichen Zeit" zu sein.
    Ich bin schon ein Verfechter der "nur-wenig"-Toleranz-Grenze. Bei der Frikadellen-Geschichte hätte es sicherlich eine Abmahnung getan. Bei den Maultaschen eher nicht (hier wurde wohl im Vorfeld bereits mehrfach eindringlich darauf hingewiesen, dass verboten sei). Bei "Emmely" habe ich das Problem, dass das für mich "gefühlt" ja nicht einfach Diebstahl ist. *


    Zum Alter und Geschlecht möchte ich auf den Bäckerei-Angestellten mit der Probe-Leberwurst und die Fabrikarbeiter mit dem Handy-Strom verweisen.


    Wa mir Sorge macht ist einfach auch die Frage, ob sich Grenzen verschieben, wenn man sie nicht klar definiert. Und ob eine Definierung eine Art Freibrief wäre.



    *Disclaimer: Alle Beurteilungen natürlich nur auf Grund dessen, was ich meine via Medien erfahren zu haben. Kann auch jeweisl ganz anders gewesen sein.

  • Um Pokalhelds bzw. Stephans Fragen/Vermutungen zu beantworten:
    Herrenlose Sachen kann man im strafrechtlichen Sinne nicht stehlen (§ 242 StGB), aber unterschlagen (§ 246 StGB). Läuft natürlich aufs Selbe hinaus.

    Einmal editiert, zuletzt von Mazurek ()

  • Dieser Artikel aus der Süddeutschen faßt alles prima zusammen, finde ich.


    Zitat

    Man kann sich nun fragen, was bescheuerter ist: dass sich daraufhin ein Marktleiter, eine Distriktmanagerin, zwei Betriebsräte, die Personalabteilung und anschließend ein Richter des Arbeitsgerichts, ein Richter des Landesarbeitsgerichts und jetzt drei Richter des Bundesarbeitsgerichts, Besoldungsstufen R6 und R8, macht Grundgehälter von 7979,62 und 8820,59 Euro, mit einem Vorgang von 1,30 Euro befassen? Hat man bei Kaiser's nichts Besseres zu tun, als mittlerweile zweieinhalb Jahre lang Erbsen zählen zu lassen? Oder ist es mindestens genauso bescheuert, dass eine Kassiererin, damals 50 Jahre alt, drei Kinder, seit 31 Jahren im Betrieb, wegen 1,30 Euro ihre gesamte berufliche und materielle Existenz aufs Spiel setzt?

    Zitat

    Hopmann sagt, er kenne keinen einzigen Fall, in dem in Deutschland ein Beamter wegen eines geringfügigen Schadens entlassen wurde, zumindest nicht beim ersten Mal - und er zitiert eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000. Ein Geschäftsführer hatte 597 Mark aus der Firmenkasse privat ausgegeben. Die Richter erklärten seine Kündigung für unwirksam. Hopmanns Fazit: "Eine Abmahnung hätte ausgereicht."

    Da werden drei entscheidende Punkte angesprochen: Ist es das aus Sicht des Arbeitgebers wert? Ist es das aus Sicht des Arbeitnehmers wert? Und: Gilt gleiches Recht für alle? Lediglich die allumfassende Antwort bleiben Gericht und Artikel schuldig. Das Gericht hat nur über diesen Einzelfall entschieden und kein Grundsatzurteil gesprochen.


    Danke Mazurek. Ich hab den Fall jetzt nicht bis ins letzte Kleinklein studiert, aber der Vorwurf der unrechtmäßigen Bereicherung bleibt bei Emily wohl bestehen. Das wird irgendeinen Grund haben, sei es, daß darüber gar nicht entschieden wurde oder sei es, daß der Diebstahl rechtlich gesehen vielleicht eine Unterschlagung war und umgangssprachlich eben Diebstahl bleibt.