Straßenverkehr-Mecker-Thread

  • Von daher bin ich bei guntingel. Ich habe meinen Kindern auch zu keinem Zeitpunkt vorgemacht, dass man vor roten Ampeln stehen bleiben sollen, wenn die Kreuzung übersichtlich ist und auf Kilometern kein Verkehr kommt. Auch im Vordergrund der Erziehung sollte reale, nicht gefühlte, Sicherheit stehen.

    Und Kinder (4 und 7) sollen dann einschätzen können, ob Kreuzung x nun überischtlich genug ist, um über Rot zu gehen/fahren? Das du das einschätzen kannst, ist klar. Einem Kind im Grundschulalter würde ich das nicht zutrauen, weil für die im Zweifel alles übersichtlich ist und sie noch gar nicht absehen können, was unübersichtlich heißt. Und die Abstände oder Geschindigkeiten von herrannahenden Autos abzuschätzen vermögen nichtmal viele Erwachsene (oder es ist ihnen egal und sie rennen einfach so über die Straße).


    Es gibt übrigens in der Regel keine Ampel, in der man den Verkehr auf Kilometern einsehen kann.


    Ich brauche ja auch immer ein paar Zahlen, weil Statistiken eben. Hier Zahlen der GDV, die im Rahmen einer Studie 2013 in Berlin erhoben wurden:


    - Summe der Unfälle: 109.587 Fußgänger und Radfahrer

    - 9% aller Schwerverletzten Fußgänger im Staßenverkehr waren Kinder zw. 6-10 Jahren

    - 22% aller Fußgängerverkehsunfällen mit Schwerverletzten kommen aus der Alterklasse 6-15. Damit ist diese Altersklasse in der Kategorie Schwerverletzte am meisten betroffen.

    - Gemessen an dem verkehrsleistungsbezogene Unfallrisiko ist die alltersgruppe 11-14 am stärkstenBetroffen, gefolgt von 15-17 und 6-10

    - Der häufigste Fehler bei Fußgängenr: Rotlichtverstöße (surprise) und Fehler beim Überqueren abseits der Querungsstellen


    Und das Fazit der GDV aus der Studie:

    Zitat

    Besonders hoch ist das verkehrsleistungsbezogene Unfallrisiko der 6- bis 17-jährigen Fußgänger (Faktor > 3). Grundsätzlich ist daher stets besondere Vorsicht gegenüber jungen Fußgängern geboten, denn diese verhalten sich nicht immer regelkonform und können die Gefahren des fließenden Verkehrs nicht immer korrekt einschätzen. Insbesondere an Hauptverkehrsstraßen sowie an Orten an denen sich junge Fußgänger oft aufhalten muss immer damit gerechnet werden, dass diese plötzlich die Fahrbahn betreten. [...] Eine umfassende Aufklärungsarbeit in den Schulen und durch die Eltern sollte auf die besonderen Gefahren beim Queren der Straße hinweisen und sicherstellen, dass sich junge Fußgänger an Schulwegpläne halten und auch in der Freizeit die vorgesehenen Querungsmöglichkeiten regelkonform nutzen.

  • Und Kinder (4 und 7) sollen dann einschätzen können, ob Kreuzung x nun überischtlich genug ist, um über Rot zu gehen/fahren? Das du das einschätzen kannst, ist klar. Einem Kind im Grundschulalter würde ich das nicht zutrauen, weil für die im Zweifel alles übersichtlich ist und sie noch gar nicht absehen können, was unübersichtlich heißt.


    Darf ich fragen: Hast Du Kinder?


    Einschätzen zu können, was die können und was nicht, ist ziemlich wichtig für kompetente Erziehung.


    Die können mehr, als Du denkst. Ich habe das hier (vor Jahren) schonmal geschildert: Alle drei meiner Kinder konnten mit 2 Jahren (!) absolut zuverlässig zwischen Radweg, wo sie nichts zu suchen haben, und Gehweg unterscheiden.


    Ist alles eine Frage konsequenter Erziehung.

  • Aber auch Deine Kinder konnten wohl systembedingt im eher einstelligen Alter nicht zuverlässig Geschwindigkeiten einschätzen. Man muss die kleinen Kröten auch nicht überlasten, bzw. überfrachten, oder?


    Daher mein Einwand oben, dass nur bei völlig freier Straße und erst ab einem gewissen Alter die Freiheit der eigenen Entscheidung zum Queren bei Rot sinnvoll erscheint.

  • Ganz witzig, dass ich diese Diskussion vor vielen Jahren in einem anderen und vielleicht wesentlich sensibleren Bereich hatte: ich habe mich von Herrn Prof. Chr. Pfeiffer nach langem Widerstand davon überzeugen lassen, dass die Vergewaltigung in der Ehe strafbar sein muss.


    Was hat das mit der "Ich bringe meinem Kind bei, wann es eine Regel brechen darf" zu tun? Herr Prof. Pfeiffer konnte mich davon überzeugen, dass es zu einem gesellschaftlichen Wandel kommt, wenn ein Verhalten in einem bestimmten Sinne öffentlich als richtig oder falsch beschrieben wird.


    Was bedeutet das für die Diskussion hier: wenn ich meinen Kindern in einer prägenden Phase beibringe, dass gesetzte Regeln mit dem Einverständnis des Vorbilds (Vater/Mutter) gebrauchen werden darf, dann wird es das auch anderswo tun ( RedSentinel beschreibt das völlig richtig). Genau deswegen habe ich als Vorbild (für meinen Sohn und Andere) Regeln streng zu befolgen. Wenn ich diese dann allein breche, ist das mein Risiko.


    Meine Meinung!


    Aber was verstehe ich schon von Erziehung...

  • Jap, ich habe einen Sohn, 6 Jahre. Und der kann definitiv nicht einschätzen, ob und wann er sicher eine rote Ampel überqueren kann. Und ja, mein Sohn kann unterscheiden, was Radweg ist und was Fußweg.


    Wir haben vor der Haustür eine relativ befahrene Straße, früher mal 4-Spurig, nun nur noch 2. Die Ampel ist nach links und rechts weit (bin schlecht im Schätzen, können so 300m sein) einsehbar, man kann also gut einschätzen, ob man da über die Straße kann oder nicht. Wir sind in seinem Leben bestimmt schon 2000 mal über diese Ampel. Und ich stehe mit ihm immer (!) an dieser Ampel, wenn sie Rot ist, auch wenn kein Auto kommt. Und da geht mir Sicherheit vor Effektivität. Die Minute hat man immer, da zu stehen, egal was ist. Umgekehrt könnte ich es mir niemals verzeihen, wenn er einen Unfall hat, aufgrund einer überlaufenen Ampel. Das ist dann eine Interessenabwägung.


    Wie man die Regeln und Vorgaben bricht, das wird er schon noch lernen wenn er in der Pupertät ist. Das muss kein 6-Jähriger wissen.

  • Was für eine schräge Diskussion.


    Zu prickel in 4197: Das habe ich nie bestritten. Es ist echt komisch, dass hier Sachen auf mich projeziert werden, die ich nicht mache. Ich habe explizit von einsehbaren und freien Straßen geschrieben.


    Zu stscherer. Ich will keinen Streit, aber wenn das schon anfängt mit "Ich habe mich überzeugen lassen, dass Vergewaltigung auch in der Ehe strafbar sein muss" krieg' ich das kotzen.


    Meine letzte Freundin wurde über 10 Jahre in ihrer Ehe vergewaltigt. Bei mir kommen gerade die Aggros hoch. Wer nicht versteht, dass eine Vergewaltigung eine Vergewaltigung ist, hat von mir keinerlei Verständnis zu erwarten.


    Aber der Punkt ist: Irrelevantes Beispiel.

  • Zu prickel in 4197: Das habe ich nie bestritten. Es ist echt komisch, dass hier Sachen auf mich projeziert werden, die ich nicht mache. Ich habe explizit von einsehbaren und freien Straßen geschrieben.

    Deine Postings haben bei mir den Eindruck erweckt, Du würdest Deinen Kindern in meinen Augen etwas zu früh zutrauen, sie könnten den Verkehr vernünftig einschätzen. Und dass das eine Sache der Erziehung ist.


    Ich wollte Dir nix unterstellen.

    Generell könnte es ja aber sein, aber natürlich nur gaaaanz unwahrscheinlich, dass die Ungenauigkeit hier bei Dir liegt.

    Ich gebe zu, dass das in etwa so unwahrscheinlich ist wie ein Champions League Sieg der Roten, aber vielleicht.....

  • ich habe mich von Herrn Prof. Chr. Pfeiffer nach langem Widerstand davon überzeugen lassen, dass die Vergewaltigung in der Ehe strafbar sein muss.

    Bitte was?

    Tatsächlich war diese sehr lange nicht strafbar als Vergewaltigung, sondern nur als (sexuelle) Nötigung. Es kam dann zu einer sehr langen wissenschaftlichen Debatte mit durchaus hörenswerten Argumenten auch gegen die Einführung, die große Gesetzesreform war tatsächlich erst 1997.


    OK, ich sehe gerade, die Schnappatmung ist schon wieder ausgebrochen. Eine differenzierte Diskussion wird da nicht mehr möglich sein (zB. ging es auch um familienrechtliche Aspekte, Offizialdelikte usw. usw., aber jetzt ist es ja schon wieder auf die Ebene der persönlichen Betroffenheit verschoben). Deswegen:


    "Peace, ich bin raus!"


    Mein Sohn weiss, dass er gefälligst bei Rot stehenbleiben muss, nicht nur, wenn Kinder neben ihm stehen. Erziehung halt!

    Einmal editiert, zuletzt von stscherer ()

  • stscherer

    Ja, das weiß ich. Mir war nur nicht klar, dass ich jemanden kenne, wenn auch virtuell, der überzeugt werden müsste, dass Vergewaltigung per se strafbar ist. Egal in welcher sozialen Konstellation.


    Es war auch bis Mitte der 70er gesetzlich festgelegt, dass die Frau den Mann um Erlaubnis fragen musste, ob sie arbeiten gehen darf. Meine Mutter würde würde ob dieser Idee heute noch lachen. Mein Vater, Berufsoffizier a.D. und konservativer CDU-Mann wäre nie(!) auf so einen Gedanken gekommen.

    Das war auch so anachronistischer Müll als Gesetz getarnt.


    Oder schon mal vom Kupplerparagraph gehört?


    Oder anders gefragt: Was wäre denn Dein Ansatz bei Vergewaltigung in der Ehe gewesen, wenn es keine Straftat war?


    //edit:

    Yeah, Schnappatmung isses. :anbeten:

  • niedersachse1896

    Letzter (ziemlich langer) Satz: unter Anderem weil damals der Schutzzweck sehr schwierig definiert war und auch in einem ganz anderen System hätte gesehen werden können (grundsätzliche Reform anstatt Streichung "außerehelich"), weil es familienrechtlich schwierig ist (übrigens bis heute), weil es ein uneingeschränktes Offizialdelikt geworden ist und weil es auch eine Diskussion darum gab, ob eine Strafverschärfung abschreckend wirkt oder nicht. Gerade Prof. Chr. Pfeiffer war jemand, der immer wieder darauf hingewiesen hat, dass Strafverschärfungen praktisch keine Abschreckungswirkungen haben, sondern nur zu höherer krimineller Energie bei der Vertuschung führen.


    Das am Ende für mich entscheidende Argument war, dass damit verhältnismässig bald ein sichtbares Stoppzeichen gesendet wird trotz des verhältnismäßig unpraktikablen Systems... lieber bald eine schlechte Veränderung zum Besseren als ein status quo, weil man das Bessere nicht durchsetzen kann.


    Übrigens war das auch die Zeit der Diskussion um das Verbot der körperlichen Züchtigung von Erziehungsberechtigten - Stichwort unter Anderem: Verhinderung von Krisenintervention. Und auch da hängt die Praxis leider weiterhin in einer Rechtslage, die zwar das Züchtigungsrecht gestrichen hat, aber vernünftige Hilfsangebote verweigert.


    Natürlich gab es immer einen Grundkonsens (jedenfalls bei uns), dass Vergewaltigung in der Ehe genau so schlimm ist wie außerhalb. In der Gesellschaft war das durchaus nicht vollständiger Konsens, auch nicht 1997 bei der Gesetzesänderung.


    Mir Anderes zu unterstellen wäre ziemlich dreist. Ok, ich lese gerade, genau diese dreiste Unterstellung ist gemacht worden.

    2 Mal editiert, zuletzt von stscherer ()

  • Das ist alles, verzeih', Bullshit.


    Wenn wir daraus was für die Diskussion hier lernen können, ist das: Es gibt Fälle, wo die Rechtslage offensichtlich falsch liegt.


    Das ist z.B. auch dann gegeben, wenn die ordnungsgemäße Nutzung des Radweges eine signifikante Erhöhung der Gefahr beinhaltet. Und ja, solche Stellen gibt es, zuhaufe in meinem hannoverschen Alltag.


    Genauso erziehe ich meine Kinder: Was falsch ist, wird nicht dadurch richtig, dass es den Regeln entspricht. Urteilsvermögen ist nicht zu ersetzen. Blinder Gehorsam ist falsch. Ich erziehe sie nicht so aus übergeordneten moralischen Überlegungen, sondern gerade für ihre eigene Sicherheit. Sicherheit geht vor kranke Juristengehirne.


    Ergo: Manchmal ist es sinnvoll, Regeln zu brechen. Wobei wichtig ist, zu wissen, wann man Regeln bricht, weil man dann um so vorsichtiger sein muss. Das Vermitteln von Rechtsverstößen beinhaltet also das Vermitteln von Regeln, gerade nicht das Ignorieren (nicht wissen über) Regeln.


    sammy: Jetzt kommst Du mit der Ampel vor Deiner Haustür. Was soll ich dazu sagen? Natürlich gibt es Straßen, die so gefährlich sind, dass da die Ampeln zu beachten sind. Breite der Straße (in Spuren) gehört da sicher dazu, da Kinder a) nicht unbedingt schnell sind, wenn sie schnell sind, b) nicht unbedingt sicher auf den Füßen sind, und c) wenn sie in einer exponierten Situation von einem Auto überrascht werden, nicht unbedingt sicher richtig reagieren.

  • Vielleicht bin ich zu sehr Alman oder obrigkeitshörig, aber ich befolge grundsatzlich Regeln.
    Ist die Ampel rot, bleibe ich stehen, egal ob im Auto, auf dem Rad, oder eben zu Fuß.
    Ich verstehe hier nicht, wann/warum es sinnvoll sein sollte, bei rot über die Straße zu gehen/fahren.


    EDIT: thefireraven war schneller.

  • Ich hab' jetzt die Ampel im ursprünglichen Beispiel nicht auf der Karte nachgeguckt, aber das, was ich mit "am Listholz" assoziiert habe, ist eine Ampel, für die die Bedinungen gelten, die ich oben skizziert habe.


    Direkte Antwort: Ja. Natürlich sind nicht alle Ampeln/Kreuzungen gleich. (Gefährlich.)


    Genau das ist doch der Punkt. Sammy kommt jetzt mit "seiner" Ampel. Aber aus dem einzelnen Beispiel (ganz egal, wie ich die jetzt bewerten würde, wüsste ich, um welche es geht) kann eben nicht blinder Gehorsam vor jedem einzelnen Rotlicht in der Stadt abgeleitet werden.


    Das ist eine Regel, die früher oder später eh von den Kiddies gebrochen wird. Also bringe ich meinen Kindern bei, wie man die vernünftig bricht, statt sie mit der Lernleistung allein zu lassen im Vertrauen, dass sie dann, wenn es dran ist, das richtig machen.

  • Selbst mit 14 können manche Kinder die Geschwindigkeit eines Fahrzeuges noch nicht richtig einschätzen.

    Ab welchem Alter trainierst Du das Regelbrechen an?

  • Alter. Es ging nie um Geschwindigkeit. Es ging um "keine Autos". (Auch im Ausgangsbeispiel.) Wo kein Auto, da keine Geschwindigkeit.


    EDIT: Sobald sie mit anderen Menschen zu tun haben.

  • Blinder Gehorsam ist falsch. Ich erziehe sie nicht so aus übergeordneten moralischen Überlegungen, sondern gerade für ihre eigene Sicherheit. Sicherheit geht vor kranke Juristengehirne.

    Denke nicht, dass die Radwege von kranken Juristengehirnen konzipiert werden, sondern von den Straßenbauämtern, die vorzugsweise nicht von Juristen besetzt werden.