16. Spieltag: Hannover 96 - Hamburger SV 1:0

  • Das war ein sehr wichtiger Sieg. Das war auch ein sehr glücklicher Sieg. Versteht mich nicht falsch, das soll kein Vorwurf sein. Aber mehrere glückliche Umstände sind zusammengekommen, und das war heute auch bitter nötig gewesen.


    Der Spielbeginn hat mir erstmal überhaupt nicht gefallen. Hult wurde schon nach sechs Minuten vom Schiedsrichter ermahnt, bei Einwürfen nicht auf Zeit zu spielen. Die Ratlosigkeit bei eigenen Einwürfen war greifbar. Wie seit Jahren schon. Hamburch hat dann mit einem sehr schönen Spielzug inklusive Doppelpaß und Flanke ein Tor erzielt, das zurecht wegen Abseits nicht gegeben wurde. Da waren zehn Minuten rum. Nach einem Beinahe-Eigentor von Ochs wurde der Ball kitzelig von Muroya geklärt. Der Kaiser außenriste den Ball sofort gekonnt in den Lauf von Beier, der durchlief und abschloß. Pech mit der Parade an den Pfosten, Glück jedoch, daß Maina durchlief und trotz 2:5-Unterzahl abstauben konnte. Da waren zwölf Minuten rum.


    Als tief verteidigendes Konterteam - und nichts anderes hat 96 heute gespielt - ist eine Führung gegen den spielerisch überlegenden Favoriten Gold wert. Der Zwischenstand spielte also glücklicherweise 96 in die Karten. Bei einem Rückstand hätte Hannover selber kommen müssen, und es wäre ein ganz anderes Spiel geworden.


    Und fortan gefiel mir das Spiel der Roten auch besser. Dabrowski hat dem Team einen sehr sehr einfachen Spielplan mit auf den Weg gegeben (immerhin ein Spielplan): Im eigenen Sechzehner wird der Bus geparkt. Hamburg darf alles und überall machen, auch von der Eckfahne flanken, nur im Strafraum soll Schluß mit lustig sein. Franke und Krajnc als Innenverteidigerpärchen ist klar, die Außenverteidiger immer wieder weit mit eingerückt, direkt vorm Strafraum drei Mittelfeldspieler, die 25 Meter vorm Tor die gesamte Spielfeldbreite verteidigten. Das ging tatsächlich auf. Den ersten regelkonformen Torschuß der Gäste gab es erst nach 37 Minuten oder so. Und die Konteridee war auch die simpelste, die man sich nur vorstellen kann: Die beiden Flügelverteidiger Maina und Beier sollten die Linie entlang geschickt werden und sich innerhalb von 70 Minuten die Lunge aus dem Hals rennen. Einfach nur geradeaus sprinten, meistens alleine, immer wieder. Dafür wurde der klassische Zehnerraum k-o-m-p-l-e-t-t freigelassen und aufgegeben. Ein Rückschluß darauf, warum Kerk oder Muslija heute nicht gespielt haben. Ihr Territorium war im heutigen Plan einfach nicht vorgesehen.


    Das Gästeteam hat mir auch gut gefallen. Es hatte nicht nur Ballbesitz, sondern auch viel Variabilität und Bewegung im Spiel. Die Außen wurden situationsweise blitzschnell überladen, einer hinterlief den anderen. https://bilderupload.org/image/4a6416037-bewegung.jpg Einzig den geparkten Bus haben sie nicht aus dem Sechzehner rausgekriegt. Das ist eigentlich das einzige Manko gewesen. Bloß war es halt das spielentscheidende Manko.


    Zur Einzelkritik: Hansen hat mir heute gut gefallen. Das lag sicherlich daran, daß seine Schwächen im Spielaufbau diesmal nicht aufgefallen sind, dafür hat er ein paar Flanken sicher aufgenommen. Franke und Krajnc haben sich weitgehend wacker geschlagen, immer im Hinterkopf, daß sie nicht in Sprintduelle verwickelt wurden und die gesamte Mannschaft nichts anderes als weit zurückgezogen Verteidigung gespielt hat. Hult und Muroya hatten viel zu tun, weil sie immer in die Mitte einrücken, nach außen rausrücken und nach vorne mitrücken mußten. Hamse gemacht. Hult zog sogar noch einen Lauf in der 92. bis zum Strafraum durch, die alte Lunge. Ondoua zentral war weder schlecht noch übermäßig auffällig. Ochs links hat seinen Part erfüllt. Kaiser hat für mich ein gutes Spiel gemacht, hat defensiv seine Aufgabe erfüllt, das 1:0 vorbereitet, mit einem übereifrigen Fallrückzieher zwar Beier den Ball geklaut, wäre aber auch bei Mainas Hereingabe in der zweiten Hälfte der Abnehmer gewesen. Der Mann ist gelaufen und hat auch Spitzen nach vorne gesetzt, er war heute fast ein Mini-Pinto. Maina und Beier hatten eine anstrengende, aber einfache Aufgabe als Flügelverteidiger. Ihre Doppelauswechslung nach 70 Minuten wird Teil des Spielplans gewesen sein. Ennali konnte dank der Spielsituation seine Schnelligkeit zeigen, hat er gut gemacht; ob er auch gegen zurückgezogene Abwehrreihen durchkommt, war heute nicht zu klären. Hinterseer war hingegen wieder nur dabei. Er hatte 31 Ballkontakte (nicht zu wenig), aber praktisch alle im breiten Korridor zehn Meter vor bis zehn Meter hinter der Mittellinie. 58% Paßquote und 43% Zweikampfquote geben ein Gefühl dafür, daß bei ihm Endstation gewesen ist. An der Mittellinie. Das war bei Maina und Beier prinzipiell auch der Fall, bloß sollten sie keine Bälle festmachen, sondern touchdownmäßig nach vorne tragen. Mike Frantz sieht aus wie David Bowie.


    Die Spielerwechsel waren allesamt leicht nachvollziehbar: Es sollte nix verändert oder angepaßt werden, es gab diesen einen Plan A, der durchgezogen wurde, die Sprinter wurden nach 70 Minuten ersetzt, der von Krämpfen geplagte Ochs wurde rausgenommen, und der letzte Wechsel nahm in der Nachspielzeit nur Zeit von der Uhr.


    Genauso wie heute hatten sie auch vor zwei Wochen schon gekämpft. Heute hatten sie halt das Glück auf ihrer Seite. Rückschlüsse auf die kommenden Spiele gibt es aber nicht. Schon Ingolstadt wird vermutlich einen ganz anderen Fußball spielen und 96 daher vor ganz andere Aufgaben stellen.


    Mit 122 gelaufenen Kilometern und 31% Ballbesitz ein Torschußverhältnis von 7:8 zu erkämpfen, mit dem einen Glückstor vorne und relativ wenigen kitzeligen Brennpunkten hinten, das war Absicht und hat diesmal geklappt.

  • Viel Glück dabei. Auch die Ausfälle beim HSV haben sicher dazu beigetragen. Trotzdem Glückwunsch zum Sieg und der kämpferischen Leistung!
    Ich kann mir bei der Mannschaft nicht vorstellen, dass sie ab sofort gegen eine tief stehende Mannschaft besser aussehen würden als zuletzt….

  • Hach, Hamburg kam zur rechten Zeit und der Rasen hat ihnen den Schneid abgekauft :D. Ansonsten gefällt mir das Bild mit dem Bus.

  • Glückwunsch!

    Vor dem 1:0 hatten wir Glück mit dem VAR, der Kaffeepause hatte.


    Ich bleibe auch dabei, dass Maina in der 2. HZ nicht im Abseits war, das konnte man in der Kameraeinstellung von der Mittellinie eindeutig sehen. Das war eine Notbremse und hätte zwingend Rot geben müssen.
    Aber was soll’s, heute gabs drei Punkte und ich bin zufrieden.

    Dabro scheint die Mannschaft stark zu reden. Er wird auch kein zweiter Frontzeck.


    Nächste Woche zählt es, wenn Ingolstadt genauso ernst genommen wird und genauso gekämpft wird, dann glaube ich an ruhige Weihnachten.

  • Endlich mal wieder gewonnen! Ein gutes, fast schon vergessenes Gefühl.

    Der Sieg und die 3 Punkte waren auch schon das Beste.


    Bei ein Sieg sieht alles, aber auch alles, viel schöner aus. Dabei sollte man es auch belassen, denn wenn man genauer hingucken würde, würde die Laune auch wieder eingetrübt. Es sei denn, man leiht sich die Brille von Pokalheld aus. :)

  • Joa, das lief für 96.


    Spielglück braucht man natürlich nach 8 sieglosen Partien, noch dazu bei einem Gegner der aufsteigen will.

    Hier 3 Millimeter Abseits, dort ne Hakelei von Muroya ungeahndet, ein erfolgreicher Konter im Gegenzug.

    Das wars.

    Es reicht dann hinten drin zu stehen, fast jeden Ball lang auf Beier oder sonstwohin zu schlagen.

    Den Rest erledigte der Rasen, der jegliche Angriffsbemühungen unterbinden wollte.


    Ähnliche Spiele gabs auch gegen Pauli oder Heidenheim. Man sollte tunlichst nicht darauf bauen daraus ne Kehrtwende machen zu wollen.

    Wenn 96 etwas fürs Spiel machen MUß siehts mit Sicherheit gewohnt zappenduster aus.

    Heute war nicht mehr gefragt als alles hinten raus zu boken und zu hoffen, das Beier vorne alles erläuft.


    Beier für mich Mann des Spiels. Unglaubliche Laufwege.

  • Komisch, mir fehlen die Emotionen. Wahrscheinlich kann noch nicht wirklich an diesen Sieg glauben.

    Damit bleibt Dabro unser Trainer bis zum Ende der Hinrunde, vielleicht. Entsprechend Glueckwunsch!

    Warum er aber so spaet Henne fuer Hinterseer eingewechselt hat, ist unverstaendlich. Genau so wenig, wie warum Ennali bis heute fast nicht gespielt hat. Ueberlegen waren wir sicher nicht, aber effektiver (!) als Gegner, wer haette das gedacht.

  • Ich bleibe auch dabei, dass Maina in der 2. HZ nicht im Abseits war, das konnte man in der Kameraeinstellung von der Mittellinie eindeutig sehen. Das war eine Notbremse und hätte zwingend Rot geben müssen.
    Aber was soll’s, heute gabs drei Punkte und ich bin zufrieden.


    Sah so aus, ja.
    Wieso wird bei so ner knappen Kiste keine kalibrierte Linie gezeigt? Ob es Rot war für mich nicht zu beurteilen, in den Zeitlupen habe ich eher keinen Kontakt gesehen.

  • War schön im Stadion. Unglaugblich viele Hamburger vor Ort. Glücklich aber nicht unverdient der Sieg. Und EXTREM wichtig für uns. Pokalheld: sehr treffende Zusammenfassung. Vielen Dank. Aber ich fande Ondoua heute sehr stark. Hat viel Ruhe reingebracht und war recht ballsicher.

  • Wenn der Auswärtsblock kurz vorm Anpfiff
    „Auswärtssieg“ skandiert, dann fährt man zu Recht mit 0 Punkten nach Hause.
    78+6 Min. eine Führung verteidigt und nach Hause gebracht, wann gab es das zuletzt?


    Es war Vieles nicht gut, nicht schön und viel zu lässig (die ganzen Kontergelegenheiten) aber unterm Strich stehen 3 Punkte unter einem mega engagierten und motivierenden Dabro!

    :victory:

    Einmal editiert, zuletzt von 96Indianer () aus folgendem Grund: n hinzugefügt

  • Ein paar Fragen.

    Wieviel Gaestefans waren gestern dabei? Optisch sehr viel. Habe im Spielthread keine Antwort bekommen bzw. versehen.

    Wurden vor dem Spiel die beiden Vereinshymne gespielt, oder ist das die Vergangenheit?

  • Wen der Auswärtsblock kurz vorm Anpfiff
    „Auswärtssieg“ skandiert, dann fährt man zu Recht mit 0 Punkten nach Hause.


    Ich war ja nicht im Stadion, aber könnte sich das nicht eventuell auf die Lautstärke der Zuschauer beziehen bzw. auf das Verhältnis Heim-/Gästefans? :anmachen:

  • Es wäre eigentlich so typisch 96 gewesen, das eigene Tor weggepfiffen zu bekommen und stattdessen einen Elfmeter zu kriegen. Der ultimative Schlag ins Gesicht eines Fußballfans, größere Extreme als das jähe Ende des Torjubels, verbunden mit einem Elfmeter für den Gegner gibt es eigentlich nicht. Noch deutlich schlimmer als das Ding von Stendera damals.


    Keine Ahnung, was uns davor bewahrt hat. Ein Fehler in der Matrix oder so. Glück vielleicht? Muss auch mal sein.

  • Wen der Auswärtsblock kurz vorm Anpfiff
    „Auswärtssieg“ skandiert, dann fährt man zu Recht mit 0 Punkten nach Hause.


    Ich war ja nicht im Stadion, aber könnte sich das nicht eventuell auf die Lautstärke der Zuschauer beziehen bzw. auf das Verhältnis Heim-/Gästefans? :anmachen:

    Ähm, nein. Die haben das schon auf dem Weg zum Stadion skandiert und es ging in deren Gesprächen nur um die Höhe des (Auswärts)Sieges. Ich gehe/fahre auch grundsätzlich optimistisch zu Spielen, aber das hatte etwas arroganten Touch. Insofern bin ich da beim Indianer.

  • Dass es ausgerechnet dem Interimstrainer und ehemaligem aktiven Spieler der Roten gelungen ist, die Mannschaft zu einem Sieg zu führen, freut mich besonders!
    Der…wenn auch glückliche…Sieg war vor allem psychologisch wichtig. Christoph Dabrowski wirkte auf mich engagiert und er hat bei den Spielern offenbar den richtigen Ton getroffen, was bei den Vorgängern wohl nicht der Fall war. Dass er als „einer von uns“ wahrgenommen wird, ist von Vorteil.

    Man darf gespannt sein, wie es für ihn und die Roten weitergeht. Sowohl was die nächsten Ergebnisse als auch die Cheftrainerstelle anbelangt.
    Ich wünsche Christoph Dabrowski und natürlich der „Trümmertruppe“😉 alles erdenklich Gute.