NP: Die neue 96-Festung hält nur eine Halbzeit

  • Die neue 96-Festung hält nur eine Halbzeit


    Eine 2:0-Führung reicht nicht für den Sieg. Tarnat kritisiert Mitspieler.


    2:2 nach 2:0-Führung – der Arena-Start gegen Freiburg wurde eine ernüchternde Angelegenheit.


    VON SVEN HOLLE


    HANNOVER. Die neue Arena – eine „Festung“ wollte Ewald Lienen aus ihr machen. Den Blick zurück auf nur neun Siege in den vergangenen 34 Heimspielen hatte der 96-Trainer verboten. Die Fans erinnerten sich aber offenbar trotzdem und zeigten Zurückhaltung: 32 447 Karteninhaber ließen freie Flächen auf den frischen Tribünen.


    75 Sekunden nach dem Eröffnungsanpfiff werden sich die daheim gebliebenenen Zauderer geärgert haben. Freiburgs Abwehr ignorierte nach Leandro-Freistoß den im Strafraum schwebenden Abpraller – Jiri Stajner köpfelte mühelos zum 1:0 ein. Dass es „nicht schlechter losgehen“ konnte, fand wohl nur Volker Finke. Und nur sechseinhalb Minuten später wurde die Laune des Freiburger Trainers noch schlechter: Sein Abwehrmann Youssef Mohamad hatte immer noch nicht mehr Lust zum Verteidigen, Torwart Golz konnte 96-Stürmer Roman Wallner nur abblocken – und wieder stand Stajner genau da, wo ein Abstaubertor geschossen wird. 2:0-Start – schöne neue Arena-Welt. Mit glücklichen Gesängen zwischen Nordkurve und Westtribüne bauten die Fans lautstark mit an der neuen Festungsmauer.


    Bis zur Pause kam 96 dann auch nicht mehr in Gefahr. Vielleicht, weil sich der Gastgeber „taktisch sehr gut verhalten“ hat, wie Lienen lobte. Oder weil Freiburg „relativ lange gebraucht hat“ (Finke), sich vom schnellen Doppelschlag zu erholen. Die wahren Gründe lagen wohl irgendwo in der Mitte. In Wahrheit versäumte 96 in dieser Phase, die Zugbrücke hochzuziehen. Aber man spielte „fünf, sechs, sieben große Kontersituationen“ (Lienen) schlampig (Lala) oder egoistisch (Sousa) zu Ende.


    Der 96-Trainer hatte ja „gewusst, dass Freiburg noch was macht“. Der Gegner kam ohne Außenverteidiger aus der Kabine, stellte auf Dreierkette um und präsentierte mit Regis Dorn einen neuen Mittelstürmer. Und die 96-Spieler waren trotz Lienens seherischen Fähigkeiten auf diese Umstellung nicht vorbereitet. Die Stürmer attackierten zu früh, im Mittelfeld taten sich Räume auf. „Einige sind nur noch rausgegangen und wollten ein bisschen rumspielen“, nannte das Michael Tarnat hinterher.


    Ob der Linksverteidiger sich damit auch selber meinte? Jedenfalls fehlte er, als Wilfried Sanou in der 59. Minute in aller Ruhe flankte und Dorn zwischen den 96-Innenverteidigern fand – Direktabnahme, 1:2. Lienen wollte per Auswechslung mehr Sicherheit reinbringen und brachte Abräumer Christoph Dabrowski für Ricardo Sousa. Aber bevor sich das defensivere Mittelfeld finden konnte, war die Führung schon weg. Ellery Cairo köpfte ein – „ein total dummes Tor“ zwar, wie Lienen feststellte, aber auch irgendwie ein zwangsläufiges.


    Danach erst wachte 96 auf, konnte aber am Ende glücklich sein, im Schlagabtausch nicht noch den durchaus möglichen Freiburger Siegtreffer kassiert zu haben. Von Festung jedenfalls war keine Rede mehr, die Bauarbeiten wurden schon beim Fundament eingestellt. Und Lienen musste doch zurückschauen und sich ärgern, gegen einen „im Prinzip toten Gegner“ nicht