Radfahren in Hannover

  • Altes Geschlechterbild. Der Alte darf malochen, der Rest der Sippe den anstrengungslosen Wohlstand im Cargobike zelebrieren.


    Die Geschwister sind offenbar zwei Jungs, einen Hund haben sie auch nicht. Dazu keine Helme bei den Eltern.


    Die Sneaker wurden schon genannt, immerhin trägt Vaddi einen Hipsterbart.


    Das reicht ja wohl.

  • Man muss die Leute da abholen, wo sie sind. ;)


    Ist ja nett von Dir, aber ich verbitte mir, mich im Lastenrad zu platzieren.


    Überhaupt, hat hier keiner ein Gespür für Metaphern? Nicht nur macht der Kerl die Arbeit. Frau und Kinder sind 'ne Last, wahrscheinlich wegen dem Impact beim ökologischen Footprint.

  • Wenn jemand keinen Helm auf dem Foto trägt, lästerst Du. Obwohl die Dinger nachweislich (1) nachweislich (2) nachweislich (3) nachweislich (4) nur einen begrenzten Nutzen haben können, bauartbedingt.


    Von wegen "Lebensretter" oder so.


    Aber wenn jemand einen Fullfacehelm trägt, der wenigstens ein bißchen mehr Schutz bietet, lästert Du auch (irgendwo hier an anderer Stelle, eine Eisdiele kam auch vor).


    Ganz schön enges Toleranzfenster, oder locke ?


    Mal abgesehen davon, daß Sicherheit natürlich nicht von der Kleidung abhängt, sondern von der Unfallwahrscheinlichkeit und -schwere, sprich von der Infrastruktur. Nichts ist für die Sicherheit bedeutender als gar nicht erst passierende Unfälle.Das Sicherheitsgefühl wird mit dem Helm in erster Linie beruhigt. Gegen das Sicherheitsgefühl ist überhaupt nichts einzuwenden. Jeder so, wie er sich wohlfühlt. Es ist aber nicht mit Sicherheit zu verwechseln. Helmdiskussionen sind daher eine Ablenkung vom Thema Sicherheit.


    Sportfahrer ausgenommen. Aber um Sport geht es ja nie. Es postet ja auch keiner eine Sprintergruppe mit Turnschuhen, kurzer Hose, Leibchen und Schweißband auf der Tartanbahn, wenn übers Spazierengehen oder die sogenannte Walkability einer Stadt diskutiert wird.

  • In großen Teilen Hollands und Dänemarks trägt niemand einen Helm, weil man dort als Radfahrer einfach deutlich mehr Platz und dadurch Sicherheit hat.


    Hilft nicht bei Stürzen durch andere Radfahrer verursacht, aber ist ja auch eine Erkenntnis.

  • Anekdotische Argumente gegen Studien zu setzen, ist so eine Sache.


    Ich zum Beispiel habe eine geweihte Christopherus-Plakette an meiner Orgel und bin seitdem nie mit einer anderen Orgel zusammengestoßen. Sollte uns das zu denken geben? Ich denke nein.


    It's not surprising that people who've been through a crash on their bike and escaped serious consequences but found helmet damage often believe strongly that the helmet has “saved their life”. However, the number of helmet users with this experience seems very much greater than the number of bare-headed cyclists who ever suffer a head injury. This suggests that the reality might not be so straightforward. [...]

    Dein letzter Post ist allerdings sehr allgemein formuliert. Vielleicht hat ein Bergsteigerhelm einen Steinschlag abgewehrt. Vielleicht hat Dich ein Motorradhelm auf einem... Motorrad geschützt. Vielleicht war es was ganz anderes. Ich möchte aber weder einzelne, persönliche Unfälle noch einzelne, persönliche Pendelstrecken erörtern.


    Ein anderes Wort für Helm ist Kopfschutz. Daß ein Kopfschutz den Kopf schützt, ist trivial. In welchem Umfang bei welchen Gelegenheiten welcher Helmtyp einen Nutzen bringt, ist weniger trivial. Obwohl jeder inituitiv weiß, daß ein Fahrradhelm auf dem Motorrad zum Beispiel ungeeignet ist. Doch darüber hinaus scheinen sich nicht viele Gedanken darüber zu machen. Einfach Helm aufsetzen und gut ist. Oder noch besser: Für ein Foto im Grünen einfach Helm aufsetzen und gut ist. Das hat etwas von religiösem Eifer, der mich bisweilen befremdet.

  • Mal abgesehen davon, daß Sicherheit natürlich nicht von der Kleidung abhängt, sondern von der Unfallwahrscheinlichkeit und -schwere, sprich von der Infrastruktur. Nichts ist für die Sicherheit bedeutender als gar nicht erst passierende Unfälle.

    Ja, aber da die Infrastruktur nun gerade nicht gut ist und somit zu wenig Platz für die Radler ist, steigt ja die Unfallwahrscheinlichkeit und schon kommt wieder der Helm ins Spiel, oder nicht?

  • niedersachse1896 Als Placebo auf jeden Fall. Weil die Helme halt nicht darauf ausgelegt sind, gegen Autounfälle zu helfen. Siehe einen der nachweislich-Links. Ein Giro-Sprecher hat es selbst gesagt. Es sind aber Autounfälle, die in erster Linie das Leben aufs Spiel setzen. In den meisten Fällen war der Radfahrer dabei noch nicht einmal Schuld am Unfall. Es sind eben Autounfälle, die mittels Infrastruktur vermieden werden können.


    Der Fahrradhelm wurde entwickelt, bevor es Richtlinien dafür gab. Erst als der Fahrradhelm existierte (1975), sind Prüfnormen dafür entwickelt worden. Natürlich erreichbare Prüfnormen. An erster Stelle stand aber nie der umfassende Kopfschutz, sondern immer nur ein gewisser Kopfschutz. An erster Stelle standen Gewicht, Belüftung (und Nackenfreiheit für Rennradfahrer, weil sie den Kopf in den Nacken legen und sich den Helm natürlich nicht über die Stirn schieben dürfen). Deswegen haben sich Hockey- und American Football-Helme bei Rennradfahrern nicht durchgesetzt, deswegen hat Bell mit der Entwicklung des ersten Fahrradhelms angefangen.


    Ein Fahrradhelm ist dazu da, kleinere Verletzungen zu vermeiden bzw. abzumildern. Schürfwunden, Prellungen. Auch der Schädelknochen wird ganz gut geschützt. Wenigstens da, wo der Helm aufsitzt, er umschließt ja nicht den ganzen Kopf. Wenn man bei mäßiger Geschwindigkeit auf nassem Laub in der Kurve ausrutscht und sich nicht genug mit dem Arm abstützen kann, dann hilft so eine Art Helm am besten. Gehirnerschütterungen kann er allerdings nicht vermeiden, weil das Hirn halt von innen gegen den Schädel prallt, egal ob 1,5 cm Styropor getragen werden oder nicht. Die 1,5 cm Knautschzone zum Abbremsen reichen nicht für einen sanften Aufprall.


    Der Helm hat die Lederringe ersetzt, die auch nur vor Schürfwunden geschützt haben. Weil Blut, Eiter und Schorf am Kopf blöd fürs Weiterfahren bei Rennradwettbewerben waren. Noch blöder als am Ellenbogen. Der erste Helm wurde 1975 für Rennradfahrer auf den Markt gebracht und entsprechend vermarktet. Bell kommt aus den USA. Wenn eine US-amerikanische Firma etwas kann, dann ist das Marketing. Fünf Jahre später wurde der Helm Little Bell präsentiert für Kleinkinder, die noch nicht selbst fahren. Der überdeckte noch die Ohren. Von da an war es nur noch ein kleiner Schritt, nach den Sportlern und Kleinkindern die anderen Kinder mit Helmen zu beglücken (Schwerpunkt USA, Australien, Schweden, 80er Jahre, frühe 90er Jahre, vergleiche Stackhat und Atlas Hardtop), anschließend die Eltern ins Marketingvisier zu nehmen ("wie soll ich begründen, daß mein Kind Helm trägt, wenn ich es nicht selbst auch tue"), gefolgt von den Pendlern und Rentnern (endlich gibt es runde Helme, die mich nicht wie einen Spaceracer aussehen lassen, der ich nicht bin) und zum Schluß wurde es ein Lifestyle-Accessoir. So einen Nutcase-Helm mit lustigen Motiven drauf für die junge Frau von heute.


    Das Vermeiden bleibt immer das A und O. Nicht umsonst wurde beim Amateurboxen die Kopfschutzpflicht wieder aufgehoben. Weil man festgestellt hat: 1) Wer einen Kopfschutz trägt, schützt seine Birne weniger 2) Wer viele Gehirnerschütterungen kriegt, richtig, richtig große gesundheitliche Probleme.


    Bei den S-Pedelec-Helmen wiederholt sich das Ganze. Man muß gesetzlich vorgeschrieben einen "geeigneten" Helm tragen. Was auf einem S-Pedelec bis 45 km/h geeignet ist, ist noch nicht definiert. Jedenfalls reicht ein herkömmlicher Fahrradhelm nicht, das steht bereits fest. In den Niederlanden wurde ein Helmstandard NTA 8776 entwickelt, der als Blaupause für eine EU-Regelung dienen soll. Mit festgelegt durch Helmhersteller, die dann auch fleißig Modelle auf den Markt gebracht haben. Sieht aus wie ein Fahrradhelm, soll aber Stürze bis 25 statt 19 km/h abfedern können. Ob und inwieweit das auf einem S-Pedelec bis 45 km/h ausreichend ist, wird nicht erörtert. Weil man auch hier in die Pedale tritt, weil auch hier Gewicht und Belüftung an erster Stelle stehen und das Helmdesign hinten drankommt. Man kann auch bei Leicht-PKW bis 350 kg und bis 40 km/h keine Fahrgastsicherheitszelle bauen. Das geht bauartbedingt nicht. Die Karre könnte mit Fahrgastsicherheitszelle die Gewichtsgrenze nicht einhalten. Man muß sich auch ansehen, unter welchen Maßstäben etwas entwickelt wird. Steht Sicherheit an erster Stelle oder etwas anderes?


    Man muß sich auch fragen, an wem man sich orientieren möchte. An einer Privatfirma, die ein Produkt entwickelt und vermarktet? Oder an Städteplanung, die den Menschen ins Zentrum stellt? Oder an Sportlern, die mit 70 Sachen den Berg runterheizen? Womit identifiziert man sich?


    ...


    Aber ich glaube, exakt dieselbe Diskussion hatten wir beide 2017 schon.

  • Mir haben Helme zweimal im Leben die Birne gerettet.


    Im alltäglichen Straßenverkehr oder im Rahmen Deiner sportlichen Betätigungen?

    Tatsächlich beim Sport. 2x MTB im Harz/Deister unfreiwillig über den Lenker abgestiegen. Beide Male war der Helm Schrott.

  • Okay, bei MTB würde ich auch Helm tragen. Wenn ich sowas halsbrecherisches machen würde.


    Für den Alltagsverkehr bin ich voll beim Pokalheld. Wobei ich selber in die Diskussion nicht wieder einsteigen möchte.

  • Aber ich glaube, exakt dieselbe Diskussion hatten wir beide 2017 schon.

    Ich wollt das auch gar nicht wieder von vorn aufrollen. Mir gings nur darum, dass doch ein Helm selbst für kleinere Unfälle sinnvoll sein kann, wenn die Infrastruktur den Radfahrern nicht genügend Platz einberaumt. Das hattest du ja, so hab ich das gedeutet, selbst so geschrieben.

  • Das Problem ist, dass auch hier die Kausalkette gerne umgedreht wird. "Was, es gibt so viele Fahrradunfälle mit Autos? Dann sollten die Radfahrer doch einen Helm aufsetzen."

    Das wir die Probleme nicht lösen und verlagert nur den unbedeutenden Teil der Verantwortung.