• Mabuse, ich freue mich, dass mein Tipp mit der Praxis und der Psychiaterin ein Erfolg ist. Ich bin ja auch sehr zufrieden dort. Und wenn das da natürlich klappt, dass du auch ne Therapie machen kannst, wäre das wirklich ein großer Schritt in die richtige Richtung.


    Das mit dem schlafen.... Oh fuck. Ich habe ja interessanterweise zumindest mit dem Einschlafen kein Problem. Durchschlafen ist es bei mir. Ich werde häufig nachts wach und ab 3 halb 4 habe ich Schwierigkeiten wieder einzuschlafen. Das zermürbt auch, aber nicht in der Form, in der du das hast. Ich hoffe, dass sich das mit der richtigen Einstellung der Medis dann schnell wieder verzieht. Ich drücke ganz fest.


    Ich bin jetzt mit meinen 150 mg Venlafaxin ganz zufrieden. Es geht nicht mehr so steil bergab, zwar auch weiterhin nicht wirklich bergauf, aber ich fühle mich gerade auf niedrigem Niveau stabil. Und wenn ich gute Tage habe, ist das immer noch erschreckend, wie ich mich fühle.

  • Hallo liebe Forumssmitglieder,


    ich habe jetzt ein paar Tage überlegt, ob ich mich hier öffne und meine Situation beschreibe. Ich bin seit vielen Jahren Mitleser hier ohne selbst besonders oft etwas zu schreiben. Auch in diesem Thread habe ich in der Vergangenheit sehr sehr viele Geschichten interessiert verfolgt, ohne dass ich je selbst das Gefühl hatte, jemals in die Situation kommen zu können, selbst von einer Depression oder einem Burnout betroffen zu sein.


    Ich schreibe diese Zeilen, weil ich das Gefühl habe, dass es mir helfen könnte, meine Situation einfach mal aufzuschreiben aber ebenfalls auch einfach Hilfe benötige. Ich bin seit ein paar Monaten zwar in psychologischer Behandlung, habe aber immer mehr das Gefühl, dass diese nicht ausreichend ist. Klar, es liegt auf der Hand, darüber einfach mit der Psychologin zu sprechen. Aber das fällt mir unheimlich schwer. Eigentlich habe ich eine total gute Selbstreflexion und weiß, dass es unbedingt notwendig ist, dieses Thema anzusprechen, aber ich schaffe es einfach nicht, so banal sich das für mich selbst auch anhört.


    Ich merke eine massive Einschränkung meines Alltags. Einkäufe dauern oft Stunden und werden tagelang vor mir hergeschoben, manchmal sitze ich mehrere Stunden im Sessel, verspüre keine Kraft und Notwendigkeit, aufzustehen und frage mich danach oft, was ich eigentlich die ganze Zeit gemacht habe. Dinge, die vor einem Jahr selbstverständlich für mich waren, kosten mich eine unheimliche Überwindung. Manchmal kann ich ganz banale Sachen wie z. B. das Auto zu tanken einfach nicht bewältigen. Es dauert oft Stunden, bis ich einschlafe um dann 3 Stunden schlafen zu können.


    Im letzten Jahr habe ich meinen Job gekündigt und mich von meiner Frau getrennt. Seitdem bin ich arbeitslos und sehe meinen Sohn (4 Jahre) nur noch einmal in der Woche. Insbesondere der Kampf mit meiner Ex um den Lebensmittelpunkt meines Sohnes und das ständige "Nicht-Erhalten" von wichtigen Informationen über meinen Sohn (Kindergarten, Arztbesuche, ...) kosten mich unglaublich viel Kraft.


    Meine Familie ist informiert über meine Situation und ich habe das Glück, vor allem mit meinen Eltern und Geschwistern viel darüber reden zu können. Das tut mir auf der einen Seite total gut - habe aber auch ganz oft das Gefühl, dass keiner wirklich nachvollziehen kann, was in meinem Kopf passiert. Teresa Enke hat in einem Interview mal gesagt, dass Robert zu ihr gesagt hat, er würde sich wünschen, dass sie sich einmal in seinen Kopf begeben könnte. Diese Aussage beschreibt dieses Gefühl von Hilflosigkeit sehr gut. Ich empfinde es oft als eine enorme Herausforderung, erklären zu müssen, wie es mir geht. Müssen nicht, weil das von mir verlangt wird - viel mehr, weil ich selbst den Wunsch habe, diese Leere nachvollziehbar beschreiben zu können. Was eigentlich total paradox ist. Ich weiß nämlich auch, dass ich es, als ich selbst von einer Depression noch nicht betroffen war, niemals für möglich gehalten hätte, was diese Krankheit mit und aus einem Menschen macht. Egal, wer mir das versucht hätte, zu erklären.


    Habt ihr Vorschläge für mich, an wen ich mich wenden kann oder welche Schritte empfohlen werden? Wann fängt man zum an, zu überlegen, ob Anti Depressiva eine Möglichkeit sind? Ich lese mittlerweile oft auch was über CBD. Mir ist natürlich bewusst, dass es nicht immer die eine Lösung gibt, gerade in diesem Fall. Ich hoffe einfach, vielleicht einen Denkanstoß zu erhalten oder die Motivation, doch mit der Therapeutin darüber sprechen zu können.


    Ich möchte mich für meinen in dieser Situation wirklich sehr ungünstigen Benutzernamen entschuldigen. Dieser hat überhaupt nichts mit diesem Beitrag oder damit zu tun, dass ich selbst froh bin, noch am Leben zu sein. Dieser Name ist ohne einen Bezug zu meiner persönlichen Verfassung vor einigen Jahren gewählt worden.

  • Du musst dich deiner Therapeutin öffnen, oder sie wechseln, wenn es ihr gegenüber nicht klappt.

    Ohne nackig machen kann dich keiner verstehen, und dir infolgedessen auch nicht helfen.

    Und gerade für jegliche unterstützende Substanzen gibt es keinen anderen Ansprechpartner.


    Den Schritt musst du gehen, und kannst nur gewinnen, und nichts verlieren.

  • Den ersten bzw. zweiten wichtigen Schritt hast Du ja bereits vollzogen, indem Du dich hier offenlegst.


    Ja, keine Ahnung, wie Musti schon sagt. Sag es deiner jetzigen Psychologin oder Du solltest sie wechseln. Ist es ein Schamgefühl ihr das zu sagen oder woran hapert es?


    Ansonsten wünsche ich Dir alles Gute. Hier wird es sicherlich einige direkt Betroffene geben, die dir evtl auch direkt per PN schreiben.

  • Das coole an dem Forum ist, das man hier recht sicher aufgehoben ist. Keiner wird dich ankasten oder abkanzeln. Ich vermute, das wußtest du bereits.


    Musti hat vollkommen recht - öffne dich deiner Therapeutin oder wechsle sie. Vielleicht reicht es ja, sie deine obigen Zeilen lesen zu lassen?

  • Und gerade für jegliche unterstützende Substanzen gibt es keinen anderen Ansprechpartner.

    Natürlich. Nämlich einen Arzt. Also schnell hin da!


    Was steht dir im Wege, das Gespräch mit deiner Therapeutin zu suchen? Versuch es mal locker raus zu schreiben.

  • Willkommen im Klub.


    Meine 2 Pfennig: Du solltest mit der Therapeutin reden oder eventuell überlegen, einen Therapeuten zu suchen, dem Du das auch anvertrauen kannst.


    Der zuständige Facharzt für Dich wäre der Psychiater. Du solltest auch hier nach einem gucken, bei dem Du Dich gut aufgehoben fühlst.


    Ob Du Medis nimmst oder nicht, ist Deine Entscheidung und sollte sie meiner Meinung nach bleiben. Eventuell kann Dir auch erstmal eine Reha helfen, oder was anderes.


    Einen guten Facharzt zu haben halte ich für sehr sinnvoll. (Das macht z.B. auch einen Unterschied auf den Erfolg von Anträgen etc.)

  • Hallo stillalive96 ,

    Zum Thema CBD hab ich einen Artikel im Tagesspiegel gefunden. Fazit : Schaden wird es wohl nicht, aber es ist wohl nur ein recht teures Placebo. Wenn du daran glauben willst, dann kann sowas schon helfen. Mich erinnert das jedoch sehr an diesen Homöopathiekram...

    An deiner Stelle würde ich das lieber mit Entspannungstechniken und Stressreduktion probieren.



    Mit deiner Depression und der kraftraubenden Trennung ist das ja wirklich eine fiese Kombination! Die Therapeutin sollte deine erste und beste Anlaufstelle sein, mit der du über alles reden können solltest. Dass sich das merkwürdig anfühlt ist glaube ich recht normal..


    Gute Besserung und toll dass du den Mut hattest dich hier zu melden!

  • Ich denke auch, dass deine Therapeutin die beste Ansprechpartnerin ist. Die Idee, sie vielleicht diesen Text lesen zu lassen, finde ich überlegenswert, das was man nicht aufsprechen kann, kann man vielleicht aufschreiben.


    Tabletten können eine gute "Brücke" sein, um Krisensituationen zu unterstützen, daher lehne ich sie nicht völlig ab, aber die Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen.

  • Ob Du Medis nimmst oder nicht, ist Deine Entscheidung und sollte sie meiner Meinung nach bleiben

    Die Entscheidung sollte man dann aber nicht gänzlich allein treffen, sondern mit dem Arzt drüber sprechen. Was man dann schlussendlich macht, liegt bei einem selber. Wir hatten das Thema Medikamente bei Depressionen schon öfter hier. Ich bin der Meinung, in wirklich miesen Phasen, sollte man nicht denken, man schafft das schon irgendwie. Das könnte eine überzogene Erwartungshaltung, eine an dieser Stelle falsche Stärke/Härte an einen selber sein.


    Meine Psychaterin hat damals zu mir gesagt: wollen Sie wirklich, dass ihr kleiner Sohn sie dauerhaft so depressiv erlebt? Danach hab ich was genommen und es hat mir sehr geholfen.

  • Natürlich sollte man mit dem behandelnden Arzt sprechen.


    Genau deswegen ist es so wichtig, einen Facharzt zu haben, dem man vertraut, der einen ernst nimmt und der das im Fall der Fälle auch akzeptiert.


    Ich sehe heute an vielen Stellen im System doch einen deutlichen Druck Richtung Medis. Ich bin aber der Meinung, dass Medis wenn dann wirklich aus eigenem Entschluss und mit eigener, klarer Zielvorstellung, was man damit erreichen will, genommen werden sollten.

  • Wow. Erst einmal ganz lieben Dank an euch alle für die zahlreichen Antworten und Hilfestellungen.


    Die Frage, was dem eigentlich im Wege steht, sich diesbezüglich meiner Therapeutin zu öffnen, ist natürlich total berechtigt, gleichzeitig aber für mich nicht wirklich zu beantworten. Es ist wie eine Blockade im Kopf, mit ihr nicht darüber sprechen zu können.


    Ich habe gestern gelesen, dass der Vorschlag kam, meine Therapeutin die von mir geschriebenen Zeilen lesen zu lassen. Das war genau dieser eine Moment, in dem ich mich entschieden habe, ihr diese Zeilen (etwas angepasst) einfach per Mail zu schicken und ganz konkret um dringende Hilfe zu bitten. Sie hat mich gestern Abend noch angerufen und mir einen Termin für heute um 14:00 Uhr angeboten. Aus diesem Termin komme ich gerade. Auch wenn es mir weiterhin sehr schwer fiel, meine Situation zu erklären, hatte ich das Gefühl, ihr meine Hilflosigkeit deutlicher machen zu können. Sie sagt, ich würde mich in einer mittelschweren Depression befinden.


    Ich habe jetzt die Aufgabe bekommen, eine Woche lang alle Aktivitäten von mir aufzuschreiben und die jeweilige Stimmungslage dazu. Nächste Woche Mittwoch haben wir den nächsten Termin, in dem wir über Antidepressiva und eine mögliche Verordnung durch einen Facharzt sprechen wollen. Sie selbst scheint eher kein Freund von Medikamenten zu sein, hat aber offensichtlich erkannt, dass es bei mir in dieser Situation vielleicht nicht ohne gehen wird.


    Meine Gefühle im Moment sind schwer zu beschreiben. Ich bin unheimlich froh, diesen Schritt gestern gegangen zu sein - habe aber sehr viel Angst, vor dem, was noch vor mir liegt. Es ist unglaublich schwierig, sich selbst so kennenzulernen und zu akzeptieren, wenn man eigentlich immer recht unbeeindruckt durchs Leben gezogen ist.

  • Ein Anfang ist gemacht. Gut. Du kriegst das durchgezogen und hier gibt es ja reichlich Foristen, die aus erster Hand Hilfe bzw. Tipps anbieten können!

  • Wir bräuchten noch Deine Krankenkassenkarte zur Abrechnung.



    :D



    Super, dass wir Dir helfen konnten, das zu thematisieren! Du wirst sehen, das war die richtige Entscheidung.


    Was bislang über Deine Therapeutin zu lesen war, hört sich gut an.

  • Wir bräuchten noch Deine Krankenkassenkarte zur Abrechnung.

    :D


    Die Depression ist eine Volkskrankheit, das kann jeder Hausarzt erst mal versorgen. Parallel dazu von mir aus noch zum Facharzt. Nur muss man nicht Wochen warten, bis man einen Termin beim Psychater hat, der einen dann vielleicht auch nur sehr oberflächig betreut. Gibts halt genauso wie bei anderen Fachärzten.

  • Ich weiß, dass es auch schlechte Psychiater gibt, aber ich habe deutlich häufiger von Hausärzten, die da rumpfuschen, gehört.


    Zudem gibt's auch noch den Aspekt, dass es auch Fehldiagnosen gibt. Z.B. werden eine Menge ADHSlerinnen (überwiegend Frauen) fehldiagnostiziert. Hab davon eine Menge z.B. in der Reha getroffen, die dann erstmal Antidepressiva absetzen mussten. Und im psychiatrischen Bereich gibt es noch viel mehr Dinge zu berücksichtigen.


    Weiterhin hat z.b. ein Reha-Antrag deutlich bessere Chancen, durchzukommen, wenn er vom Facharzt kommt.


    Eine Depression "versorgen zu lassen" hört sich für mich nicht nach einem sinnvoller Ansatz an.


    Einen Psychiater an der Hand zu haben war für mich über all die Jahre essentiell.

  • Das Problem ist, dass das alles ein heikles Thema ist.


    Ich hab' viele Patienten im Bereich kennengelernt. Insbesondere, aber nicht nur, über die Rehas die ich gemacht habe.


    Und da gab es dann immer wieder Geschichten von Hausärzten, die einfach überfordert waren.


    Ganz bestimmt gibt es auch Hausärzte, die gut bei dem Thema sind, keine Frage. Und was stillalive96 über ihre Therapeutin schreibt, hört sich auch so an, als hätte diese viel Erfahrung. Es gibt gute Leute in vielen Bereichen.

    Aber letztlich ist man als psychisch Kranker immer wieder auf kompetente Ärzte in einer starken Stellung angewiesen. Und das Wort eines Facharztes gilt im System auch mehr.

    Ich will nicht sagen, dass man ständig zum Psychiater rennen sollte. Aber es ist sehr gut, einen an der Hand zu haben, früher oder später ist das von Nutzen. Bei mir hatten Psychiater z.B. die Funktionen der Gesamtplanung der Behandlung, wohingegen ich praktisch hauptsächlich mit Therapeuten gearbeitet habe, z.B. Oder sie hatten die Funktion, sich für mich einzusetzen.

    Ein weiteres Beispiel: Bei einem Rehaabschlußbericht hat mein Therapeut dort (fürchterlicher Stümper) Zeug reingeschrieben, was nicht nur sachlich falsch war, mir eine falsche Diagnose gab, sondern auch meine Weiterbehandlung gefährdet hätte. Ich hatte damals zwei Psychiater an der Hand.

    Ich hab' der Klinikleitung geschrieben, dass mir zwei Psychiater unabhängig von einander geraten hätten, gegen diesen Entlassungsbericht juristisch vorzugehen. Ich hab' sofort Antwort bekommen und der Bericht wurde umgehend, binnen weniger Tage, überarbeitet. (Ich hatte den Therapeuten im Abschlußgespräch übrigens darauf hingewiesen, dass er eine falsche Diagnose ohne irgendeinen konkreten Sachverhalt oder dass wir drüber gesprochen hätten reingeschrieben hat. Er hat dennoch darauf bestanden.)

    Sowas funktioniert mit dem Hausarzt einfach nicht.